Viernheim. An dem Tag, der für Christen mit Tod, Verzweiflung und der Ungewissheit über die Zeit danach verbunden ist, suchte die evangelische Kirchengemeinde mit einer Karfreitags-Stunde musikalisch und mit besinnlichen Texten den Kontakt zu Gott.
So kurz Pfarrer Klaus Traxler seine Begrüßung hielt, so deutlich war seine Botschaft: "Überall ist Gott." Also sollten auch die Zuhörer dieses besinnlichen Abends Gelegenheit finden, in Wort und Musik zum Karfreitag "in sich zu kehren", so Traxler weiter. Von Telemann, Bach, Rheinberger und Händel stammten die Kompositionen, die Ilona Schelter-Grooß mit der Violine und Martin Stein an Cembalo und Orgel interpretierten.
Ruhe und Gottvertrauen
Die Auswahl der Stücke und deren musikalische Ausgestaltung erweiterten Traxlers verbale Grundgedanken der Besinnung, Ruhe und Gottvertrauen.
Telemanns Sonate in g-Moll forderte von den Künstlern große interpretatorische Flexibilität. Nach ruhiger Introduktion steigerten sich Violine und Cembalo über melodische Spannungen in einen lebhaften und zugleich harmonischen Schluss.
In den vier Sätzen der Sonate in e-Moll von Johann Sebastian Bach stellten sich Martin Stein an der Orgel anspruchsvolle technische Herausforderungen, die er ohne erkennbare Mühe meisterte und dabei die Violine in ihren filigranen Läufen zur Geltung kommen ließ.
Wer Hanns Dieter Hüsch bisher nur als Kabarettisten und Gesellschaftskritiker kannte, war von seinen religiösen Texten möglicherweise überrascht. Traxler nutze diese Vorlagen, um seine Zuhörer in eine unerwartete Facette Hüschs Literatur zu führen.
Wer nur in seinen ritualisierten Lebensabläufen verharre, bei dem setze "die Seele Grünspan an". Deshalb gelte es, die von Menschen gemachten Probleme zu verlassen und sich "Gottes Land" zuzuwenden.
Suche nach dem Heiland
Mit der "Legende vom vierten König" versetzte Pfarrer Klaus Traxler seine Zuhörer in die Situation eines Mannes, der sich genau wie die drei Weisen aus dem Morgenland auf die Suche nach dem Heiland begibt. Sein Vermögen und sein Leben verschenkt er und trifft am Ende auf den Gekreuzigten, den er als Kind verpasst hat und nun als Erlöser erkennt. Josephs Rheinbergers Abendlied setzte einen harmonisch-romantischen Kontrapunkt zu Händels klassischer Sonate in g-Moll und gab Ilona Schelter-Grooß an der Violine ihre ganze gestalterische Kraft einzusetzen und so diese Komposition nicht nur wiederzugeben, sondern individuell auszuformen.
Nach Traxlers Schlusssegen verabschiedete Bachs Adagio für Violine und Orgel die Zuhörer in die Karfreitags-Nacht.
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