Viernheim. Markus Kuhn (Bild: dpa) ist ein gefragter Mann. Als Experte und Kolumnist ist er auf einer der prominentesten deutschen Football-Plattformen "ran.de" aktiv, begleitet für das Format bereits zum zweiten Mal den Super Bowl - das gigantische Saisonfinale der Sportart in den USA - und reist dafür eigens nach Houston/Texas. Nach seinem jüngst erklärten Rücktritt aus der Profi-Liga NFL rückte der in Mannheim geborene und in Viernheim aufgewachsene Kuhn noch einmal verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit, woran sich auch künftig nicht viel ändern dürfte.
"Ich werde dem Sport treu und auch in den Medien präsent bleiben", sagt der 30-Jährige - und freut sich auf die Karriere nach der Karriere. 2012 wurde er vom damals amtierenden Meister New York Giants in den erweiterten und schließlich gar in den 53-Mann-Kader für die anstehende Saison berufen. Unerwartet und spektakulär war dieser Schritt - für Kuhn begann ein wahres Football-Märchen. Bis 2015 schaffte er es Jahr für Jahr, sich erfolgreich durch die brutale Auslese vor der Saison zu quälen. Erst als sich die Giants vor allem wegen andauernder körperlicher Probleme gegen eine Weiterverpflichtung entschieden, musste sich Kuhn nach einem neuen Verein umschauen. Er versuchte es beim nächsten großen Team, Serien-Meister New England Patriots - und scheiterte. "Es sollte nicht sein", kommentiert Kuhn heute die knappe Entscheidung gegen ihn. Auf die große Vorstellungsrunde quer durchs Land hatte er keine Lust.
"Nach meiner bis dahin so konstanten Karriere wollte ich nicht noch einmal anfangen, herumzureisen und mich überall anzubieten", sagt der Viernheimer und ergänzt: "Schließlich bin ich ganz gesund durch die NFL gekommen und habe viel mehr erreicht, als ich je gedacht hätte." Kuhn hat nicht nur bei einem der größten Teams der Geschichte gespielt, mit absoluten Superstars wie Spielmacher Eli Manning und den Passempfängern Victor Cruz und Odell Beckham-Junior.
Der Defensivspezialist sorgte für den ersten Touchdown eines deutschen Spielers in der besten Liga der Welt und machte sich nicht zuletzt damit als "German Giant" (deutscher Riese) unsterblich. "Ich schaue nicht wehleidig zurück, sondern bin stolz und froh über das, was ich erleben durfte", sagt Kuhn, der sich nach seinem Umzug von New Jersey nach New York nun auf sein im Herbst beginnendes Studium freut. Studium? Als Ex-Profi-Footballer?
Extremer Karrierewechsel
"Das ist schon ein extremer Karrierewechsel", gibt Kuhn zu, um zugleich gegen die üblichen Klischees zu wettern: "Footballer sind eben nicht nur Fleischberge, die aufeinander losgehen. Wir haben Interessen wie jeder andere Mensch auch." In der Kabine rede man auch über Politik, derzeit dränge sich natürlich das Thema Donald Trump auf.
"Da merkt man schon, dass jeder seine eigene Sichtweise hat. Aber es geht vor allem darum, dass man im Dialog bleibt und sich nicht voneinander abschottet." Markus Kuhn ist ein reflektierter, eloquenter Mann. Eine Karriere bei den Medien kann er sich durchaus vorstellen. Auch wenn es derzeit noch keine konkreten Überlegungen, beispielsweise in Verbindung mit "ran", gebe. Ohnehin möchte er sich jetzt erst einmal seinem Studium widmen, über dessen Ausrichtung er momentan noch nichts Genaueres verraten will. Dafür erinnert er sich an seine schönsten NFL-Momente. "Das war nicht unbedingt der Touchdown.
Es waren vor allem die Nominierungen für den Saison-Kader, Lohn für harte Arbeit. Und die knappen Siege mit den Giants." Generell, findet Kuhn, habe seine Karriere mehr Höhen als Tiefen gehabt, wobei er zu letzteren seinen Kreuzbandriss gleich im ersten Jahr bei den Giants zählt. Aber auch daraus habe er Positives mitgenommen - und sich mit großem Biss zurückgekämpft.
Wofür? Zum Beispiel für diesen einen Augenblick, wenn er mit den anderen 52 Jungs aufs Spielfeld stürmt und sich zum ersten Mal dem Gegner stellt.
"Das kann man nur mit Gladiatorenkämpfen oder großen Schlachten vergleichen. Da herrscht eine unglaubliche Energie, da werden wir zu Killermaschinen. Ich bin ein anderer Markus Kuhn, wenn ich mir Trikot und Helm anziehe."
Den Markus Kuhn aus dem richtigen Leben wird es im März wieder in die alte Heimat verschlagen. Nach Viernheim, wo seine Eltern leben, und zu seinen alten Freunden in Mannheim und Weinheim. Darauf freut er sich wie auf sein neues Leben. Ohne Trikot und Helm.
Zur Person
Markus Kuhn wurde 5. Mai 1986 in Mannheim geboren.
Er wuchs in Viernheim auf, wo seine Eltern bis heute leben.
Seine Football-Karriere begann er bei den Weinheim Longhorns, weshalb ihn viele in der Öffentlichkeit fälschlicherweise als Weinheimer bezeichnen.
Kuhn ging 2007 in die Vereinigten Staaten, besuchte dort ein College, spielte Football und schaffte schließlich über den berühmten "Draft" (Ziehung der Nachwuchsspieler) 2012 den Sprung in die National Football League (NFL).
Vier Jahre war er für die New York Giants aktiv. Ende Januar verkündete er seinen Rücktritt vom Profisport, nachdem er es nicht geschafft hatte, sich nach dem Ende seiner Giants-Zeit bei den New England Patriots für einen neuen Vertrag zu empfehlen.
Kuhn hatte in seiner aktiven Zeit ein Kampfgewicht von 136 Kilo bei einer Körpergröße von 1,93 Meter. rüo
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