Jugendförderung - Der "Krüppel von Inishmaan" handelt von der zunehmenden Amerikanisierung einer kleinen irischen Insel in den 30er Jahren

Billy und der schwarze Humor von McDonagh

Von 
Nico Bähr
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Unser Bild zeigt eine Szene des Stücks während der Proben.

© nbr

Viernheim. Billy, von allen Krüppel-Billy genannt, wird seine irische Heimatinsel Inishmaan zu klein - bei den vielen skurrilen Mitbürgern um ihn herum ist das kaum ein Wunder. Da sind der aufdringliche Nachrichtenerzähler Johnnypateenmike, die Tante, die mit Steinen redet, und sein Freund Bartly, der sich nur für Fernrohre und Süßigkeiten interessiert. Auf dessen Schwester Helen hat Billy ein Auge geworfen - doch sie ist nicht nur gutaussehend, sondern gleichzeitig überaus brutal.

Als die Neuigkeit die Runde macht, dass auf der Nachbarinsel eine Filmgesellschaft einen Streifen drehen möchte, haben Billy, Bartley und Helen nichts mehr anderes im Kopf, als Inishmaan zu verlassen und als Schauspieler angestellt zu werden. Die Ende letzten Jahres ins Leben gerufene Theater-AG der städtischen Jugendförderung probt nun seit einigen Monaten am "Krüppel von Inishmaan". Ende Mai stehen drei Aufführungen an. Das Stück stammt aus der Feder des irischen Dramatikers und Filmregisseurs Martin McDonagh, der unter anderem durch den Streifen "Brügge sehen . . . und sterben?" bekannt ist.

Die Theater-Gruppe, die zum größten Teil aus Schülern und Studenten besteht, ist von dem Bühnenstück begeistert wegen seines schwarzen Humors. Dabei sind sie sich bewusst, dass gerade die Art der Witze für manche Zuschauer abschreckend sind.

"Der "Krüppel" wird leider oft auf Beleidigungen reduziert. Diese entsprechen aber lediglich der Umgangssprache, die man überall hört", findet Regisseur Patrick Mertens. "Der tiefere Sinn des Stücks wird oft außer Acht gelassen." Es zeigt die zunehmende Amerikanisierung der kleinen irischen Insel in den 30er Jahren. Die Hollywood-Produktion, bei der Billy und seine Freunde unbedingt mitwirken wollen, entspricht dem tatsächlich existierenden Streifen "The Man of Aran" von Robert Flaherty, welcher nicht wirklich zum versprochenen Dokumentarfilm wurde, sondern lauter gängige Klischees über Iren in Szene setzte. "McDonagh zeichnet deswegen sehr skurrile Figuren, um dem Zuschauer zu zeigen, dass es sich nur um Klischees handelt." Das Stück kennzeichnet sich durch viele unerwartete Wendungen.

Mertens, der bereits bei sieben Produktionen an der AMS Regie führte, hat zur Auflockerung für den "Krüppel" Musik komponiert: "Ein Leitmotiv taucht immer wieder auf - je nach Stimmung und Kontext der Szene in einem anderen Musikstil gespielt. Außerdem gibt es zwei Musicalnummern." Am "Krüppel von Inishmaan" arbeiten neun Schauspieler, acht Musiker und einige Helfer hinter den Kulissen auf die Aufführungen hin.

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