Bertram Bähr
Viernheim. Seit Jahren kämpfen die Grünen - auch in Viernheim - gegen den geplanten Bau eines Kohlekraftwerks in Lubmin an der Ostsee. Auf starke Kritik der Partei stößt in der Brundtlandstadt vor allem das Engagement der Stadtwerke, die an dem Vorhaben beteiligt sind. Jetzt zog sich der Hauptinvestor, der dänische Konzern Dong Energy, zurück. Ist das Großprojekt am Greifswalder Bodden damit vom Tisch?
Die Ökopartei geht davon aus. Aber während sie über den Erfolg der bundesweit unterstützten Bürgerinitiative in Mecklenburg-Vorpommern jubelt, sieht Stadtwerke-Leiter Dr. Ralph Franke keinen Grund, die Beteiligung (zehn von 1600 Megawatt) ad acta zu legen: "Im Moment ist aus unserer Sicht nichts verloren", betonte er im Gespräch mit dem "Südhessen Morgen".
"Keine schlaflosen Nächte"
Dieser Satz bezieht sich nicht zuletzt auf die Planungskosten, die die städtische GmbH bisher anteilig ins Projekt eingebracht hat. Zahlen möchte Franke nicht nennen, aber "das bereitet uns keine schlaflosen Nächte". Als die Stadtverordneten vor drei Jahren in nichtöffentlicher Sitzung über den Einstieg der Werke diskutierten, stand für die Planungsphase ein Betrag im Raum: weniger als 150 000 Euro. Franke sagt dazu nur: Die "Inanspruchnahme der Stadtwerke" sei bisher "unterproportional". Ein Risiko gebe es bei solchen Projekten freilich immer.
Zwar sieht der Leiter des städtischen Unternehmens dem weiteren Verlauf "gespannt entgegen", aber er rät: "Erst mal abwarten, ob und in welcher Zeit sich ein Ersatzinvestor findet." Schließlich sei das Genehmigungsverfahren bereits "sehr weit fortgeschritten" und laufe natürlich weiter. Deshalb "sehe ich die Sache gelassen".
Andere Werke skeptischer
Weniger gelassen zeigten sich im Frühjahr die Stadtwerke Traunstein, die sich ursprünglich ebenfalls am Kraftwerk in Lubmin hatten beteiligen wollen. Deren Geschäftsführer verkündete den Ausstieg und begründete ihn unter anderem mit der mangelnden Rechtssicherheit und den Verzögerungen im Genehmigungsverfahren. "Wir müssten Kapital einsetzen, ohne zu wissen, wann das Kraftwerk gebaut wird", begründete er damals laut "Ostseezeitung".
Schon nach diesem Ausstieg hatten die Viernheimer Grünen den Stadtwerken empfohlen, dem 2,3 Milliarden teuren Projekt ebenfalls den Rücken zu kehren, "bevor noch mehr Geld verloren geht, wenn das Kraftwerk nicht gebaut wird".
Genau davon gehen viele aus, während Franke noch auf einen neuen Investor hofft. So schreibt der Norddeutsche Rundfunk: "Die Entscheidung ist gefallen: Das umstrittene Steinkohlekraftwerk in Lubmin wird nicht gebaut." Dong Energy habe das mit dem Fehlen des erforderlichen Rückhalts in der Landesregierung begründet. Das Genehmigungsverfahren sei "sehr in die Länge gezogen" worden und es habe "keine Aussicht auf eine baldige Lösung" gegeben. Das Hamburger Abendblatt ergänzt, allein im zurückliegenden Jahr seien in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen zehn Projekte für Kohlekraftwerke gescheitert. Eine Ausnahme gibt es aber direkt in der Region. Hier hat das Großkraftwerk Mannheim vor wenigen Monaten mit dem - ebenfalls umstrittenen - Bau des Blocks 9 begonnen.
In Lubmin, da sind sich die Viernheimer Grünen sicher, sieht es anders aus. "Das Kraftwerk wird nicht gebaut", betont Stadtverordneter Manfred Winkenbach. Zwar hätten die Stadtwerke Planungsgelder "in den Sand gesetzt". Doch "eine gigantische Fehlinvestition in eine Urwelttechnologie" sei verhindert worden. Winkenbach empfiehlt der städtischen GmbH jetzt noch einmal nachdrücklich, statt in "rückwärtsgewandte" Kohle-Technologie in regenerative Projekte, etwa in Offshore-Windparks, zu investieren.
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