Viernheim. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin. Rund 70 Elftklässler der Alexander-von-Humboldt-Schule trafen sich auf dem Busparkplatz in der August-Bebel-Straße, um ihre fünftägige Reise in die Bundeshauptstadt anzutreten. In Begleitung ihrer Lehrer machten sie sich mit dem Doppeldeckerbus auf den Weg. Nach knappen neun Stunden Fahrt waren sie endlich an der Spree angekommen und konnten ihre Zimmer im Hotel in Lichtenberg beziehen. Die Studienfahrt diente in erster Linie der außerschulischen Bildung, und so begann der nächste Tag mit einer Stadtrundfahrt.
Mit einem privaten Stadtführer fuhren die Schüler auf ihrer Tour durch das jüdische Viertel, vorbei an den Hackeschen Höfen, dem bekanntesten Hofgeflecht Berlins, dann durch die Oranienburgerstraße, an der jüdischen Synagoge und der Museumsinsel vorbei. Höhepunkte der Tour waren der Blick auf das Wohnhaus der Bundeskanzlerin und das Schloss Bellevue.
"Schwerste Frau Berlins"
"Jetzt kommen wir gleich zur schwersten Frau Berlins", sagte der Stadtführer und meinte damit die Siegessäule, auf der die Viktoria thront, auch "Gold-Else" genannt, auf dem großen Stern in Mitte des Tiergartens. Die Tour endete nach dem Kreuzen des Checkpoints Charlies in der Friedrichstraße am Holocaust-Mahnmal, dem Denkmal für die ermordeten Juden in Europa.
Von dort aus ging die Gruppe zu Fuß zum Paul-Löbe-Haus, das sich nördlich vom Reichstagsgebäude befindet. Es beinhaltet Büroräume für 275 Abgeordnete - unter anderen auch das Büro von Michael Meister, dem CDU-Abgeordneten des Wahlkreises Bergstraße und Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers für Finanzen, mit dem sich die Schüler trafen. Bei einer Gesprächsrunde mit dem Bundestagsabgeordneten fragten die Schüler ihn nach seinem Arbeitsalltag und zu politischen Themen, die ihnen auf dem Herzen lagen.
Nach der Fragestunde machte sich die Gruppe auf den Weg zum Reichstagsgebäude. Der Parlamentsbau, der Mitte der 90er Jahre mit einer gläsernen Kuppel versehen wurde, gilt als Publikumsmagnet Berlins. Mit dem Fahrstuhl fuhren die Schüler auf das Dach, um den spiralförmig angelegten Weg bis in die Spitze der Kuppel begehen zu können. Der fantastische Ausblick, den man von diesem Punkt aus hatte, bot den perfekten Abschluss des gemeinsamen Tages.
Bei einem Museumsbesuch ging es um den parlamentarischen Alltag und die Geschichte des Parlamentarismus. Die Schüler wurden in Teams aufgeteilt, die sich im Zuge der Ausstellung jeweils über ein bestimmtes Thema informieren sollten. Darunter: die Grundrechte, unter welchen Bedingungen das Grundgesetz entstand, der eigene Wahlkreis, Mauerfall, die Verfassungsorgane, der Weg der Gesetzgebung und die Rolle des Bundesrats bei der Gesetzgebung. Jede Gruppe stellte anschließend ihre Ergebnisse vor. Dies geschah allerdings nicht auf die gewohnte Art, wie sie die Schüler aus der Schule kannten.
Es geschah mit dem Nachstellen einer Plenarsitzung in einem Nachbau des Plenarsaals. Vorn wurden Schüler und zwei der Lehrer platziert, die die Rollen "Bundestagspräsident/in" (zugleich Spielleiter), "Bundeskanzler/in" und die Rolle "Bundesratspräsident/in" übernahmen. Der Rest der Gruppe agierte als Bundestagsabgeordnete, und jeweils einer der Gruppen musste als Sprecher nach vorn um die Ergebnisse der Teamarbeit vorzustellen. "Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, das Ergebnis unseres Teams ist . . .", sagte dann der Sprecher, so wurden alle über jedes bearbeitete Thema informiert.
Die Rolle des Redners erforderte von den Schülern etwas Mut, doch letztlich wurden alle Präsentationen gemeistert, und die Gruppe machte sich auf den Weg in das jüdische Museum. "Wie gingen die Juden mit der Verfolgung zwischen 1933 bis 1945 um?" Gemeinsam gingen die Schüler in Begleitung eines Museumsmitarbeiters dem Thema auf den Grund. Schon die Architektur des Museums ist dem Thema gewidmet. Der Museumsführer erklärte der Gruppe, wie dieses etwas ungewöhnliche Bauwerk von Daniel Libeskind entstand. "Er nahm sich eine Karte von Berlin und verband alle wichtigen Orte, die etwas mit den Juden in Berlin zu tun hatten.
So entstand der Grundriss einer gezackten Linie, die von einer geraden Linie durchschnitten wird. Gemeinsam versuchte man, sich in die Lage der Juden hineinzuversetzen. Wichtig war es hierbei, nicht einfach nur Fakten und Jahresdaten an den Kopf geworfen zu bekommen, sondern sich selbst zu erschließen, wie die Situation gewesen sein muss und wie es sich für die Menschen angefühlt haben muss.
Zeitensprung in die DDR
Nachdem man sich mit dem Thema des Dritten Reichs und der Judenverfolgung auseinandergesetzt hatte, gab es zum nächsten Tag einen Zeitensprung in die DDR. Am letzten Tag stand nämlich der Besuch des Stasi-Gefängnisses auf dem Programm. Hier bekamen die Schüler in verschiedenen Gruppen zunächst eine Führung von Zeitzeugen, die Opfer der Stasi wurden.
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