Demografie-Woche - Sozialdemokrat Franz Müntefering spricht in der Kulturscheune über das Miteinander der Generationen

"Baby-Boomer treiben Kosten hoch"

Von 
Benedikt Mandel
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Zum zweiten Mal in der Brundtlandstadt: Als SPD-Spitzenpolitiker besuchte Franz Müntefering 1990 die Baugenossenschaft, nun führte er in der Kulturscheune mit Viernheimern einen Zukunftsdialog.

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Viernheim. Kleiner, älter, bunter: Die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Bei der Auftaktveranstaltung der Demografie-Woche in der Metropolregion Rhein-Neckar empfing Viernheim prominenten Besuch in der Kulturscheune. Franz Müntefering, Sprecher der AG Demografischer Wandel in der SPD-Bundestagsfraktion, referierte und diskutierte mit Bürgern unter dem Motto "Zukunftsdialog: Miteinander der Generationen".

Die Entwicklung der Altersstruktur in Deutschland stellt die Sozialsysteme nach Ansicht des früheren SPD-Vorsitzenden vor schwerste Herausforderungen. Immer weniger Junge müssen die Altersbezüge von immer mehr Senioren finanzieren; ein schier unlösbarer Konflikt. Ob eine Region schrumpft oder wächst, hängt nach den Worten von Ralf Schlusche, dem Verbandsdirektor der Metropolregion, stark von Infrastruktur und anderen Standortfaktoren ab. Damit sei der demografische Wandel auch ein regionales Thema.

Starke Regionen gefordert

Heute schon starke Regionen wie Hamburg oder Rhein-Main-Neckar gilt es laut Müntefering weiterzuentwickeln. Nur so könnten sie den Erwartungen ihrer Einwohner gerecht werden und Zugezogene dauerhaft an sich binden. 35 Minuten Wegstrecke zu einem Arbeitsplatz seien die Bürger durchaus bereit, in Kauf zu nehmen, wenn sie dafür sichere Zukunftsperspektiven hätten. Geforderte Mobilität und gebotene Arbeitsplatzsicherheit hingen unmittelbar zusammen.

Die Gefahren des demografischen Wandels unterlegte Müntefering mit Fakten: Die Geburtenrate geht weiter zurück. Gleichzeitig geht es den Deutschen sehr gut, was allgemein den Hang zu mehr Kindern dämpfe. Spätestens 2030 stünden die Baby-Boomer der sechziger Jahre als Rentner und damit als Kostenfaktor da. Diese Rentner würden "länger gesund alt", so Franz Müntefering, und die Lebenserwartung steige weiter.

Der Sozialdemokrat befürchtet außerdem einen Fachkräftemangel, der auch durch Zuwanderung und mehr Frauen im Beruf nur teilweise auszugleichen sei. Die Rente mit 67 Jahren oder sogar später dürfe man deshalb nicht infrage stellen. Die Gesellschaft müsse lernen, den Stellenwert von Berufen neu zu ordnen, was letztlich zu dauerhaften Arbeitsverhältnissen und damit mehr persönlicher Sicherheit führe. Dies wiederum sei Voraussetzung zum Beispiel für eine Familiengründung, sagte Müntefering.

Heute leben in Deutschland rund 7000 Menschen, die mindestens 100 Jahre alt sind. 2030 werden es schätzungsweise zehnmal so viele sein. In deren Betreuung und Pflege steckt laut Müntefering eine gesellschaftliche Aufgabe, aber auch eine extreme Chance für den Arbeitsmarkt.

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