Viernheim. Einige Zuhörer beim Sozial- und Kulturausschuss waren sogar mit Babys gekommen – den künftigen Nutzern der Kindertagesstätten (Kitas), die in Viernheim noch gebaut werden müssen. Denn Viernheims Bevölkerung wächst, nicht zuletzt durch den Zuzug nach der Ausweisung von Neubaugebieten und Zuwanderung. Auf dem Gelände des TSV Amicitia will die Stadt eine neue Kita errichten, baulich analog zur im vergangenen Herbst eingeweihten Kita „Entdeckerland“. Diese Fläche ist eine sogenannte Erbpachtfläche, die der Pfarrei Johannes XXIII. gehört. Der Bau einer Kita sei dort rechtlich möglich, sagte Bürgermeister Matthias Baaß (SPD).
Eine weitere Kinderbetreuungseinrichtung sei in Viernheim bitter nötig, zeigte der Stadtchef anhand einer Statistik aus dem Jahr 2014 auf, die bis zum Jahr 2020 fortgeschrieben worden ist. Das Problem, das sich bislang später im Frühjahr gezeigt hat, trete mittlerweile immer früher auf, berichtete er: Jeden Monat hätten Kinder dritten Geburtstag und die Eltern damit rechtlich einen Anspruch auf einen Kita-Platz. Bislang werden diese Plätze aber immer nur frei im Spätsommer durch die Einschulung. Die 14 Viernheimer Kitas seien voll belegt. Zum Stichtag 1. März fehlten 115 Plätze, zum 1. April 138 Plätze, zum 1. Mai 170 Plätze und am 1. Juni wird mit 202 fehlenden Plätzen gerechnet.
Bislang ließen sich viele Eltern auf den Spätsommer vertrösten, erklärte Baaß. Der Rechtsweg sei im gesamten Kreis Bergstraße noch nicht beschritten worden: „Aber alle Kinder sind an mindestens einer Einrichtung angemeldet worden.“ Eine Art „zentrale Vergabestelle“ gebe es in Viernheim nicht. Durch die wegfallende Gebühr für den Kitaplatz erhöhe sich der Druck nochmals.
Der Magistrat hat die Untersuchung einer Fläche am Heinrich-Lanz-Ring in Auftrag gegeben, aber diese würde erst mittelfristig bebaut werden können. Die Fläche auf dem Gelände des TSV stünde verhältnismäßig kurzfristig zur Verfügung und sollte mit einem Bau ähnlich dem „Entdeckerland“ bebaut werden – das würde Planungskosten sparen. „Von der Auftragserteilung bis zur Inbetriebnahme würde nur ein Jahr vergehen“, sagte Baaß. Eine Übergangs- oder Containerlösung mit baulichen Investitionskosten fiele weg. Von Januar bis Juli 2020 müsste trotzdem eine Alternative für die unversorgten Kinder geschaffen werden und auch für dieses Frühjahr stehen etliche Familien auf der Warteliste. Hier will die Stadt mit den bestehenden Kitas verhandeln. Ein weiterer Anbau an vorhandene Gebäude sei nicht möglich, verneinte er die Frage von Rosemarie Migenda-Wunderle (UBV), auch eine dauerhafte Vergrößerung von Gruppen sei nicht erlaubt und wünschenswert. Das Geld für den Bau soll aus Fördermitteln des Bundes kommen, die über das Land verteilt werden: insgesamt 1,25 Millionen Euro für die Schaffung von fünf neuen Gruppen. Ein weiterer Teil könnte aus dem Topf der Hessenkasse genommen werden, die der Stadt Viernheim eine Investitionszusage über insgesamt mehr als 7,5 Millionen Euro gemacht hat. Baaß hofft, dass er diese Kombination von Fördermitteln für ein Projekt erlaubt bekommt.
TSV Amicitia grundsätzlich bereit
Von der Pfarrei und dem Bistum habe es bereits positive Signale gegeben, erklärte Baaß. Auch der Sportverein ist im Prinzip mit im Boot, sagte Peter Hoffmann, Vorsitzender des TSV Amicitia. Sein Verein habe im Vorfeld der Ausschusssitzung Gespräche mit der Stadt geführt: „Es ist Fakt, dass Kindertagesstättenplätze gebraucht werden, da können wir als Verein dem nicht entgegen stehen. Wir müssen jetzt alles intern abklären, am Montag ist Vorstandssitzung mit den Abteilungsleitern.“ Wichtig sei für den TSV Amicitia, dass der Verein einen Ausgleich dafür bekommt, dass ein großer Platz wegfällt – „es sind schließlich viele Mannschaften unterzubringen“, sagte Hoffmann gestern im Gespräch mit dieser Zeitung.
Das Thema „Zubau von Kindertagesstättenplätzen“ beschäftigte gestern Abend noch einmal den Haupt- und Finanzausschuss, die Diskussion dauerte zum Redaktionsschluss noch an. Der Kulturausschuss nahm den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis und zeigte sich einstimmig damit einverstanden, dass die Verwaltung weitere Vorarbeiten leistet. In der April-Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung könnte der Beschluss gefällt werden. Und wenn alles klappe, könnte im Herbst 2020 die neue Kita – in wessen Trägerschaft auch immer – eröffnen.
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