Pfingstberg

Wie die Bluesanovas in Mannheim Gäste von den Stühlen reißen

Die Band The Bluesanovas ist nicht nur in Deutschland erfolgreich, sondern war auch schon in Memphis, Tennessee, zu hören. Was die Combo aus Münster mit Elvis Presley und Johnny Cash gemeinsam hat

Von 
Christian Hoffmann
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Haben den Blues: Pianist Nico Dreier (v.l.), Schlagzeuger Philipp Dreier, Sänger Melvin Schulz, Gitarrist Filipe de la Torre und Kontrabassist Moritz O’Swald. © Christian Hoffmann

Während draußen vom Himmel feine Schneeflöckchen rieselten und den Schulhof weiß eindeckten, erzeugte die fünfköpfige Blues-Rock-Band The Bluesanovas in der roten Mensa der Pfingstbergschule mit ihrer ausufernden Spielfreude texanische Hitze. „Es ist das erste Mal, dass wir in Mannheim spielen. Sie sind die Versuchskaninchen, ob wir die Stadt gut finden und wiederkommen“, scherzte Sänger Melvin Schulz. Vor 160 Besuchern brachte das spielwütige Quintett im Rahmen der Konzertreihe Pfingstberg-Blues mitreißende Songs zu Gehör wie „Baby I’m Gone“, „Rollin’ Thunder“, „Skinny Honey“ und „Misery Woman“, wofür die Combo aus Münster euphorische Standing Ovations entgegennahm. Die Besucher hielt es nicht auf den Stühlen.

Glamourös mit Sonnenbrille

Als die Bluesanovas die Bühne betraten, trugen Schlagzeuger Philipp Dreier und Gitarrist Filipe de la Torre dunkle Sonnenbrillen, ganz mondän wie glamouröse Rockstars. Ob man mit einer Sonnenbrille in einem geschlossenen Raum noch etwas sieht? Dass sich Musikgruppen nach dem von ihnen gepflegten Musikstil benennen, ist gar nicht ungewöhnlich. Zum Beispiel gibt es eine poppige Jazz-Band, die Jazzkantine heißt. Und die berühmteste Thrash-Metal-Band der Welt trägt den Namen Metallica. In Münster steht ein beliebter Musikclub namens „Der Bunte Vogel“, aus dessen Jam-Session die Bluesanovas 2015 hervorgegangen sind.

Wenn die fünf Musiker neue Stücke schreiben, kommt häufig der portugiesische Ideenlieferant Filipe de la Torre, auf dessen mintgrüner E-Gitarre der Aufkleber einer Mel-Ramos-haften Pin-up-Dame prangt, mit ein paar ausgedachten Riffs an, die anschließend von der Band demokratisch ausgearbeitet werden. Vor wenigen Tagen feierte das Zwillingspaar Nico und Philipp Dreier, das im Bandgefüge das E-Piano und das Schlagzeug besetzt, seinen 29. Geburtstag, weshalb das Pfingstberger Publikum das Ständchen „Happy Birthday“ für das Brüderpaar anstimmte. Was spielt man auf einer E-Gitarre? Sechs Saiten und zehn Finger lassen viele Möglichkeiten zu. Mit seinen solistischen Einschüben lotete Saitenhexer de la Torre ein breites Klangspektrum aus. „Filipe ist der Tequila Sunrise der Gitarristen“, bemühte Melvin Schulz eine hochprozentige Cocktail-Metapher. Im letzten Mai nahm Rockstar Eric Clapton die Bluesanovas als Vorprogramm mit auf Tournee. Ein Tipp: In der Mediathek des TV-Kulturkanals Arte befinden sich gegenwärtig die Dokumentarfilme „Leben mit dem Blues“ und „Nothing but the Blues“ über Eric Clapton.

Sympathie mit Publikum

Vom ersten Ton an schwang eine tiefe Sympathie mit zwischen Live-Band und Publikum, als The Bluesanovas zu großer Form aufliefen. Auf der Bühne zeigte das Quintett sein ganzes Können, wobei Schulz die Qualität eines schillernden Show-Entertainers der 1950er Jahre besaß. Mit seinem heiseren Timbre ließ der 29-Jährige im Geiste an Vorbilder wie James Brown, Joe Cocker und Ray Charles denken.

„Als Jugendlicher habe ich Punk-Rock und Metal gehört, bevor ich zum Blues kam, etwa die Ramones, Sex Pistols, Dream Theater und Coheed & Cambria.“ Nachdem die Bluesanovas 2019 die German Blues Challenge gewonnen hatten, qualifizierte sich das fünfköpfige Gespann damit für die International Blues Challenge in Memphis, Tennessee. Die Reise in die Vereinigten Staaten nutzten die Münsteraner Musiker, um dort im weltberühmten Sun-Tonstudio, in dem Elvis Presley und Johnny Cash aufnahmen, ein eigenes Album aufzuzeichnen.

„Tagsüber ist das Sun-Studio ein Museum, erst abends ab 18 Uhr darf man dort aufnehmen“, erzählte Schulz. In den heiligen Hallen der Musikgeschichte durften The Bluesanovas das historische Mikrofon von Elvis und das Schlagzeug von U2-Drummer Larry Mullen junior benutzen.

Auch Country dabei

Die in etlichen Klangfarben rockenden Bluesanovas umarmen unterschiedliche Genres, nicht nur Blues-Rock und Soul, sondern ebenso Country, etwa mit der Cover-Version des Songs „Night Life“ von Willy Nelson, in einem Arrangement von B.B. King. Nach dem Auftritt bekamen alle Bandmitglieder jeweils eine Flasche Pfingstberg-Blues-Whisky von Veranstalter Werner Aust überreicht.

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