Religion

Friedensgottesdienst in Viernheim: „Zu Frieden gehört Gerechtigkeit“

Gemeinsam beten an Muttertag und nach dem Jahrestag des Kriegsendes: Pfarrerin Irene Dannemann hält in der evangelischen Friedenskirche in Viernheim den Friedensgottesdienst.

Von 
Marion Gottlob
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In der Friedenskirche gestalten Pfarrerin Irene Dannemann und Kirchenvorstand Maik Lautersbach den Gottesdienst in Viernheim. Am Klavier sitzt Martin S. Gehrling. © Bernhard Kreutzer

Viernheim. Sehr innig gestaltete Pfarrerin Irene Dannemann in der evangelischen Friedenskirche den Friedensgottesdienst am Abend des Muttertags, wenige Tage nach dem Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1945. Wieder und wieder betete sie mit der Gemeinde: „Möge Gott deine Füße auf den Weg des Friedens lenken.“ Die Abendsonne erhellte die Friedenskirche mit ihrem blauen Kreuz. Pfarrerin Dannemann begrüßte jeden Gast persönlich: „Willkommen.“ Mit einer Improvisation eröffnete Martin S. Gehrling am Flügel den Gottesdienst und begleitete die rund 30 Besucher zu dem Lied „Jesus Christ, lasse nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht.“ Pfarrerin Dannemann gedachte der Zeit vor 80 Jahren: „Traurig waren die Menschen, müde und voller Schuld. Der Krieg hatte ein Ende. Ach Gott, hätten auch heute die Kriege ein Ende, Herr erbarme dich.“

Kirchenvorstand Maik Lautersbach las den Psalm 85 in der Version der Basis-Bibel: „Ich will hören, was Gott zu sagen hat. Der Herr redet von Frieden. Er verspricht ihn seinem Volk und den Frommen. Doch sie sollen nicht mehr zurückkehren zu den Dummheiten der Vergangenheit. Ja, Gottes Hilfe ist denen nahe, die zu ihm gehören. Gerechtigkeit und Frieden küssen sich. Die Gerechtigkeit zieht vor Gott her und bestimmt die Richtung der Schritte Gottes.“

Beim Friedensgottesdienst in Viernheim: 80 Jahre Frieden sei ein Grund, dankbar zu sein

Pfarrerin Dannemann sagte in ihrer Predigt: „80 Jahre Frieden – das ist für uns ein Grund, dankbar zu sein. In unseren Familien leben nicht mehr viele, die den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt haben. Doch wir Nachgeborenen haben gelernt, was Kriegserfahrungen mit Menschen machen: Das Ringen um das Eingestehen von Schuld dauert. Traumata wirken über Generationen hinweg.“ Sie wandte sich der Gegenwart zu: „Heute ist vielen Menschen bange um den Frieden. Militärisch wird aufgerüstet, um Frieden zu sichern. In der Ukraine ist immer Krieg, und der hat auch Folgen hier.“ Sie mahnte: „Zu Frieden gehört Gerechtigkeit. Es sind Momente des Glücks, wenn Frieden und Gerechtigkeit zusammenkommen.“ Ihre Worte wurden eindringlich: „Tief und lange wirken rassistische und antisemitische Einstellungen. Sie sind noch und wieder in unserer Gesellschaft verankert und werden lauter. Der 8. Mai mahnt zu einem „Nie wieder““.

Sie erinnerte an Momente auf dem Weg zum Frieden: das Treffen von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle in Verdun 1963 oder der Kniefall von Willy Brandt in Polen 1970. Sie sagte: „Frieden braucht Vertrauen. Gerechtigkeit und Frieden werden sichtbar, wenn Menschen ihr täglich Brot zum Essen haben.“ In den Fürbitten betete der 13-jährige Noah: „Guter Gott, wir bitten für alle Mütter, segne und beschütze sie und gib ihnen Kraft.“ Pfarrerin Dannemann fuhr fort: „Um Frieden bitten wir Gott, in der Ukraine!“

Für Maik Lautersbach war das Beten für Frieden wichtig: „Wir haben uns lange in Sicherheit gewogen. Nun gewinnt das Gebet eine andere Qualität.“ Küster Sebastian Kumb sagte: „Frieden ist wichtig, damit es den Menschen gut geht.“ Ottilie Bernád-Müller ergänze: „Ich bete jeden Abend um Frieden.“ Zum Abschluss hatte Pfarrerin Dannemann das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ geplant. Doch an diesem Abend schien die Sonne. Die Pfarrerin wechselte zu einem anderen Lied: „Bewahre uns Gott! Sei Kraft, die Frieden schafft.“

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