Natur

Bunker dienen Vereinen als Lager

Von 
Wolfram Köhler
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Mehr als 100 Bunker hat die US-Armee im Viernheimer Wald hinterlassen. Der Großteil befindet sich im ehemaligen Munitionsdepot an der L 3111. © bernhard kreutzer

Viernheim. Hotel mit Wellnessareal, Forschungszentrum für tropische Pflanzen oder Tauchsportzentrum: So lassen sich nach Vorstellung von Architekturstudenten die alten Bunker in Mannheim sinnvoll nutzen. Ihre Ideen sind zurzeit in einer Ausstellung des Vereins MOFA – Mannheims Ort für Architektur – in der ÖVA-Passage zu sehen (wir berichteten). Für Viernheim sind solche Projekte indes ausgeschlossen, betont Forstamtsleiter Ralf Schepp. Grund: Die mehr als 100 einst von den US-Streitkräften errichteten Anlagen liegen nicht – wie im Fall der Nachbarstadt – im städtischen Bereich, sondern mitten im Wald. Noch dazu sind dort Vogel- beziehungsweise Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, für die umfangreiche ökologische Auflagen gelten.

Dabei gab es auch schon für eine Umwidmung der Viernheimer Bunker ausgefallene Ideen. Der Landschaftskünstler Samuel J. Fleiner etwa präsentierte Mitte der 1990er Jahre sein Projekt „Zaungäste“ am Rand des damaligen Munitionsdepots an der Landesstraße 3111. Noch vor der Freigabe durch die Army schlug er vor, auf dem Areal eine Ost-West-Jugendbegegnungsstätte einzurichten und die Bunker als Ateliers oder Proberäume zu nutzen. „Die Akustik ist überwältigend, die Stimmung einzigartig“, stellte Fleiner bei einem Ortsbesuch fest.

Solche Überlegungen ließen sich zwar nie realisieren. Genutzt werden rund 30 Bunker im Viernheimer und Lampertheimer Forst mittlerweile dennoch. Seit ungefähr zehn Jahren, berichtet Schepp auf Anfrage dieser Redaktion, lagern verschiedene Institutionen hinter den schweren Betonmauern Material, das sie nur gelegentlich brauchen. Zu den Mietern gehören unter anderem die beiden angrenzenden Kommunen, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Feuerwehr sowie Vereine. „Gemeinnützige Organisationen haben Vorrang“, sagt Schepp. Zwar gebe es auch einige private Nutzer, gewerbliche Aktivitäten seien aber grundsätzlich ausgeschlossen.

Auflagen im Vogelschutzgebiet

Alle Mieter müssen sich Schepp zufolge an strenge Vorgaben halten. Insbesondere wegen des Vogelschutzes ist die Zahl der Fahrten durch den Wald begrenzt. „Die Störung muss so gering wie möglich bleiben“, beschreibt Schepp den „Kompromiss“, den das Forstamt Lampertheim mit den Nutzern eingegangen ist.

Um negative Einflüsse auf die Natur zu vermeiden, wurden den Interessenten nur Bunker des früheren Munitionsdepots im Bereich der L 3111, die noch dazu relativ eng beieinander stehen, zur Verfügung gestellt. Für die Betonbauten im Naturschutzgebiet Glockenbuckel gab es bislang keine Freigabe. Dass sich an der aktuellen Situation etwas ändert, glaubt Ralf Schepp nicht. Strategie von Hessen Forst sei es gewissermaßen, „alles zu lassen, wie es ist“.

Direkt nach der Übergabe des Areals durch die US-Armee zur Jahrtausendwende wurden die Bunker mit Sicherungsgittern versehen, damit niemand von oben hinabstürzen kann. In der Regel stehen die ungenutzten Anlagen sogar offen, sagt Schepp. Auf diese Weise soll neugierigen Menschen die Attraktion genommen werden, illegal in die dunklen Hallen einzudringen.

Das hatte nach Angaben des Forstamtsleiters gerade in jüngerer Vergangenheit allerdings ungewollte Effekte: Die Bunker im Wald wurden während der Corona-Zeit mehrfach für unerlaubte Partys genutzt. Viel lieber sähe es Hessen Forst, wenn sich vor Ort Fledermäuse ansiedelten. Dieses Ziel sei aber gar nicht so leicht zu erreichen, sagt Schepp, obwohl die recht feuchten Behausungen eigentlich ideale Unterkünfte für die geschützten Arten darstellten. Möglicherweise müsse die Behörde noch bessere Strukturen schaffen, um diese Säugetiere in größerer Zahl anzulocken.

Ein Rückbau der dicken Betonmauern kommt wegen des immensen Aufwands und der damit einhergehenden Kosten für das Land Hessen aktuell nicht infrage. Da helfen selbst die Ökopunkte, die die Untere Naturschutzbehörde dafür in Aussicht stellt, nicht weiter. Solche Zertifikate könnte Hessen Forst an einen Vorhabenträger verkaufen, der an anderer Stelle der Region in die Natur eingreift und dafür einen Ausgleich schaffen muss. Allerdings stimme das Verhältnis nicht, um auf diese Weise den Abriss von riesigen Bodenplatten und Bunkern zu finanzieren, erklärt Schepp.

BUND ehemals kritisch

Auch Dr. Peter Dresen, Vorsitzender der Viernheimer Ortsgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), rechnet nicht damit, dass die riesigen Anlagen in näherer Zukunft aus dem Viernheimer Wald verschwinden könnten. Dafür seien die Kosten für den Abriss einfach viel zu hoch. Laut Dresen hat der BUND die Vermietung der Bunker vor einigen Jahren sehr kritisch gesehen, weil er „Pendelverkehr im Wald mit Autos“ befürchtet habe. Diese Sorge, so Dresen heute, habe sich aber als unbegründet erwiesen.

Redaktion

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