Nach wochenlanger heftiger Diskussion hat das Projekt Bestattungswald in Schriesheim gestern Abend eine erste wichtige Hürde genommen: Mit breiter Mehrheit stimmte der Gemeinderat dem Antrag der Verwaltung zu, mit einem Boden- und einem Wirtschaftlichkeitsgutachten die Machbarkeit einer solchen Einrichtung konkret prüfen zu lassen. Lediglich die Freien Wähler und ein CDU-Stadtrat votierten dagegen.
Die Initiative zu einem Bestattungswald in Schriesheim hatte im vergangenen Jahr die Grüne Liste unternommen. Bei der ersten Beratung im Gemeinderat im November hatte die Verwaltung Ablehnung empfohlen. Mit großer Mehrheit lehnte das Gremium diesen Wunsch damals jedoch ab und verlangte zuvor entscheidungsfähige Daten. Diese sollen nun gewonnen werden.
Gebühren werden hoch sein
So soll im Bodengutachten geprüft werden, ob das für den Bestattungswald vorgesehene Gewann "Wäldchen" zwischen Altenbach und Wilhelmsfeld die notwendige Bodentiefe von 50 Zentimetern aufweist. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung soll die finanziellen Fragen klären. "Die Gebühren im Bestattungswald werden mit Sicherheit höher sein als auf dem Friedhof", machte Bürgermeister Höfer aber bereits gestern deutlich. Schon heute betrage der Kostendeckungsgrad lediglich 60 Prozent.
"Auch wir wollen nicht, dass der Bestattungswald die Stadt zusätzlich etwas kostet", meinte Grünen-Fraktionschef Christian Wolf: "Nach unserer Ansicht wird dies aber auch nicht der Fall sein." Er zeigte sich überzeugt, dass das angedachte Gelände mit seiner Infrastruktur (Parkplätze etc.) sehr gut geeignet ist.
Einige der von Freie-Wähler-Fraktionschef Heinz Kimmel öffentlich vorgetragenen Einwände wie die unzureichende Nahverkehrsanbindung oder Einschränkungen für Spaziergänger nannte Wolf "Unsinn", wofür er sich eine Rüge von Höfer einfing: "Das Wort Unsinn sollte in der Diskussion zwischen uns hier verzichtbar sein", so Höfer.
"Das Thema wurde in den letzten Wochen emotional und kontrovers diskutiert", bekannte denn auch der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Daniel Schneegaß: "Auch in unserer Fraktion", wie er bekannte. Die Mehrheit der Fraktion erkenne jedoch an, dass sich in Bezug auf Bestattungen "Ansprüche und Bedarf geändert haben". Zudem warnte er davor, Bestattungswald gegen Friedhof auszuspielen.
Freie Wähler strikt dagegen
Das ging gegen die Freien Wähler. Deren Fraktionschef Heinz Kimmel lehnte den Bestattungswald erneut grundsätzlich ab. Beisetzungen dort gingen zu Lasten der konventionellen Friedhöfe in Schriesheim, aber auch in der Region und vergrößerten dort das bereits bestehende Defizit.
Und dies, wo die Unterhaltungs- und Personalkosten für einen Bestattungswald weit höher ausfielen als bei konventionellen Friedhöfen. Das geplante Grundstück wiederum sei völlig ungeeignet weil unwegsam: "Und das von einer Fraktion, die unablässig Barrierefreiheit propagiert", kritisierte Kimmel.
Da seine Fraktion sowohl Bestattungswälder generell als auch den konkreten Standort ablehne, "gibt es für uns auch keinen Grund, Prüfungsgutachten zuzustimmen."
Persönliche Erklärung Kimmels
In einer persönlichen Erklärung verwahrte sich Kimmel entschieden gegen den Vorwurf, als selbstständiger Gärtnermeister Bestattungswälder abzulehnen und stattdessen Baumbestattungen auf dem Friedhof zu befürworten: "Diese Kritiker sollten wissen, dass es auch bei Baumbestattungen überhaupt gar keinen Blumenschmuck gibt."
"Bei Bestattungen gibt es nicht richtig oder falsch, sondern nur hilfreich und tröstend oder nicht", formulierte SPD-Ortsvereinschef Sebastian Cuny in einem sehr nachdenklichen Wortbeitrag: "Wir sollten jede Form der Bestattung zulassen, sofern sie gesetzlich möglich, ethisch vertretbar und finanziell machbar ist." Das geplante Grundstück sei dafür ein "schöner Ort".
"Im Grunde geht es doch um die Frage: rechnet sich's", meinte FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger. Insofern sei er trotz der Kosten von 16 000 Euro für die Gutachten, auch wenn die FDP die inflationäre Beauftragung von Gutachten ablehne.
Bei der Schlussabstimmung votierten lediglich die Freien Wähler und der Altenbacher CDU-Stadtrat Karl Reidinger gegen die Vorlage der Verwaltung (weiterer Bericht folgt).
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/schriesheim_artikel,-schriesheim-engagierte-debatte-ueber-die-letzte-ruhe-_arid,893399.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/schriesheim.html