Viernheim. „Es ist eine spannende Frage für die Bevölkerung, was mit dem alten Rathaus passiert.“ Erster Stadtrat Jörg Scheidel weiß, dass es die Viernheimer bewegt und interessiert, welches Erscheinungsbild die Innenstadt künftig hat. Das Thema „Neue Mitte Viernheim“ (wir haben berichtet) ist am Dienstagabend im Bauausschuss erstmals auf der Tagesordnung der Lokalpolitiker. „Wir wollen diskutieren, wie wir uns dem Ziel nähern, was an dieser Stelle passieren soll“, betont Scheidel, dass noch keine Entscheidung über die Zukunft des Areals gefallen ist, sondern der Prozess zu einer Neugestaltung beraten wird. „Wir haben keine andere Chance, als gemeinsam zu einer Entscheidung zu kommen“, will die Verwaltung die Bürger und vor allem die „Gesichter der Innenstadt“ einbinden – viele Mitglieder der City-Gemeinschaft sind bei der Sitzung dabei und informieren sich über den geplanten Weg.
Gregor Bäumle, Architekt und Stadtplaner aus Darmstadt, der schon mehrere Projekte im Wettbewerbsverfahren umgesetzt hat, stellt den mehrstufigen Planungsprozess vor, der sich über mehrere Jahre ziehen wird. Frühestens 2028 ist mit baulichen Maßnahmen zu rechnen. „Sich von dem Gebäude zu trennen, ist gut für die Entwicklung der Stadt Viernheim. Es ist einfach ein maßstab-sprengendes Gebäude“ hat der Planer eine klare Meinung zum Rathausgebäude.
Bürger werden eingeladen, ihre Ideen einzubringen
Für die „Neue Mitte“ muss ein Grundsatzbeschluss der Politik vorliegen, am Freitag, 27. Juni, wird die Stadtverordnetenversammlung darüber beraten und dann die Verwaltung beauftragen, das mehrstufige Verfahren zur städtebaulichen Entwicklung des Standorts durchzuführen. In der Planungsphase 0 wird noch in diesem Jahr von der Verwaltung ein Raumprogramm für das mögliche „Stadthaus“ festgelegt. Darüber werden die politischen Gremien informiert und dann die Bürger eingeladen, ihre Ideen einzubringen, ehe ein städtebaulicher und freiraumplanerischer Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Bereichs ausgelobt wird.
Die Mitglieder des Bauausschusses sind sich fraktionsübergreifend einig: „Es ist ein Rathaus der Bürger. Die Bürger sollten deshalb von Anfang an mitreden dürfen – in welcher Form auch immer.“
Ausschussvorsitzender Burak Isiksal (Grüne) fragt nach der Präsentation der Planungsphasen nach, ob Bürger denn nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt eingebunden und befragt werden könnten. „Erst in der Planungsphase ist zu spät“, findet der Lokalpolitiker. Annemarie Biermas, Leiterin des Amts für Stadtentwicklung und Umweltplanung, konkretisiert die ersten Schritte: „Die Verwaltung prüft, was sie in dem Bereich braucht, welche Ämter in der Innenstadt bleiben sollen oder müssen. Danach wird überlegt, was noch zur Belebung der Stadt beiträgt.“
Die Fledermäuse im Rathaus sind laut Gutachten kein K.-o.-Kriterium
Die Nachfrage, ob diese Überlegungen der Verwaltung danach unumstößlich sind, verneinen die Verwaltungsmitarbeiter – in der Phase könne jederzeit alles verändert werden. In jeder Phase fließen neue Erkenntnisse aus Analysen, Beteiligung oder Wettbewerben systematisch in die nächsten Schritte ein. „Es wird ein Prozess des Lernens für das gemeinsame Ziel sein“, rechnet auch Stadtrat Scheidel damit, dass die Planungen variieren können. So steht auch der Abriss des Gebäudes nicht endgültig fest: „Das wird ein Ergebnis des Prozesses sein: wird es abgerissen, werden Teile erhalten?“ Die Stadt habe nur das Rathaus mit dem Parkplatz als Geltungsbereich für die „Neue Mitte“ festgelegt. Die Existenz der Fledermäuse im Rathaus sei laut Gutachten kein K.-o.-Kriterium für oder gegen einen Abriss, erläutert Scheidel auf Nachfrage.
Ruth Büchler (CDU) schlägt vor, jetzt schon eine Möglichkeit zu schaffen, damit Bürger äußern können, was sie in der Stadtmitte brauchen und was verzichtbar ist. „Es wird für die Viernheimer vielleicht wichtig sein, ob Innenstadtfest, Kerwe oder Weihnachtsmarkt wie bisher stattfinden können“ nennt Büchler ein Beispiel. Auch Walter Benz (UBV) möchte keine „Bevormundung“ der Bürger, sondern eine frühzeitige Beteiligung: „Bürger fühlen sich überfahren, wenn sie etwas vorgesetzt bekommen.“
Die Planung wird verwaltungsintern vorberaten
Stadtrat Scheidel führt aus, warum es Sinn mache, dass die Planung zunächst verwaltungsintern vorberaten werde. „Es gibt rechtliche Rahmenbedingungen, die man erörtern und aufzeigen muss – zum Beispiel zu den Gebäuden unmittelbar vor dem Rathaus, die in Erbpacht sind. Die Bürger haben für das Areal vielleicht Ideen, die aber gar nicht umzusetzen sind. Dann gibt es Enttäuschungen, wenn es nicht geht. Das wollen wir natürlich verhindern“ sagt der Baudezernent. Für Daniel Schäfer (SPD) ist es ein sinnvolles Vorgehen, die Bürger erst einzubeziehen, wenn rechtliche Grundlagen feststehen: „Es ist unsere Aufgabe als Stadtverordnete, eine vernünftige Faktengrundlage für Beratungen und Beschlüsse zu schaffen. Und das passiert, wenn die Stadtverwaltung ihre Hausaufgaben macht.“
Weitere Nachfragen der Lokalpolitiker betreffen die Kosten und mögliche Zuschüsse. Rund 500.000 Euro sind vorgesehen für das Verfahren. „Für diese reinen Planungskosten wird es eher keine Förderung geben, wahrscheinlich aber für die spätere Realisierung des Projekts.“
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