Viernheim. Es gibt keinen freien Platz mehr, dicht gedrängt sitzen und stehen die Viernheimer im Ratsaal. Das Interesse an der Informationsveranstaltung zum Baugebiet Nordweststadt II ist groß. „Ich bin überrascht und überwältigt von dem Andrang“, sagt Erster Stadtrat Jörg Scheidel. Grundstückseigentümer, Anwohner aus der Nordweststadt und Bürger sind ins Rathaus gekommen, um sich über den Stand der Planungen zu informieren.
Seit den 70er Jahren ist der 20 Hektar große Streifen hinter der Nordweststadt, von der Wormser Straße an der Autobahnlinie entlang bis zum Waldfriedhof, als mögliche Wohnfläche vorgesehen. Erst vor einigen Jahren begann die Stadtverwaltung mit der Planung dieses Baugebiets. Was sich in den vergangenen Monaten und Jahren getan hat, wird nun präsentiert, weil auch die Einwohner im Zuge der Bürgerbeteiligung in die Planungen einbezogen werden sollen.
Planungswerkstatt im November
Am 10. November findet eine Planungswerkstatt statt, bei der Bürger ihre Ideen einbringen können. Timo Buff (Büro Sippel und Buff, Netzwerk für Planung und Kommunikation) moderiert den Auftaktabend und kündigt die kurzen Vorträge der Planer an, die Ergebnisse der Gutachten, das städtebauliche Konzept, das Mobilitätskonzept und Varianten der Energieversorgung vorstellen. Die Fachleute betonen: „Es ist ein erstes Konzept, das nun weiterentwickelt wird. Durch die Bürgerbeteiligung werden sich sicherlich noch Veränderungen ergeben.“
Zwischenfragen aus dem Plenum werden nicht beantwortet – zum Ärger der Viernheimer: „Sind Fragen denn verboten? Hat man Angst vor Diskussionen?“ Timo Buff verweist auf die Möglichkeit, Fragen gezielt an den richtigen Ansprechpartner in kleiner Runde zu stellen. Für diesen Austausch der Bürger mit den Planern sind „Dialoginseln“ aufgebaut. An den Ständen werden Anregungen entgegengenommen.
Bei Annemarie Biermas (Amt für Stadtentwicklung und Umweltplanung) und ihren Kollegen drängen sich die meisten Bürger – vor allem zum Lärmgutachten. Das ist 2021 durchgeführt worden und hat hohe Belastungswerte für das mögliche Baugebiet geliefert. „Das war während Corona, als weniger Verkehr war. Wie würde das denn jetzt aussehen?“, sorgen sich die Bürger. Die jetzigen Werte führen schon dazu, dass zur Autobahn hin keine Balkons oder Terrassen gebaut werden dürften und Schlafzimmerfenster nicht zu öffnen seien. „Da bezahlt man womöglich Hunderte von Euro pro Quadratmeter und darf nicht so bauen, wie man es eigentlich gerne hätte“, ärgert sich eine junge Frau.
Kindergarten ja, Schule nein
Auch die Auswirkungen der Ultranet-Trasse wird besprochen: Wenn die Leitung, wie derzeit geplant, westlich der Autobahn gezogen wird, darf in einem bestimmten Abstand kein Wohnungsbau erfolgen – dann müsste das Nordweststadt-II-Areal umgeplant werden. Fragen gibt es auch zum Bau einer Kindertagesstätte oder Schule. „Eine Kita ist definitiv eingeplant“, zeigt Biermas auf den Plänen, „für eine Schule hat der Kreis als zuständige Behörde keinen Bedarf angemeldet“.
Überwiegend positiv sind die Nachfragen zum Thema Energie. Expertin Jessica Otto (BFE Institut) erklärt die Varianten der Energieversorgung für das Neubaugebiet. Derzeit werden Wärmepumpen, Großwärmepumpe, Biomasse- oder Wasserstoffkessel auf Wirtschaftlichkeit untersucht. Am Tisch zu Umwelt- und Artenschutz wird eine mögliche Umsiedlung der Zauneidechsen diskutiert und um eine Untersuchung nach Bomben- und Munitionsresten gebeten.
Für den Bereich Mobilität und Verkehr wünschen sich die Viernheimer ausreichend Stellplätze. „Und der Rennweg muss erhalten bleiben“, bekommen die Planer als Aufgabe mit. Bei Jacqueline Schnurpfeil (MVV Regioplan) kommen zum Thema „Umlegung“ vor allem Grundstücksbesitzer ins Gespräch. „Viele können es nicht erwarten, bis sie ihr Grundstück endlich bebauen dürfen“, erfahren die Planer. Doch es gibt auch viele kritische Stimmen. Auf einer der Stellwände ist zu lesen: „Macht eine Bebauung mit den Rahmenbedingungen überhaupt Sinn?“
Stadtrat Jörg Scheidel erklärt, dass das Verfahren zur Bebauung von Nordweststadt II erst begonnen habe: „Wenn die Stadtverordnetenversammlung nach der Bürgerbeteiligung zur Ansicht kommt, dass die Einschränkungen zu hoch sind für adäquates Bauen, kann sie den Bebauungsplan auch ablehnen.“
Die Präsentation zum Stand der Pla nung gibt es ab Montag, 23. ...
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/viernheim_artikel,-viernheim-ein-baugebiet-mit-hindernissen-_arid,2138366.html