Schriesheim - "MM"-Gespräch mit Dr. Wolfgang Metzger, Stadtrat der Freien Wähler und Direktor des Sigmund-Gymnasiums

"Mehr politische Sensibilität gefragt"

Von 
Linda Wallitzer
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Dr. Metzger ist Stadt- und Kreisrat sowie Direktor des privaten Heinrich-Sigmund-Gymnasiums Schriesheim.

© Schwetasch

In der jüngsten Jahreshauptversammlung hat Kreis- und Stadtrat Dr. Wolfgang Metzger die schulpolitische Position der Freien Wähler in Schriesheim dargestellt (wir haben berichtet). Der "MM" fragte nach.

In der Versammlung haben Sie gesagt, die Freien Wähler stünden der Gemeinschaftsschule bislang skeptisch gegenüber. Warum?

Dr. Wolfgang Metzger: Die neue Schulart wird zu schnell eingeführt; dabei haben sich gravierende handwerkliche Fehler eingeschlichen. Wenn dann auch noch die Sekundarstufe II mit dem Ausbildungsweg zum Abitur an den Gemeinschaftsschulen eingeführt wird, dann entsteht eine Konkurrenz zu den vorhandenen Bildungseinrichtungen wie den allgemeinbildenden, den berufsbildenden und den Technischen Gymnasien. Darüber hat sich noch keiner Gedanken gemacht.

Erschwerend kommt hinzu, dass die etwa 120 Gemeinschaftsschulen gute Bedingungen vorfinden, das bisherige, sogenannte dreigliedrige Schulsystem mit Realschule und Gymnasium, das in Baden-Württemberg bis jetzt auf hohem Niveau gearbeitet hat, jedoch gelinde gesagt nicht mehr so stark gefördert wird.

Noch schlimmer: Durch das Streichkonzert liegt die Qualität von Realschule und Gymnasium auf Grund der Sparmaßnahmen im Argen. Zudem ist vorgesehen, 8000 Wochenstunden an Entlastungsstunden zu streichen, bei der Hausaufgabenbetreuung alleine 1600. Darüber muss geredet werden.

Was sind die Folgen, wenn das dreigliedrige Schulsystem mit verschlechterten Rahmenbedingungen zu rechnen hat?

Metzger: Angesichts der Sparmaßnahmen bei staatlichen Gymnasien wie etwa der noch nicht realisierten Senkung der Klassengröße unter 32 Schüler oder der Tatsache, dass Einrichtungen wie die Mittagspausen-Betreuung oder die Schülermitverwaltung nicht mehr mitgetragen werden, werden gerade diejenigen Dinge, die eine Schule "liebenswert" machen, eingeschränkt. Dazu kommt die vorhandene Bugwelle von Überstunden im Schulbetrieb.

Nicht anerkannt werden auch die zusätzlichen Aufgaben der Lehrerschaft in sensiblen Bereichen wie der Gewalt- und Suchtprävention. Die Lehrer haben das Gefühl, dass sie keine Anerkennung für diese zusätzlichen Aufgaben erhalten. Welche Auswirkungen die dramatischen Kürzungen im Bereich der sogenannten Entlastungsstunden, in die auch die Organisation von Wettbewerben wie "Jugend forscht", "Jugend trainiert für Olympia" oder "Jugend musiziert" fällt, bleibt abzuwarten. Die Verantwortlichen sind sich der Sensibilität dieser Streichungen offenbar nicht bewusst.

Ihr Ratschlag?

Metzger: Ein positives Signal der Landesregierung wäre das Umsetzen des Vorschlages der Fraktionsvorsitzenden der Landtags-Grünen, die zeitliche Verschiebung für die Beamtenbesoldung auf die automatisch am 1. Juli steigenden Diäten der Landtagsabgeordneten zu übertragen. Das wäre ein Schritt in Richtung mehr Anerkennung für Lehrer.

Freie Autorin

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