viernheim. "Die Dame im Frack", so lautet der Titel des Programms, das die Schwetzinger Komikerin und Chansonnette Roswitha Goos am Donnerstagabend in der Viernheimer Kulturscheune zum Besten gab. Mit edlem Zwirn und weißen Handschuhen spielt sie den Mann der zwanziger Jahre.
Die Verallgemeinerung ist in diesem Fall angebracht: Ganz alleine, nur begleitet von Pianistin Stefanie Titus, schlüpft sie von einer Rolle in die nächste, gibt mal den Gigolo, mal den entzauberten Ehemann. Ein anderer Hut, ein anderer Mensch, so einfach geht das bei Roswitha Goos, die immer auf Deutsch und mit voller Hingabe singt.
Flirt mit den Gästen
Als "Veronika, der Lenz ist da" von den Comedian Harmonists erklingt, stimmt das Viernheimer Publikum begeistert mit ein in den Evergreen der zwanziger Jahre. Roswitha Goos lässt auch sonst keine Distanz zwischen sich und dem Publikum zu, flirtet immer wieder mit den Gästen, um dann von einer Sekunde auf die nächste ein Kurpfälzer Mädel zu sein, wie sich die Schwetzingerin selbst bezeichnet.
"Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt", singt sie dann im nächsten Moment und ist wieder mitten in den zwanziger Jahren, denen sie mit ihrem Programm eine humorvolle Liebeserklärung macht. Ist die Chansonnette im ersten Teil noch ganz der Mann, so wird aus ihr nach der Pause die Diva. In schwarz glitzernder Abendrobe, mit langen Spitzenhandschuhen und mit tiefroter Federboa bezirzt sie nun die Männer, derer drei den Weg in die Kulturscheune gefunden haben.
Eingeladen hatte schließlich die Frauenbeauftragte der Stadt Viernheim anlässlich des Weltfrauentages. "Denn die Frauen haben es schon schwer", findet auch die Diva angesichts der dürftigen Männerauswahl, die sie lautstark und erfrischend bissig kommentiert.
Kleine Anekdoten aus der Historie zu Frauenwahlrecht, Gleichberechtigung und Emanzipationsbewegungen der zwanziger Jahre beschreiben den schmalen Grat zwischen Mann und Frau, auf dem Roswitha Goos den Abend beschreitet. Claire Waldoffs "Raus mit den Männern aus dem Reichstag" und Hilde Hildebrands "Ich bin verflucht und zugenäht" singt die Komikerin mit besonderer Hingabe, in jedem Gesichtsausdruck lebt sie den Kampfgeist der Lieder.
Der ist auch in Sissi Kramers "Der Nowak lässt mich nicht verkomm" zu spüren. Weg von der ursprünglichen Epoche ist sie jetzt mitten in den Fünfzigern angekommen. Mit "Isch konn de Nowotnik net leide" lässt sie ihre kurpfälzische Abstammung durchblitzen. "Ihr Viernheimer versteht mich ja!", freut sich Goos über ihr Publikum. Mit Hildegard Knefs "Für mich solls Rote Rosen regnen" als Zugabe beschließt sie zusammen mit ihrer Pianistin Stefanie Titus den Abend in der Kulturscheune.
"Für Euch soll's rote Rosen regnen", wünscht die Diva den Zuhörern dann noch zum Abschied.
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