Viernheim. Der Angriff auf zwei Polizisten in der Heidelberger Straße ist auch gut eine Woche nach der Tat noch Gesprächsthema in Viernheim. Bürger äußern die Auffassung, die Beamten hätten dem aggressiven Mann vehementer entgegen treten müssen. Ein 21-Jähriger war am Donnerstag, 27. April, auf dem Parkplatz des Aldi-Marktes auffällig geworden. Als die Streife eintraf, entriss er einem Beamten den Schlagstock und schlug damit auf den 52-Jährigen und seine 31 Jahre alte Kollegin ein. Beide wurden erheblich verletzt. Diese Redaktion hat bei Bernd Hochstädter (Bild), Pressesprecher des Polizeipräsidiums Südhessen, nachgefragt, wie er den Einsatz rückblickend bewertet und wie der Stand der Ermittlungen ist.
Herr Hochstädter, bei dem Angriff des 21-jährigen Mannes haben zwei Ihrer Kollegen Platzwunden und Prellungen erlitten. Wie geht es ihnen?
Bernd Hochstädter: Meine Kollegin hat nach wenigen Tagen ihren Dienst bereits wieder aufgenommen. Der Kollege ist noch bis nächste Woche krankgeschrieben und befindet sich auf dem Weg der Genesung.
Viele Menschen in Viernheim diskutieren darüber, ob die beiden Streifenbeamten gegenüber dem Angreifer härter hätten durchgreifen und sogar von der Dienstwaffe hätten Gebrauch machen müssen. Wie bewerten Sie das Verhalten der Kollegen?
Hochstädter: Meine beiden Kollegen haben besonnen und angemessen reagiert. Ziel war es, den Mann möglichst ohne schwerere Verletzungen festzunehmen. Dies ist gelungen. Der Einsatz der Schusswaffe mit unabsehbaren Folgen für den Angreifer wäre nicht verhältnismäßig gewesen. Auch das wurde von meinen beiden Kollegen absolut richtig beurteilt.
Wie kann es passieren, dass – wie in dem gegebenen Fall – einem Polizisten der Schlagstock abgenommen wird?
Hochstädter: Es kommt sehr selten vor, dass es Angreifern gelingt, an unsere Ausrüstungsgegenstände zu gelangen. Trotz regelmäßigen Einsatztrainings ist dies aber nicht immer gänzlich auszuschließen. Ein kurzer, unaufmerksamer Moment kann hierfür genügen. Wir sollten nicht vergessen, dass auch in der Uniform „nur“ ein Mensch steckt.
Braucht die Polizei zusätzliche Ausrüstung, etwa eine Elektroschockpistole, um sich in solchen Fällen angemessen wehren zu können?
Hochstädter: Unsere Streifenpolizisten sind für ihre Einsätze gut ausgerüstet. Die Polizei verfügt bereits über ein digitales Elektroimpulsgerät. Es wird von speziell ausgebildeten Beamtinnen und Beamten in besonderen Einsatzlagen eingesetzt und ist nicht in allen Streifenwagen verfügbar.
Zahlreiche Passanten haben das Geschehen vor dem Lebensmittelmarkt verfolgt. Wie wirkt sich eine solche Situation auf das Vorgehen der Polizei aus?
Hochstädter: Die Polizei hätte in diesem Fall auch ohne Passanten die Situation auf die gleiche Art und Weise gelöst. Die Beamten forderten Verstärkung an und hatten das Ziel, den Mann möglichst ohne schwere Verletzungen festzunehmen. Dies ist gelungen.
In den sozialen Medien kursieren Videos von der Tat mit Hasskommentaren von Passanten. Haben diese Äußerungen strafrechtliche Relevanz, laufen Ermittlungen in dieser Sache?
Hochstädter: Die Videos sind uns bekannt. Äußerungen mit strafrechtlich relevanten Inhalten werden von uns im Rahmen der Ermittlungen selbstverständlich ebenfalls geprüft.
Gibt es inzwischen nähere Informationen zu den Hintergründen der Tat und zur Herkunft des Täters?
Hochstädter: Der Mann war in einer psychischen Ausnahmesituation, weshalb er ja anschließend auch in eine Fachklinik eingeliefert wurde. Zudem stand er höchstwahrscheinlich unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Das Ergebnis einer Blutuntersuchung liegt uns noch nicht vor. Zunächst wurde gemeldet, dass der Mann aus Somalia stammen würde. Mittlerweile wissen wir, dass er aus Sierra Leone kommt und sich legal im Bundesgebiet aufhält. Er wohnt in Heidelberg.
Wie hoch ist der Schaden an dem Streifenwagen, auf den der Täter eingeschlagen hat?
Hochstädter: Der Schaden beträgt nach ersten Schätzungen mehrere Hundert Euro. (Bild: polizeipräsidium)
Bernd Hochstädter
Polizeihauptkommissar Bernd Hochstädter ist 55 Jahre alt und seit acht Jahren Pressesprecher des Polizeipräsidiums Südhessen in Darmstadt.
Zu Beginn seiner nunmehr 39-jährigen Beamtenlaufbahn war Hochstädter Mitglied der Bereitschaftspolizei. Anschließend arbeitete er bei der heutigen Polizeiautobahnstation Frankfurt.
Außerdem war der Beamte im Odenwald tätig – bei der Polizeistation Erbach sowie als Dienstgruppenleiter in Höchst. wk
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