Pfingstberg

Torino Reinhardt Ensemble wärmt die Herzen mit Gypsy-Jazz

Das Torino Reinhardt Ensemble spielt mit spontanem Programm und voller Lebensfreude in der Pfingstbergkirche

Von 
Christian Hoffmann
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Beschwingt in der Kirche: Pianist Micki Bamberger, Violinist Torino Reinhardt, Gitarrist Forello Reinhardt, Gitarrist Brady Winterstein und Kontrabassist Jani Lehmann spielten im Rahmen der Konzertreihe Pfingstberg-Blues. © Christian Hoffmann

„Wir haben keine Setlist, wir haben kein Programm. Wir schauen uns an und spielen, was gerade passt“, sagt Bandchef und Violinist Torino Reinhardt. Mit konzentriertem Blick widmete sich der 42-Jährige seinem Instrument, eingebettet in das virtuose Zusammenspiel mit seinen vier Bandkollegen an zwei Gitarren, E-Piano und Kontrabass.

In dieser Besetzung brachte das Torino Reinhardt Ensemble im Rahmen der Konzertreihe Pfingstberg-Blues in der evangelischen Pfingtsbergkirche erlesene Stücke zu Gehör wie „Nur nicht aus Liebe weinen“ von Zarah Leander sowie die beiden Filmmusiken „Dreams are my reality“ aus dem Teenager-Film „La Boum“ und das Django-Reinhardt-Stück „Minor Swing“ aus dem Johnny-Depp-Film „Chocolat“. Und die 130 Besucher ließen zu dieser herzerwärmenden Musik die Seele baumeln.

Violinist Torino Reinhardt trägt einen großen Namen: Der berühmte Jazz-Gitarrist Django Reinhardt, der von 1910 bis 1953 lebte, war sein Urgroßonkel. Den im pfälzischen Haßloch lebenden Geiger jedoch auf seinen populären Verwandten zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht, da Torino Reinhardt über ausreichend künstlerische Eigenständigkeit verfügt. In der Pfingstbergkirche galt es, dieses akustische Profil zu entdecken.

„Die Musik, die wir heute Abend hören, gehört nicht zu unserer Kernkompetenz. Obwohl der Blues bei dem Quintett eine Rolle spielt“, moderierte Pfingtsberg-Blues-Veranstalter Werner Aust das Konzert an. „Für Konzerte ist diese Kirche ein guter Ort. Sie hat einen gewissen Charme“, kommentierte Aust die klangliche Architektur des Gotteshauses. Vor dem Altar, neben dem ein Adventskranz mit drei brennenden roten Kerzen leuchtete, begaben sich die fünf Gypsy-Jazz-Musiker um Bandchef Torino Reinhardt in Stellung.

Auf seiner halbakustischen E-Gitarre schlug Forello Reinhardt einen klaren und harten Ton an, ohne jede elektrische Verfremdung. Sein linker Fuß wippte dazu im Rhythmus der Lieder. Die professionellen Musiker des Torino Reinhardt Ensembles, das 2017 aus Anlass der Veröffentlichung des französischen Spielfilms „Django – Ein Leben für die Musik“ von Regisseur Étienne Comar eine Kino-Tournee unternahm, leben den überlieferten Gypsy-Jazz voller Authentizität.

Für die Verschmelzung und Weiterentwicklung von französischen Walzern mit New Orleans Jazz und Gypsy-Swing war der Komponist Django Reinhardt, auf den sich nachfolgende Generationen bezogen, von großer Relevanz. „Leider habe ich meinen Urgroßonkel nie kennengelernt. Er verstarb viele Jahre vor meiner Geburt“, gewährte Violinist Torino Reinhardt, dessen Vater der 2006 verstorbene Musiker Schnuckenack Reinhardt war, einen Einblick in seinen familiären Stammbaum. „Wenn Sie mir eine E-Mail über jazzreinhardt@gmail.com schicken, kann ich Ihnen unsere CDs zuschicken“, warb Geiger Torino Reinhardt für die Tonträger seiner Kapelle.

Neben „La Boum“ und „Chocolat“ gab der Gypsy-Jazz-Fünfer ebenso das musikalische Titelstück des Mafia-Epos „Der Pate“ von Regisseur Francis Ford Coppola von 1972 zum Besten. Als die Formation das italienische Protestlied „Bella Ciao“ anstimmte, ging eine Welle der Begeisterung durch das applaudierende Publikum. Darüber hinaus zählen ungarische Volkslieder genauso zum Repertoire der Band. Mit dem Filmsong „Dreams are my reality“ verbindet Violinist Torino Reinhardt die Erinnerung an eine wilde Fahrt mit Freunden in einem kleinen Auto, in das sich mehrere ausgewachsene Männer zwängen mussten – ein Schwank aus der eignen Jugend.

Durch einen paganini-haften Anstrich entlockte Torino Reinhardt seiner Geige vollendeten Wohlklang. In diesen streute Pianist Micki Bamberger ein elaboriertes Solo ein – da kehrte echte osteuropäische Lebensfreude in die Pfingstbergkirche ein. Außerdem spielte das Quintett noch Stücke wie „Bei mir bistu shein“ von den Andrew Sisters, die zünftige Nummer „Fuli Tschai“ über ein temperamentvolles Mädchen und das Weihnachtslied „Oh Tannenbaum“.

Freier Autor

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