Klimawandel

Wie Mannheim den Wald für die Zukunft fit machen will

Heiße Tage und wenig Niederschlag - der Zustand des Waldes ist schlecht, auch in Mannheim. Wie das Forstamt versucht, den Dossenwald und den Käfertaler Wald fit den Klimawandel zu machen

Von 
Eva Baumgartner
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Auf Initiative des Bezirksbeirates Waldhof radelten die Förster Norbert Krotz (v.l., Revier Dossenwald und Waldpark) und Marko Kratz (Mitte, Revier Käfertaler Wald) mit Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell (rechts), Gemeinderäten und weiteren rund 40 Teilnehmern kürzlich zu den Aufforstungsflächen des Stadtwaldes. © Stadt Mannheim.

Viele sehr heiße Tage, nährstoffarme Sandböden, Käfer, Krankheiten oder die Ausbreitung von Neophyten, die heimische Bäume verdrängen: Der Zustand des Mannheimer Waldes ist gravierend. Förster Norbert Krotz berichtete den Waldhöfer Bezirksbeiräten, dass vor allem Kiefern und Buchen im Mannheimer Stadtwald seit 2018 stark leiden.

„Die sehr heißen Tage im Sommer haben deutlich zugenommen, zudem ist der Niederschlag gering - vor allem in der Vegetationszeit“, berichtete Krotz. „Viele Bäume sind deutlich sichtbar abgestorben, auch die Linden. Und wenn sie nicht abgestorben sind, dann sind sie zumindest stark geschwächt.“ Den Kiefern mache zudem ein wärmeliebender Pilz namens Diplodia pinea zu schaffen, der selbst gut benadelte Exemplare innerhalb weniger Wochen absterben lassen könne.

Sorgen bereiten dem Forstamt auch die Neophyten, also gebietsfremde Pflanzen wie die Spätblühende Traubenkirsche, der Eschen-Ahorn oder Götterbaum: „Sie breiten sich aus und haben mit den hohen Temperaturen keine Schwierigkeiten“, so Krotz. Die sogenannte Naturverjüngung, also die Nachkommen der bestehenden Bäume, hätten in Bereichen mit Neophyten kaum eine Chance.

Um einen gesunden Stadtwald zu erreichen, gebe es keine Patentlösung, sondern mehrere Ansätze: „Wir arbeiten intensiv mit anderen Forschungseinrichtungen zusammen, denn nicht nur Mannheim hat das Problem.“ Es gelte, widerstandfähige Bäume zu erhalten: „Denn nur vitale Bäume haben eine Chance, den Problemen zu trotzen.“ Neben der Naturverjüngung soll vor allem der Waldumbau durch Aufforstung helfen: Im Forsteinrichtungswerk, das der Gemeinderat 2020 beschlossen hat, ist festgelegt, dass bis 2029 jährlich sechs Hektar Fläche klimaresilient zu Laub-Mischwäldern aufgeforstet werden müssen: „Das ist eine Herausforderung, das sind acht Fußballfelder, bislang war es ein halbes Feld pro Jahr.“

Schwerpunkt bei der Aufforstung seien heimische Baumarten wie Traubeneiche, Stieleiche, Esskastanie, Kirsche, Spitz- und Feldahorn oder Birke: „Wir gehen davon aus, dass sie mit den klimatischen Bedingungen zurechtkommen“, so Krotz. Diese Arten sollen durch mediterrane Exemplare ergänzt werden, dazu zählen Flaumeiche, Zerreiche oder die Ungarische Eiche: „Sie kommen aus dem Mittelmeer-Bereich. Und Klimaforscher sagen für Mannheim im Jahr 2050 ein Klima wie derzeit in Mailand voraus“, erklärte Krotz.

Im Dossenwald gebe es bereits ein Feld, das vor rund 25 Jahren mit neuen Arten bepflanzt worden sei: „Die Bäume sind im Schnitt zwei Meter hoch, das macht eine Kirsche oder Esskastanie in zwei Jahren“, so Krotz. Es gebe also eine lange Pflegephase, bis die Bäume aus dem Gröbsten raus sind, zudem wisse man noch nicht, welche Schädlinge möglicherweise noch entstehen. „Aber wenn wir nichts tun, würde unser Kiefernwald absterben und die Neophyten alles übernehmen.“

Im Käfertaler Wald wurden zuletzt sechs Teilflächen bepflanzt - mit voneinander getrennten Baum-Gruppen. „Wir haben die Flächen ausgewählt, auf denen schon viele Kiefern abgestorben sind und keine Naturverjüngung zu erwarten ist, weil die Spätblühende Traubenkirsche schon da ist“, berichtete Krotz. Die abgestorbenen Kiefern seien gefällt, dann die Neophyten mit Wurzeln herausgezogen worden. Die Areale wurden eingezäunt, um das Wild auszusperren: „Dadurch ist das Leben der Bäume explodiert. Ich habe meinen Augen nicht getraut, so schnell hat die Naturverjüngung eingesetzt“, freute sich der Revierleiter.

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Totholzhaufen als Lebensraum

Zusätzlich wurden Totholzhaufen angelegt, um Raum für viele Lebewesen zu schaffen. Die offenen Böden seien für Kiefern, Eichen und Buchen wichtig, zudem werde die Eiablage von Maikäfern so erschwert: „Weibchen legen ihre Eier da ab, wo es eine geschlossene Bodenvegetation gibt“, sagte Krotz. Als Pflanzzeit favorisiert Mannheim November bis April: „So können die Pflanzen genügend Wurzeln austreiben, bis es warm wird.“ Probleme bereitet dem Forstamt die Arbeit mit den Ausschreibungen: „Das ist komplex und aufwendig neben unseren ganzen anderen Aufgaben. Dafür brauchen wir fachliche Unterstützung, und über das normale Forstbudget ist das auch nicht leistbar“, erklärte Krotz.

Abwägung von Geld und Risiko

Bezirksbeirat Gerald Unger (Linke) erkundigte sich, ob die Stadt beeinflussen könne, was mit den Waldflächen der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau und des Staatswaldes im Norden Mannheims passiert. Krotz: „Da haben wir vom Eigenbetrieb keine Möglichkeit, höchstens das Forstamt, das die Hoheit über den Wald in Mannheim hat. Aber der Eigentümer darf selbst bestimmen, was er macht, und da gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen.“

Benjamin Herrmann (SPD) fragte nach, ob sechs Hektar als Aufforstungsfläche ausreichen: „Das ist eine Abwägung von Geld und Risiko, 2029 kann man schauen, ob es auch zehn Hektar sein können, aber schon bei sechs brauchen wir Unterstützung“, so Krotz. Die Arbeit der kommenden Jahre bezeichnete er als „herausfordernde Daueraufgabe“: „Denn niemand weiß, was die Zukunft bringt.“ Die sechs Hektar sind gerade mal ein halbes Prozent der gesamten Stadtwald-Fläche.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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