Viernheim. In Viernheims Fußgängerzone ist das Fahren mit Elektrorollern, den E-Scootern, verboten. Wer sich dort aufhält, bekommt jedoch den Eindruck, dem wäre nicht so. Deshalb kontrolliert das Ordnungsamt immer wieder. Die Stadt begründet das Verbot mit einem zu hohen Risiko durch die rasanten Gefährte. Ein Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) bestätigt diese Einschätzung. Unter Passanten entstehen dagegen Diskussionen über den Sinn dieses Verbots, da doch Fahrradfahren, auch mit Elektrorädern, erlaubt sei.
Wie Sebastian Geschwind, Leiter des Viernheimer Ordnungsamts, erklärt, sei das Verhalten von Fahrradfahrern und Fahrern von E-Scootern grundsätzlich unterschiedlich. Führen die Radler in der Regel gezielt und rücksichtsvoll von A nach B, nutzen die Rollerfahrer die Fußgängerzone häufig zum Umherfahren. Sie schlängelten sich rasant durch Gruppen von Fußgängern und Radfahrern, sagte Geschwind auf Anfrage dieser Redaktion. Die Fahrzeuge ermöglichten ihren Nutzern, schnell zu beschleunigen und mit den vergleichsweise kleinen Rädern engste Kurven zu fahren. Manche schlügen regelrecht Haken. Darin und in dem in aller Regel zu hohen Tempo stecke ein erhebliches Risiko von Unfällen und Verletzungen.
Gerade erst seien in kurzem zeitlichen Abstand zwei Kinder angefahren worden, berichtete Geschwind. Eines sei mit Schürfwunden davongekommen, das andere sei vom Rettungswagen abgeholt worden. Von Radfahrern verursachte Unfälle in der Fußgängerzone habe seine Behörde dagegen bislang nicht registriert. Die Nachfrage bei der Polizei ergab, dass sie im Zeitraum von 2019 bis heute keine Unfälle mit E-Scootern in der Fußgängerzone in der Statistik verzeichnet habe. Einzig sei es 2019 zu einem Unfall mit einem E-Roller außerhalb der Fußgängerzone gekommen.
Frage nach der Gleichbehandlung
Ein Leser des „Südhessen Morgen“ stellte, veranlasst durch unsere jüngste Berichterstattung über die Kontrollen, die Frage nach der Gleichbehandlung in den Raum: Ist es zulässig, das Fahren von E-Scootern zu verbieten und gleichzeitig Radfahren zu gestatten? „Ja, eindeutig“, sagte Geschwind, an den wir diese Frage weitergaben. Laut Gesetz könne eine Kommune entscheiden, ob sie Radfahren oder E-Scooter-Fahren erlaube oder nicht. Das liege in ihrem Ermessen.
Nun weisen die großen Schilder an den Eingängen zur Fußgängerzone deutlich daraufhin, dass Radfahren erlaubt ist. Eine solche Befreiung könne auch für E-Roller erfolgen. Die Stadt sehe aus besagten Gründen jedoch davon ab, so Geschwind.
In der Fußgängerzone gilt Schrittgeschwindigkeit, das heißt, maximal sieben Stundenkilometer sind hier erlaubt. Ein mit GPS gemessener Selbstversuch auf dem Fahrrad zeigt, dass es fast schon mühsam ist, diese Grenze einzuhalten und so langsam zu fahren. Wer mit höchstens sieben Stundenkilometern eine halbe Stunde lang die Rathausstraße auf und ab fährt, wird ständig von anderen Radlern überholt, nicht nur von Jugendlichen, auch von älteren und alten Semestern. Und diese wiederum werden von E-Scootern überholt, und zwar zackig.
15 Euro kostet es jeden, den die Stadtpolizei auf dem E-Scooter in der Fußgängerzone erwischt. Laut Ordnungsamtsleiter Geschwind, dürfen die Roller erst ab 14 Jahren gefahren werden. Die Ordnungskräfte träfen aber häufig auf zum Teil wesentlich jüngere Fahrer. Ihnen würde ihr Flitzer abgenommen, ein Erziehungsberechtigter müsse das Gefährt dann im Rathaus abholen. Auf die Frage nach dem Umgang mit den vielen Radfahrern, die offenkundig weit mehr als Tempo sieben drauf haben, sagte Geschwind, auch diese würden immer wieder ermahnt.
Wünschenswerte Entwicklung
Günter Aufdermauer ist häufig mit dem Rad in Viernheim unterwegs und Mitglied des ADFC. Auf die Frage, wie er es mit E-Rollern in der Fußgängerzone hält, zitierte er eine Mitstreiterin mit den Worten: „Die gehören verboten.“ Aufdermauer pflichtet der Begründung der Stadt bei. Diese Roller seien zu schnell, zu wendig und deshalb einfach zu gefährlich. Sie schränkten die hart erkämpfte Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone ein. Allerdings seien immer wieder auch Radfahrer viel zu schnell unterwegs. Er appelliere an alle, sich rücksichtsvoll zu verhalten und vorsichtig zu sein. Aufdermauer: „Es ist doch wünschenswert, dass der Fahrradverkehr auch die City erobert. Wir sollten diese Entwicklung nicht gefährden.“
Unterdessen ergab eine kleine Umfrage dieser Redaktion, dass alle E-Scooter-Fahrer nach eigenen Angaben von dem Verbot nichts wussten. Sie kamen nicht darauf, dass E-Scooter auf den Schildern explizit freigegeben sein müssten.
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