Viernheim. . Nach zehn Jahren legt Ivo Hentschel, Dirigent des Singkreises St. Aposteln, seinen Taktstock nieder und tritt eine neue Stelle als Erster Kapellmeister am Theater in Hof an. Zum letzten Mal führte er seinen Chor in der Kulturscheune mit einer beeindruckenden Leistung durch ein anspruchsvolles und facettenreiches Programm.
"Mit einem lachenden und einem weinendem Auge" verabschiedete sich Raimund Käser stellvertretend für den ganzen Singkreis von Ivo Hentschel. Durch die intensiven Probearbeiten und Hentschels professionelles Engagement als Chorleiter ist der Singkreis sowohl musikalisch als auch personell stetig gewachsen und mittlerweile auch über die Grenzen Viernheims hinaus bekannt. Die Leistung des Laienchors kann durchaus mit ambitionierten Chören mithalten, und so war es kein Wunder, dass das Abschiedskonzert, gespickt mit musikalischen Raffinessen und höchst anspruchsvollen Werken, die Zuhörer in der Kultuscheune begeisterte.
Ohne Programmheft, dafür aber mit Ivo Hentschels informativ-launischen Anmerkungen zu Komponisten und Werken, startete der Singkreis St. Aposteln mit Giovanni Pergolesis "O sacrum convivium". "Ein Komponist aus Liechtenstein? Ja, es gibt einen", so Hentschel, der Josef Rheinbergers wahre Herkunft nannte und so den Psalmtext "Warum toben die Heiden" ankündigte.
Heinrich Kaminski verlangt in seinen Werken ein stimmlich wie auch atmosphärisch radikales Umschalten, sodass dem aufgeregten und lebendigen Anfang der choralähnliche Mittelteil und letztlich ein fanfarengleicher Schluss folgen. Dynamik und dichte Stimmführung bewies der Singkreis mit Franz Liszts "Ave Maria", das den Zuhörern Gänsehaut bescherte. Das breite Repertoire aus mehreren Musikepochen zeigt auch die musikalische Offenheit und Flexibilität des Singkreises. So ist die Interpretationsfähigkeit, stimmliche Ausgewogenheit wie auch ein runder Klang das Ergebnis gewissenhafter Zusammenarbeit mit Ivo Hentschel. Der Chor fügte Textbedeutung und Tonsetzung zu einer Gesamtheit. Neben der Kongruenz von Sprachinhalt und Harmonie sangen die Musiker auch schwierige chromatische Läufe mit Stimmkreuzungen sehr sauber.
Mit herzlichem Schlussbeifall dankte das Publikum für ein "Hautnahkonzert", bei dem es ungewöhnlich nahe an den Musikern sein durfte - im Gegensatz zu sonst üblichen Distanzen wie etwa in der Apostelkirche. Nach zehn Jahren intensiver Arbeit erreichte der Singkreis ein beachtliches Niveau und ist damit weit mehr als nur ein Laienchor.
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