Religion

Kinder singen für Viernheimer Moschee

Zwei Tage lang feierte die Viernheimer Eyüp-Sultan-Moschee-Gemeinde mit mehreren hundert Gästen das 40-jährige Besetehen ihrer Moschee. Vor vier Jahrzehnten zählte der Verein rund 60 Mitglieder, heute sind es über 200

Von 
Marion Gottlob
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Die Gruppe Mevlevi tritt zum 40-jährigen Bestehen der Eyüp-Sultan-Moschee auf. © Bernhard Kreutzer

Viernheim. Zwei Tage lang feierte die Viernheimer Eyüp-Sultan-Moschee-Gemeinde mit mehreren Hundert Gästen das 40. Jubiläum ihrer Moschee. Vor vier Jahrzehnten zählte der Verein rund 60 Mitglieder, heute sind es über 200. Gerade entsteht auf dem Areal in der Fritz-Haber-Straße 3 ein neues Moschee-Gebäude. Vorstandsvorsitzender Recep Güzel gehört zu den Gründern des Vereins: „Wir wollten eine Gemeinschaft für Erwachsene und vor allem für Jugendliche und Kinder gründen, damit sie sich treffen und ihre Religion und Kultur pflegen konnten.“ Der Neubau ist für den Senior die Krönung seines Lebenswerks. Er strahlte auf der Jubiläumsfeier und sagte dazu nur ein einziges Wort: „Gut.“

Denn am Anfang der Erfolgsgeschichte stand die Not: Der frühere Baufachwerker Güzel gehörte zur ersten Einwanderer-Generation aus der Türkei: „Wir beobachteten, dass unsere Kinder und Jugendlichen Probleme hatten, unter anderem mit Drogen und Diebstählen. Dagegen wollten wir etwas tun.“ So entstand der Verein zunächst als Nothilfe für die jüngeren Generationen.

In dem neuen Verein fanden junge Menschen Möglichkeiten, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten, beispielsweise mit Sport, Tanz, religiöser Unterweisung und Gesprächen. Der Verein war mit seiner Kinder- und Jugendarbeit so erfolgreich, dass sich die Stadt Viernheim für dieses Engagement extra bedankte.

Auch in der Gegenwart legt der Verein einen Schwerpunkt auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Auf dem Fest zeigten sechs Jungen in weißem Kaftan mit schwarzem Gürtel und der Sikke-Kopfbedeckung den Semazen-Tanz. Wie die Derwische drehten sie sich um die eigene Achse, während eine Hand gen Himmel und die andere zur Erde zeigte. Tugba Karaca hatte mit der Gruppe zwei Monate lang jede Woche geübt und lächelte: „Zuerst haben die Kinder die Bewegungen immer wieder vergessen.“ Aber bei der Vorführung klappte es.

Loyalität, Respekt, Gerechtigkeit

Auch junge Sänger-Gruppen waren zu sehen und zu hören. Der sieben Jahre alte Hasan und der zehn Jahre alte Ömer sangen von den Tugenden des Propheten Mohammed und seiner engsten Begleiter. Sie waren sich einig: „Das war gut, wir waren überhaupt nicht aufgeregt. Yasin (11) ergänzte: „Es war schön, mit den anderen zu singen.“ Hanife Kurt hatte mit der Gruppe den Song mit der Choreographie einstudiert: „Es geht um Loyalität, Respekt, Gerechtigkeit und Wissen.“

Das große Engagement der muslimischen Gemeinde spiegelt sich in dem Neubau der Moschee. Vor rund zehn Jahren begannen die ersten Planungen, im Jahr 2021 wurde der Grundstein gelegt, für das kommende Jahr 2024 ist die Eröffnung geplant. Der Raum für Gebete wird etwa genauso groß sein wie in der alten Moschee. Vor allem aber wird es mehr Räume für Treffen geben. Wie bei anderen Bauvorhaben gab es aufgrund der Corona-Pandemie einige Probleme. Doch Ismail Yavuz vom Vorstand ist zufrieden: „Wir halten uns eng an die Vorschriften und Gesetze. Jetzt ist der Rohbau fertig. Wir kriegen das hin, das ist zu schaffen.“ Die Baukosten in Höhe von zwei Millionen Euro werden nur über Spenden finanziert. So wurden auf dem Fest zwei Trikots mit den Unterschriften der türkischen Fußball-Nationalmannschaft versteigert. Das erste Trikot mit der Nummer 7 von Cengiz Ünder wurde für 5000 Euro versteigert, das zweite Trikot mit der Nummer 10 des gebürtigen Mannheimers Hakan Çalhanoglu erreichte 4000 Euro.

Im Vorstand des Vereins sind gleich mehrere Generationen vertreten. Abdulkerim Balc gehört zur dritten Einwanderer-Generation. Der Elektromaschinenbauer ist in Viernheim zur Schule gegangen und lebt nun mit seiner Frau und zwei Kindern in der Gemeinde. Er sagt: „Wer in zwei Kulturen beheimatet ist, sieht die Welt aus der Sicht des Westens wie des Ostens und kann dann die Wahrheit herausfiltern.“

Zu den Gästen zählte Brigitte Paddenberg, die früher als Ausländerbeauftragte für den Kreis Bergstraße den christlich-islamischen Dialog gestaltete: „Der Viernheimer Verein pflegt schon immer den Dialog mit vielen anderen gesellschaftlichen Gruppen. Die Mitglieder empfinden sich als Teil der Viernheimer Stadtgemeinde und verhalten sich auch so.“

Hülya Dogan war mit ihrer Familie auch zu dem Fest gekommen. Die Klinikseelsorgerin ist an der Uniklinik Heidelberg tätig: „Ich habe selbst Erfahrungen mit Krankheit und Todesfällen in der eigenen Familie gemacht. So kann ich Patienten und ihre Angehörigen besser verstehen.“ Die Mutter von drei Kindern ergänzte: „Am Klinikum bin ich dort, wo ich in schwierigen Zeiten gebraucht werde.“ Nun freute sie sich, auf dem Fest nach der Corona-Isolation mit Bekannten und Freunden zu sprechen. Sie ist gerne im Verein ehrenamtlich tätig: „Wie alle anderen freue ich mich auf den Neubau der Moschee.“

Internationale Gäste

Kaya Öztas gehört zum Frauen-Vorstand des Vereins. Frauen können in der Moschee arabische Koran-Lesungen besuchen. Seit einem Jahr bieten einige Frauen jede Woche Lahmacun für Vereinsmitglieder an. Öztas sagt: „Bei uns ist jede Frau bereit, etwas zu unseren Festen mitzubringen.“ Seit acht Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich.

Die Gäste des Festes waren international. Unter ihnen der Uigure Yalkun Haji, der aufgrund der Menschenrechtssituation in seiner chinesischen Heimat mit seiner Frau nach Deutschland flüchtete. Der Chirurg arbeitet heute im Mannheimer Diakonissenkrankenhaus.

An beiden Tagen wurde viel geboten: Zeynep Özçam und Gülsah Tuana Khan hatten an ihrem Stand türkischen Kaffee und Waffeln im Angebot. Hier konnte man sich Henna-Tattoos auf die Hände malen lassen: „Es ist vegan und hält etwa zwei Wochen.“ Wenige Schritte weiter drehten sich zwei Lämmer auf dem Grill.

Freie Autorin

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