Sandhofen

Wie ein Chor in Mannheim-Sandhofen gerettet wurde

Der Sängerbund Sängerlust in Sandhofen stand vor einigen Jahren vor dem Aus. Wer den 1886 gegründeten Chor gerettet hat und wie die Situation heute aussieht

Von 
Eva Baumgartner
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Gruppenfoto: Die aktiven Sängerinnen und Sänger mit der Zweiten Vorsitzenden Silvia Freitag (2.v.l.), ihrem Vorgänger Fritz Hildenbrand (4.v.l.), dem Vorsitzenden Hubert Becker (6.v.r.) und Chorleiter Markus Schnell (r.). © Eva Baumgartner

Bei den Proben des Sängerbunds Sängerlust im SKV-Clubhaus in Sandhofen sind die Frauen eindeutig in der Überzahl: „Dabei waren wir ursprünglich ein reiner Männerchor“, weiß Hubert Becker. Denn der 1886 gegründete Gesangverein setzte sich 100 Jahre lang ausschließlich aus Männern zusammen: „Erst zum 100-Jährigen haben wir einen gemischten und einen Frauenchor gegründet“, erinnert sich Becker.

Damals, zum runden Geburtstag, hatte der Verein noch 50 Aktive, die regelmäßig an Wertungssingen teilnahmen. „Das haben wir mangels Masse inzwischen aber aufgegeben“, sagt Becker, der dem Verein seit 1964 angehört und seit 37 Jahren Vorsitzender ist. Keine Frage: Die Zeiten für Chöre – ebenso wie für viele andere Vereine – sind härter geworden, und der Nachwuchs fehlt.

Chorleiter ist seit acht Jahren Markus Schnell. Der musikalische Leiter der Rheinauer Seebären ist in mehreren Chören aktiv. Und er war es auch, der die Sandhofener gerettet hat. Denn als der Sängerbund Sängerlust plötzlich ohne Leitung war zögerte er nicht lange: „Damals war die Frage: Wenn sich niemand findet, ist der Verein tot. Und als Sandhofener hält man zusammen“, sagt er augenzwinkernd – er kommt selbst aus dem Mannheimer Norden. Der Verein habe schließlich so eine lange Tradition: „Aber es ist wirklich schade, alle Chöre haben ein Nachwuchsproblem, und wer weiß, wie es in 20 Jahren aussieht.“

Die Lust am Singen lässt sich die Gruppe jedoch keinesfalls nehmen: Jeden Dienstagabend treffen sich die derzeit 18 Aktiven im SKV-Clubhaus. „Wir wünschen uns dennoch, dass mehr Leute nachkommen. Und eine Altersbeschränkung gibt es bei uns nicht“, sagt Becker. Auch das Repertoire ist bunt gemischt: Neben Mannheimer Liedern oder Schlagern stehen auch afrikanische Stücke oder Spirituals auf den Notenblättern. „Die Sängerinnen und Sänger hier dürfen Wünsche äußern“, sagt die frisch gewählte zweite Vorsitzende, Silvia Freitag. Und fügt hinzu: „Musik hält fit.“ Die Lampertheimerin kommt ursprünglich aus Sandhofen und ist seit fünf Jahren dabei: „Ich kam damals aus dem Berufsleben und wollte etwas machen, das mir gefällt.“ „Hier darf jeder mitbestimmen“, ergänzt ihr Vorgänger im Amt, Fritz Hildenbrand, der selbst 30 Jahre im Vorstand war und dem Verein seit 1966 angehört.

Freundschaften entstanden

Mit Becker erinnert sich Hildenbrand noch an eine Chorreise ins heutige Tschechien: „Das war 1968, die Grenzen waren noch geschlossen, und wir waren der erste Gesangverein aus Westdeutschland, der ein Konzert dort gemacht hat“, so Becker. Dort seien viele Freundschaften entstanden. Ebenso bei den Wertungssingen: „Da haben die Jungs ihre Mädchen kennengelernt“, lacht Becker.

Im Sandhofener SKV-Heim startet die Probe im Stehen. Markus Schnell begleitet viele Stücke mit Klavier oder Akkordeon, spielt auch Saxofon. Seine Proben stehen nicht selten unter dem Motto: „Lachen ist gut für das Zwerchfell“ – und er macht dementsprechend viele Witze zwischendurch. Mit „Oh, Monnem is schää“ beginnen die Sängerinnen und Sänger diesen Abend. Und bei Sierra Madre beweist die Gruppe, dass sie prima mehrstimmig singen kann. Als der Endton sitzt und den Anfangston trifft, freut sich Schnell: „Das war eine Punktlandung.“ Nach dem afrikanischen Stück Sanna Sannanina folgt noch die Südliche Sommernacht – eine bunte Mischung, die allen Spaß macht. „Es ist uns wichtig, dass die älteren Menschen hier einen Treffpunkt haben, zudem ist Singen gesund und hier ist keiner einsam“, sagt Becker. Wie wichtig den Menschen die Treffen sind, habe sich vor allem nach dem Ende der Corona-Regeln gezeigt: „Es sind alle wiedergekommen“, sagt Silvia Freitag.

Eigene Vereinszeitung

Geselligkeit wird bei der Gruppe groß geschrieben. Nach der Singstunde sitzen die meisten noch beisammen. Die Sängerinnen und Sängerinnen sind auch außerhalb der Singstunde aktiv, organisieren Feste oder Ausflüge und haben unlängst sogar eine Kegelrunde gegründet. Auch für dieses Jahr stehen einige Termine fest, wie das Spätsommerfest am Freitag, 8. September, ab 16 Uhr im Biergarten des SKV. Es spielen „Die Zwee“ mit Horst Karcher und Edde. Zudem steht am 30. September ein Familienausflug nach Cochem auf dem Plan.

„Wir geben in halbjährlichem Rhythmus auch eine Vereinszeitung heraus, die Tonleiter“, sagt Becker. Dass die Aktiven nicht mehr die Allerjüngsten sind, stört hier keinen: „Am Bazar haben wir bewiesen, dass wir es noch können“, lacht Hubert Becker. „Die Leute waren begeistert, haben mitgesungen.“ Musikalischer Zuwachs ist jeden Dienstag um 18 Uhr willkommen. Treffpunkt ist im SKV-Clubhaus in der Gaswerkstraße 23. Informationen gibt es bei Hubert Becker (Telefon: 0176/61419782 oder Mail: hubertbecker1@gmx.de).

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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