Woche der Vielfalt

Dialekt kommt von Herzen

Journalist Gerhard Mandel und Bürgermeister Matthias Baaß geben den Teilnehmern der Integrationskurse eine Einführung in Viernheimer Mundart

Von 
red
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Den Viernheimer Dialekt und seine Eigenheiten zeigten Gerhard Mandel (links) und Matthias Baaß den Teilnehmern der Integrationskurse. © stadt Viernheim

Viernheim. In der „Woche der Vielfalt“ hat der Verein Lernmobil einen Sprachkurs der besonderen Art angeboten: „Vorne bis hinne – Vernemerisch erleben und lernen“. Lehrer war Gerhard Mandel, ehemaliger Redaktionsleiter des SWR4 Kurpfalzradio. Der Journalist vermittelte den Teilnehmenden aus den Integrationskursen des Vereins den Viernheimer Dialekt im Rahmen eines „Crashkurses“. Unterstützung erhielt er von Bürgermeister Matthias Baaß, der in seiner Heimatsprache Rede und Antwort stand.

Eben stand noch die deutsche Grammatik auf dem Stundenplan. Dann hieß es auf dem Apostelplatz „Vernermerisch“ lernen. Gleich zu Beginn begrüßte Baaß die Anwesenden mit einem herzlichen „Morsche“. Und dann ging es auch gleich weiter mit einem Small Talk zwischen dem Stadtoberhaupt und Gerhard Mandel in Viernheimer Mundart, um den Anwesenden zu demonstrieren, wie der Dialekt der „Vernemer“ klingt. Zum besseren Vergleich schrieb Gerhard Mandel die Wörter in Hochdeutsch und im Dialekt auf eine Tafel. Schon da wurde deutlich, wie schwierig es ist, den Dialekt zu verschriftlichen.

Dialekt ist eine gesprochene Sprache, lernten die Anwesenden. „Über die Sprache entstehen zwischen den Menschen Emotionen und Beziehungen“, weiß auch der Bürgermeister und machte dies an dem Beispiel seiner Bürgersprechstunde deutlich. „Ich stelle mich auf den Bürger ein und nutze für das gemeinsame Gespräch entweder den Viernheimer Dialekt oder Hochdeutsch“, sagte Baaß. „So schaffe ich eine Ebene zwischen mir und der Person.“

Die Vieldeutigkeit von Allah

Auf amüsante Weise zeigte Gerhard Mandel anschließend die Vielseitigkeit des Viernheimer Dialekts auf und wie ein Wort in „Vernemerisch“ gleich eine andere Bedeutung haben kann. Zum Beispiel das häufig in der Viernheimer Umgangssprache genutzte Wort „Allah“. Hier staunten viele die Anwesenden sehr, dass es sich dabei um einen Viernheimer Abschiedsgruß handelt. Denn dieses Wort kannten die meisten nur aus dem religiösen Kontext, hatten es aber schon des Öfteren in Viernheim gehört und nie zuordnen können. „Die Betonung dieses einzigen Wortes verändert die Bedeutung“, so Mandel. Der Viernheimer Dialekt schafft es aber auch, mit wenigen Worten etwas auszudrücken, wofür sonst eine wesentlich umfangreichere Beschreibung nötig wäre, wie zum Beispiel beim „Klore Kerl“, einer positiven Beschreibung eines Menschen. Hier wird mit nur zwei Worten eine ganze Persönlichkeit beschrieben, was in Hochdeutsch so nie möglich wäre. „Dialekt kommt von Herzen“, sagte Mandel.

Es war ein sehr kurzweiliger Vortrag, der zu Ende ging mit den Worten „Allah bis ball“. „Bis bald soll es sein“, wie Larysa Kay-Kulakowski, Leiterin des Erwachsenenbereiches, Gerhard Mandel das Versprechen abnahm, den Sprachkursteilnehmenden weitere Kenntnisse der „Vernermer“ Sprache zu vermitteln, denn sichtlich hatten alle großen Spaß gehabt.

Zuwanderung mitzugestalten ist das große Ziel des Vereins Lernmobil, machen die Veranstalter deutlich. Integration sei ein wechselseitiger Prozess, der sowohl von den alteingesessenen wie den zugewanderten Viernheimer mitzugestalten ist. In diesem Kontext stand auch der „Crashkurs“ der Viernheimer Mundart: Die zugewanderten Neubürger lernen die Sprache der Alteingesessenen. Ziel des Kurses sei es, über die Sprache des Ortes, in dem die meist neuzugezogenen Menschen leben, Emotionen entstehen zu lassen, aber auch Missverständnisse auszuräumen. red

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