Schriesheim. Mit einer ungewöhnlichen Belohnungs-Aktion will das Waldschwimmbad Schriesheim dringend benötigte Ehrenamtliche für die anfallenden Arbeiten gewinnen. Wer mitmacht, dem wird für die Saison eine der Umkleidekabinen kostenlos zur Verfügung gestellt. Etwa drei Quadratmeter Fläche hat so ein Abteil, und wer es nutzen darf, hat Vorteile: Man muss nicht warten, bis die öffentliche Umkleide frei wird, kann Sonnenschirm, Liege und Kinderspielsachen in dem Mini-Raum „parken“ und sogar Badesachen dort trocknen - bis zum nächsten Besuch. „Man hat einfach keinen Stress“, sagt Kim Koschorreck vom Verein „Interessengemeinschaft Erhaltung und Betreibung Waldschwimmbad“ (IEWS). „Man geht ins Schwimmbad so wie man ist, und wenn man vom Arbeiten kommt und nichts dabei hat: Draußen im Schwimmbad wartet der Kram.“
Ältere sind aufgerufen, ihre Kabinen nicht zu „vererben“
Fürs Erste sind acht Kabinen im Angebot, insgesamt werden 33 „privat“ genutzt. Einige stehen den Vorstandsmitgliedern zur Verfügung, andere sind für 50 Euro vermietet oder wurden vor Jahren zum Dank für Arbeitseinsätze kostenlos an Ehrenamtliche vergeben. Für sie und die Mieter ändere sich vorerst nichts, so Koschorreck, stellvertretender IEWS-Vorsitzender. Allerdings: Neue Mietverhältnisse soll es nicht mehr geben, und die älteren Ehrenamtlichen sind gebeten, ihre Kabinen nicht zu „vererben“, sondern zurückzugeben, wenn sie sie nicht mehr nutzen. Den Mietern steht 2025 zudem eine Erhöhung bevor.
Wer sich künftig für eine Saison-Kabine interessiert, sollte bereit sein, pro Jahr 40 Stunden seiner Freizeit in das Bad zu investieren. Bei denen, die den Zuschlag erhalten, geht der Verein in Vorleistung: Sie bekommen kostenlos ein Abteil - und erhalten zugleich eine Übersicht über diverse Arbeiten, die sie sich aussuchen können. Jede Tätigkeit ist mit einer Punktezahl verbunden, je nach Aufwand ist sie höher oder niedriger.
So gibt es etwa für das Schneiden einer Hecke am Becken acht Punkte, ebenso für das Streichen einer Wand im Eingangsbereich. Wer ein Beet die Saison über pflegt, „so dass es nach etwas aussieht“, bekommt 30 Punkte. Manche Aufgaben kann man sich teilen. Insgesamt braucht man 40 Punkte, „um für ein Jahr eine Kabine sein Eigen nennen zu können“. Am Ende des Jahres ist das Recht an der Kabine „verwirkt“, es muss im Jahr darauf mit 40 Punkten neu „verdient“ werden. Wer seine Aufgaben vernachlässigt, ist im nächsten Jahr raus aus dem Spiel.
So läuft es bei anderen Vereinen
- Wie klappt es mit der Mobilisierung von Helfern in anderen Bädern, die von einem Verein geleitet werden? Das Schlossfreibad Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg) habe damit keine Probleme, sagt Co-Vorstand Axel Griesbaum auf Anfrage. Es sei „hipp“, bei den vier jährlichen „Helfertagen“ mitzuarbeiten, bei denen die 40 Teilnehmer auch gemeinsam essen. „Wichtig ist, dass ich jeden anrufe, ich mache keine Mails“, so Griesbaum. Am Anfang und Ende der Saison gibt es aufwändige „Helferfeste“. Motiv für den Einsatz sei aber das Bad. „Wegen dem Essen helfen die nicht, die helfen der Sache wegen.“
- Olaf Schellenberger vom Trägerverein des Freibads Ainhofen (Kreis Dachau) kennt das „Problem“, genügend Helfer zu bekommen. Eine Kabine als Belohnung sei eine Möglichkeit, „aber wir haben solche Kabinen nicht“. Er ruft per Mail zur Teilnahme an Einsätzen auf, dort gibt es Essen und Trinken. Und es kämen Helfer, denn: „Die Leute lieben ja auch ihr Freibad“.
Für viele Ehrenamtliche Arbeit nicht mehr möglich
Anfang der 1990er Jahre, als das damals städtisch geführte Bad wegen Sanierungsbedarfs länger geschlossen wurde und aus der Not die IEWS entstand, hätten sich viele engagiert, um das Bad zu erhalten, so Koschorreck. Für viele dieser Ehrenamtlichen sei körperliche Arbeit heute wegen des Alters schwierig, „und die Jugend rückt halt nicht nach“. Man habe damit das gleiche Problem wie jeder Verein, ergänzt der 36-Jährige - und betont die Bedeutung des Ehrenamts für die Gesellschaft. Viele übersähen, was ohne Ehrenamt alles „nicht mehr laufen würde“. Aber es gebe nicht mehr genug „helfende Hände“.
Dabei liege so viel Arbeit an, „wir wissen nicht, wie wir es machen sollen“. Die Palette reiche von der Grünschnitt-Arbeit über das Streichen von Paneelen im Eingangsbereich bis zum Rechen des Volleyballplatzes. Auch die Kabinen, mit den öffentlich genutzten sind es 40, sollen möglichst bis zum Start am 1. Mai renoviert werden.
Mancher Verein bestrafe Mitglieder, wenn sie nicht zu Arbeitseinsätzen kämen, doch davon halte die mehr als 6000 Mitglieder zählende IEWS nichts. „Wir setzen da eher auf den Belohnungsgedanken“, sagt Koschorreck. Er betont den Anspruch des Vereins, ein sauberes und attraktives Bad zu haben, das die Menschen gern besuchen. Dass mit dem Punktesystem auch der Leistungsgedanke Einzug hält, sei klar. Aber anders funktioniere es eben nicht mehr.
Feedback zur Aktion bislang „durch die Bank gut“
Ob ein solches Belohnungskonzept auch in anderen Vereinen eine Rolle spielt, weiß der 36-Jährige nach eigenen Angaben nicht. „So ein bisschen“ sei die Ende Februar öffentlich gemachte Aktion seine Idee gewesen, und das Feedback sei „bisher durch die Bank gut“. Es gebe schon fünf, sechs Anfragen für die Kabinen, und auch viele Vereinsvorsitzende seien „von der Idee begeistert“.
Und vielleicht reichten die acht Kabinen auch aus, um den Arbeitsbedarf zu decken. Vielleicht brauche man aber noch mehr Ehrenamtliche. Das aber sei „Zukunftsmusik“ und werde „frühestens in zwei Jahren spruchreif“.
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