Kirschgartshausen

Wie geht es mit dem Mannheimer Hofgut Kirschgartshausen weiter?

Industriekleber auf dem Boden, kaputte Fensterscheiben, gelagerte Chemikalien: Wie geht es mit dem Mannheimer Hofgut Kirschgartshausen weiter? Ein Verein hat Ideen - aber für einige sind die Hürden wohl zu hoch

Von 
Eva Baumgartner
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In Haus Nummer 11, der Villa, hatten die Mitglieder des Bonhoeffer-Vereins und ehrenamtliche Helfer viel zu tun: Der Boden war mit Industriekleber bedeckt. © Michael Ruffler

Wie geht es im Hofgut Kirschgartshausen voran? Das wollten die Bezirksbeiräte in Sandhofen bei ihrer jüngsten Sitzung in der SKV-Halle wissen. Der Dietrich-Bonhoeffer-Verein für christliche Pädagogik Mannheim hat inzwischen große Teile des jahrzehntelang ungenutzten Areals im nördlichsten Stadtteil Mannheims vom Land übernommen und mit der Sanierung begonnen. Er möchte dort einen Bildungsort schaffen, der auch Antisemitismus-Begegnungsstätte sein soll.

„Nicht alle Städte haben ein solches Kleinod“, erklärte Vorstandsmitglied Daniel Ehmer. Er bezeichnete die Aufgabe seines Vereins als „Herzensangelegenheit“. Bis Ende 2024 habe der Verein die volle Nutzung des Areals geplant, auf das auch eine private Grundschule einziehen soll. „Dächer und Fassaden müssen dringend saniert werden, sonst geht alles kaputt“, erklärte Ehmer den Beiräten und Bürgern.

Die Villa, Haus Nummer 11, will der Verein zu einer internationalen Antisemitismus-Begegnungsstätte ausbauen. Hier sollen Verwaltung und Workshop-Räume einziehen: „Auch Gruppen sollen diesen Bereich nutzen können.“ Die Entrümpelung sei aufwendig gewesen, zudem sei der Boden mit Industriekleber bedeckt gewesen, den die Mitglieder und Helfer „zentimeterweise“ entfernt hätten. Ein Raum der Stille ist hier ebenfalls vorgesehen. Die Villa und Haus Nummer 16 habe der Verein aus Vereinsmitteln instandgesetzt: „Hier fault die Decke durch, wir brauchen dringend eine Baugenehmigung.“ Haus 1 bis 4 sollen für den Schulbetrieb umgebaut werden. Vier Klassen sollen dort bis 2023 einziehen. Der Verein habe sich auch bemüht, Geflüchtete dort aufzunehmen: „Doch wir haben zweimal einen ablehnenden Bescheid von der Stadt Mannheim erhalten“, so Ehmer.

Haus Nummer 4, das Wiegehäuschen, sei ein besonders geschütztes Denkmal: „Allerdings wurden hier Chemikalien gelagert, hier sind alle Scheiben kaputt und wir machen uns Sorgen um den Winter.“ Das Wiegehäuschen ist vom Verein als Erweiterung der Schule geplant, hier sollen Lehrerzimmer, Sekretariat und Küche einziehen. In Haus Nummer 15 wollte der Verein temporär ukrainische Geflüchtete unterbringen: „Wir haben alles saniert, Zehntausende Euro sind geflossen, doch es gab keine Freigabe von der Stadt, aber enorme Hilfsbereitschaft.“ In Haus 17 ist derzeit noch ein Antikhandel untergebracht, die Kündigung erfolge 2022: „Hier können Sprachförderklassen einziehen.“ Um die zentrale Nutzung als Bildungs-und Begegnungsstätte zu erreichen hoffe man nun auf eine Genehmigung der Stadt: „Der Bauantrag ist gestellt“, so Vorstandsmitglied Ehmer.

Falsche Gebäudeklasse

Mathias Rihm vom städtischen Fachbereich Baurecht, Bauverwaltung und Denkmalschutz bestätigte, dass zwei Anträge vorliegen – für Schule und Flüchtlingsheim: „Für die Nutzung von Flüchtlingen war aber der Brandschutz nicht gegeben, deswegen konnten wir es nicht freigeben. Wir können nicht einfach eine Nutzung freigeben, die nicht im Baugesetzbuch steht.“ Der Antrag für das Flüchtlingswohnheim sei zudem als Gebäudeklasse 1 eingereicht worden: „Das ist aber Gebäudeklasse 3, da ist eine Umarbeitung nötig“, so Rihm. Recht und Gesetz müssten hier eingehalten werden: „Wir sind auch für Wohnraum für Flüchtlinge, aber nicht unter diesen Bedingungen“, so Rihm.

Sitzungsleiter und Bürgermeister Christian Specht erklärte, dass bei der Unterbringung von Geflüchteten oder Kindern nicht über Brandschutz diskutiert werden dürfe: „Und es gibt keinen Siedlungskörper, der weiter von einer Feuerwache in Mannheim entfernt ist als das Hofgut.“ Die Stadt wolle unterstützen, aber es liege auch am Planenden, richtig zu wählen.

Was ist mit dem Vormieter?

Bezirksbeirat Hubert Becker (SPD) erklärte, dass eine Unterstützung der Stadt hier wünschenswert wäre. Er fragte zudem, ob man den Vormieter wegen der erheblichen Schäden zur Rechenschaft ziehen könne. „Das ist nicht möglich“, erklärte Johann-Christoph Woltag von Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Bezirksbeirat Wilken Mampel sagte: „Es stößt komisch auf, dass der Bonhoeffer-Verein mit einem Konzept ans Land tritt, den Zuschlag erhält und nun die Landesverordnung im Wege steht.“ Specht reagierte: „Jeder Bauherr mit Architekt sollte die Verordnung im Kopf haben, gerade bei der Komplexität, das hat nichts mit der Landesverordnung zu tun.“ Woltag berichtete, dass die baurechtliche Nutzung damals nicht geklärt worden sei. „Ich hoffe, dass beide Partner zueinanderfinden und alles zum Erfolg führt“, so Christian Specht.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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