Bildung

Führungstandem bringt frischen Wind in Viernheimer Musikschule

Nach dem Ausscheiden von Runár Emilsson leiten bis auf Weiteres Sabrina Eufinger und Susanne Wendel die städtische Musikschule in Viernheim. Kulturamtsleiter Horst Stephan würdigt ihr Engagement.

Von 
Wolfram Köhler
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Führen gemeinsam die Viernheimer Musikschule: Susanne Wendel (l.) und Sabrina Eufinger. © Stadt Viernheim

Viernheim. „Läuft!“ Mit diesem einen Wort beschreibt Horst Stephan, Leiter des Amts für Kultur, Bildung und Soziales (KuBuS), die aktuelle Situation in der städtischen Musikschule in Viernheim. Zwar hat der bisherige Leiter Rúnar Emilsson – der aus gesundheitlichen Gründen lange gefehlt und seinen Arbeitsvertrag mit der Stadt nun aufgelöst hat (wir berichteten) – als Person eine große Lücke hinterlassen. Dafür ergab sich aus der vorübergehenden Notlage der Einrichtung ein neues Führungsmodell, von dem der KuBuS-Chef heute sagt, es sei absolut empfehlenswert.

Seit Anfang Dezember 2023 ist die stellvertretende Amtsleiterin Sabrina Eufinger formell für die Musikschule verantwortlich. Ihr zur Seite steht Susanne Wendel. Die Musikpädagogin ist seit 1984 dort als Klavierlehrerin tätig. Laut Stephan hat sie sowohl bei Schülern und Eltern als auch im Kollegium „einen sehr guten Ruf. Sie wird uneingeschränkt wertgeschätzt und akzeptiert.“ Die Idee, die Musikschule in der Form eines Tandems zu führen, habe sich im Nachhinein als Glücksfall herausgestellt, sagt Stephan. Aus Sicht des Amtsleiters arbeitet das Duo ausgesprochen effektiv. Susanne Wendel könne ihre musikpädagogische Kompetenz uneingeschränkt einbringen und müsse keine Energie für Verwaltungstätigkeiten aufwenden. „Sabrina Eufinger hingegen sorgt mit ihrer Führungsqualität dafür, dass die Verwaltung so gut arbeitet, dass die Pädagogik den besten Unterricht machen kann.“

Stephan hat sogar den Eindruck, Verwaltung und Musikschullehrer sind zuletzt „näher zusammengerückt“. Dies zeige sich bei den regelmäßigen Konferenzen, bei denen die Amtsleitung nun häufiger präsent sei, aber auch durch die Solidarität bei den Konzerten. So habe er selbst bei der Veranstaltung „Ein Haus voller Musik“ im vergangenen September Kindern das Gitarrespielen nähergebracht, berichtet Horst Stephan.

Organisationsform bleibt vorerst bestehen

Nach Angaben des Amtsleiters wird die aktuelle Organisationsform mindestens für das Jahr 2025 bestehen bleiben. Das sei vom Magistrat so entschieden worden. Zum Ende dieser Erprobungsphase stelle sich die Frage, „ob möglicherweise auf die Wiederanstellung einer Musikschulleitung in Vollzeit verzichtet werden kann“. Stephan kann sich das offensichtlich sehr gut vorstellen.

Runár Emilsson leitete die städtische Musikschule ab dem Jahr 2014. Er war Nachfolger von Claus Schmitt, von dem sich die Stadt nach einem langen Rechtsstreit mit einem Vergleich getrennt hatte. Emilsson erklärte seinen Ausstieg aus dem städtischen Dienst mit einer unerwartet langen Genesungszeit, nachdem er erkrankt war. Schweren Herzens, so Emilsson vor wenigen Wochen, habe er sich daher dazu entschieden, von seinem Leitungsposten zurückzutreten. Die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen, denn er habe die Zeit in Viernheim genossen und sehr gerne seinen Beitrag zur musikpädagogischen Arbeit vor Ort geleistet.

Die städtische Musikschule wird sich laut Stephan künftig vermehrt um die „chancengerechte Teilhabe“ an musikalischer Bildung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kümmern. „Wir wollen armutssensibel werden“, beschreibt Musikpädagogin Wendel die Idee. Profitieren sollen Familien, die im Besitz des Kulturpasses sind. Dieser ermöglicht es Menschen mit geringem Einkommen, gesellschaftliche Veranstaltungen in der Region zu besuchen. Ziel ist es, ab dem kommenden Semester in jeder Gruppe der Musikalischen Früherziehung einen Platz für ein Kind freizuhalten. Wendel zufolge soll das Angebot später ausgedehnt werden.

Beim „Haus voller Musik“ im vergangenen September wirkt Amtsleiter Horst Stephan als Gitarrenlehrer mit. © Sandra Usler

Unverändert steht der Instrumentalunterricht und die Bandarbeit bei der Musikschule im Mittelpunkt. „Für unsere Größe haben wir viele Bands und Ensembles. Auch Auswärtige spielen bei uns mit“, erklärt die Klavierlehrerin. Die Musikschule sei grundsätzlich offen für alle Generationen. Gerade Senioren hätten aktuell großes Interesse, ein Instrument zu erlernen, sagt Wendel. „Sie wollen etwas für ihr Gehirn tun, der Altersdemenz vorbeugen.“

Die klassischen Instrumente wecken unverändert Interesse. „Die Streicher haben großen Zulauf. Aber auch die Pianisten und die Gitarristen.“ Der vorübergehende Trend hin zum Popgesang, erzeugt durch entsprechende TV-Sendungen, habe sich hingegen erkennbar abgeschwächt, beschreibt die Musikpädagogin die jüngsten Entwicklungen. Wichtig ist es der Einrichtung, dass Kinder in Vortragsstunden und die fortgeschrittenen Schüler bei Konzerten ihr Können vor Publikum zeigen können. Darüber hinaus bietet die Musikschule Leistungsstipendien und Workshops zu den neuen Medien an. Gerade begonnen haben die Musikalischen Vorlesestunden in Kooperation mit der Stadtbibliothek, bei denen es um die Verbindung von Musik und Literatur geht.

Erfolgreiche Kooperation mit den Grundschulen

Zurzeit unterrichten 30 Lehrer die insgesamt 454 Schüler der Einrichtung im Bürgerhaus. Gerne würde die Musikschule die Schülerzahlen steigern, denn während der Corona-Krise gab es bei den Schulen einen deutlichen Einbruch, von dem sie sich noch nicht erholt haben. Dabei helfen soll in Viernheim etwa die Kooperation mit den Grundschulen. Auf diese Weise habe die Musikschule gerade 67 neue Gitarrenschüler hinzugewonnen, sagt Susanne Wendel. „Man sieht, dass die Kinder Interesse haben.“

KuBuS-Leiter Horst Stephan zufolge beschäftigt sich die Verwaltung zurzeit intensiv mit dem sogenannten Herrenberg-Urteil. Den Musikschulen wird es dadurch vermutlich nicht mehr möglich sein, ihre Lehrer über Honorarverträge zu beschäftigen. Der Umstieg auf Festanstellungen aber hätte erhebliche finanzielle Konsequenzen für die Kommunen. Was dies für die Nutzer der Viernheimer Einrichtung bedeutet, lasse sich im Moment noch nicht sagen.

Trotz der vielen Veränderungen sei ihm die Musikschule während seiner Zeit als Amtsleiter sehr ans Herz gewachsen, betont Horst Stephan. „Ihr Generationen übergreifendes Potenzial ist augenscheinlich, und die verbindende Kraft der Musik wirkt für sich selbst.“

Redaktion

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