Mannheim. Aus dem Neuanfang nach der langen Corona-Pause wird nichts - die Sandbox Warriors müssen den für Pfingstsonntag geplanten Karlsternlauf absagen: „Wir sind traurig und sehr enttäuscht“, sagt der Vorsitzende Alex Rossbach zu dem kurzfristigen Aus der Traditions-Veranstaltung im Mannheimer Norden. Die Verantwortlichen streichen den beliebten Lauf nicht nur wegen gestiegener Kosten für eine Genehmigung: Auch die Auflagen der Stadt zur Sicherung der Strecke, von denen der gemeinnützige Verein ebenfalls erst drei Wochen vor dem Termin erfahren habe, seien wegen enormer Waldschäden nicht zu erfüllen: „Das übersteigt, was wir als kleiner Verein leisten können“, so der zweite Vorsitzende Markus Koschubs.
Die Veranstalter beklagen, dass der Lauf nicht mehr allein von der Stadt Mannheim, sondern zusätzlich vom Forstamt genehmigt werden muss. Bisher haben die Sandbox Warriors stets 150 Euro an die Stadt gezahlt. „Dann gab es eine Waldreform, und das Gelände, in dem wir laufen, wurde in einen Teil Stadtwald und einen weiteren Teil Forst Baden-Württemberg gesplittet. Nun fallen zweimal Gebühren an, insgesamt rund 500 Euro“, sagt Rossbach.
Viele Baumarten unter Stress geraten
Noch belastender sei aber, dass der Verein jetzt selbst für die Verkehrssicherheit aufkommen muss: „Wir haben die alleinige Verantwortung am Veranstaltungstag für die Wege im Wald, es darf kein Ast runterfallen, kein Baum kippen“, so Rossbach. Und durch extreme Trockenheit sowie Sturmschäden sei der Wald in einem schlechten Zustand. „Es sieht wirklich schlimm aus. Wir müssen einen Baumgutachter durch den Wald schicken, und der wird ganz sicher was finden. Wir können aber keinen Kran bezahlen oder Baumfällarbeiten durchführen für einen zweistündigen Lauf“, so Rossbach. Denn Folgekosten seien gar nicht kalkulierbar.
Der Forst Baden-Württemberg sei dem Verein entgegengekommen, habe angeboten, dass er die Verkehrssicherheit für seinen Bereich übernehme, auch bei Läufen in Ludwigshafen sei das üblich: „Bei der Stadt Mannheim aber nicht. Würden wir aber keinen Gutachter durch den Wald schicken und es passiert was, landen wir Vorstände bei einem Strafverfahren“, sagt Rossbach.
Städtische Regeln
- Wie die Stadt Mannheim mitteilt, sind die Anforderungen an die Verkehrssicherung „grundsätzlich abhängig von dem Veranstaltungsort, der Teilnehmerzahl und der Veranstaltungsart.“
- „Die Vorbereitung und Durchführung der vorgesehenen Veranstaltung liegt ausschließlich in der Verantwortung des Veranstaltenden. Der Veranstaltende hat sicherzustellen, dass die in Anspruch genommenen Flächen und Wege für die Durchführung der geplanten Veranstaltung geeignet sind. Der Veranstaltende und damit Träger der erhöhten Verkehrssicherungspflicht haftet für Schäden aller Art im Zusammenhang mit der Veranstaltung. Dies gilt auch für Schäden, die Dritten aufgrund der Veranstaltung entstehen.“
- „An speziellen Einrichtungen (stationäre auch nur temporäre Bereiche wie beispielsweise Veranstaltungsplätze, Treffpunkte; Sammelplätze, Verpflegungsstationen, Verkaufsstände, Zuschauerbereiche o.Ä.) besteht aufgrund der besonderen Verkehrseröffnung und der räumlichen Abgrenzbarkeit eine Verkehrssicherungspflicht für diesen Bereich auch für waldtypische Gefahren. Die Verkehrssicherheit des umliegenden Baumbestands ist sicherzustellen.“
- „Auf und entlang von Waldwegen besteht eine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich waldtypischer Gefahren grundsätzlich nur bei Kenntnis einer akuten Gefahrenlage, wenn also besondere, erkennbare Anhaltspunkte für eine zeitnahe Gefahrenverwirklichung vorliegen.“
- „Sich daraus ergebende notwendige Sicherungsarbeiten, die sich ausschließlich aus der Veranstaltung ergeben, sowie die eigentliche Kontrolle sind durch den Veranstaltenden zu tragen.“
- Seit 2020 neu: „Seit 2020 sind für Veranstaltende von allen betroffenen Waldbesitzenden eine Zustimmung einzuholen. Bis 2020 erfolgte dies einheitlich für Staats- und Stadtwald durch das Forstamt. Seit der forstlichen Verwaltungsreform 2020 erfolgt die Bewirtschaftung des Staatswaldes separat durch Forst BW.
- In Mannheim erfolgt die Zustimmung verwaltungsintern für den Stadtwald im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Der unabhängige Staatswald erstellt in der Regel einen eigenen Gestattungsvertrag mit dem Veranstaltenden. Hierdurch fallen separate Gebühren an, auf die und deren Höhe die Stadt Mannheim keinen Einfluss hat. Umgangen werden könnte dies für die Veranstaltenden, wenn der Streckenverlauf sich ausschließlich im Stadtwald befindet.“
Wie die Stadt Mannheim auf Anfrage mitteilt, seien durch die „außergewöhnliche Trockenheit“ und „viele besonders heiße Tage der letzten Jahre“ viele Baumarten unter Stress geraten: „Für unsere Wälder ist dies neu, und die Folgen für den Waldzustand sind gravierend. Ungebremst setzt sich das Schadensgeschehen aktuell weiter fort.“ Die Stadt weist auf die aktuelle Waldschadenssituation in allen Wäldern Mannheims hin: „Wegen der langanhaltenden Dürre und Baumkrankheiten herrscht aktuell im Wald und am Waldrand eine erhöhte Gefahr durch umbrechende Bäume und herabstürzende Äste. Es ist im gesamten Bereich mit Gefährdungen zu rechnen, die sich je nach Wetterlage verstärken können.“
Wie die Stadt erklärt, seien Auflagen und Hinweise in der forstrechtlichen Genehmigung nicht neu. „Sie wurden aber entsprechend der aktuellen Situation und Rechtsprechung präzisiert.“ Bereits zuvor habe die Sicherstellung der Eignung der Fläche und Wege im Verantwortungsbereich des Veranstaltenden gestanden.
Ob dieses System zu weiteren Absagen ähnlicher Termine führt? „Seit der veränderten Waldschadenssituation sind einige (auch vergleichbare) Veranstaltungen mit diesen präzisierten Auflagen beantragt, durchgeführt und die Verkehrssicherung durch den Veranstaltenden übernommen worden“, erklärt die Stadt. Der Karlsternlauf sei der erste Fall, in dem wegen der Auflagen die Veranstaltung abgesagt wurde.
"System macht alles kaputt"
Für den Verein ist die Absage bitter, der beliebte Lauf hatte schließlich stets Teilnehmer aus ganz Europa angelockt, darunter Sportler aus Frankreich, Spanien, Portugal oder den Niederlanden. „Wir haben uns die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht, das war uns ein Herzensprojekt“, sagt Koschubs. „Aber einen Lauf zu veranstalten, bei dem absehbar ist, dass wir nicht mal die schwarze Null schaffen, können wir unserem Verein und unseren ehrenamtlichen Helfern nicht zumuten.“
Der Verein hatte schon viel vorbereitet, Helfer organisiert: „Wir haben 2000 Euro investiert, haben Pokale und Medaillen, auch die Samba-Trommler waren wieder engagiert“, so Rossbach. Den Sandbox Warriors lagen vor zwei Wochen schon fast 200 Anmeldungen vor: „Wir wollten wegen Corona nicht mehr so viele Läufer zulassen, wollten nur, dass die Menschen nach der schlimmen Zeit wieder laufen können.“
Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, bleibe dem Verein nichts anderes übrig, als den Lauf auch künftig zu streichen. „Dieses System macht alles kaputt, zerstört das Vereinsleben, und das geht zulasten aller. Wir haben bei der Stadt alles versucht“, klagt Rossbach. Er warte nun darauf, dass sich die Politik meldet: „Es kann nicht sein, dass der Lauf nie mehr stattfindet. Wir wollen kein großes Geld verdienen, wir sind gemeinnützig, und unser Zweck ist die Förderung des Sports.“ Einige Läufer lassen sich nicht abschrecken und haben sich bei Rossbach gemeldet: „Sie wollen am Sonntag starten, auf eigene Faust, sie haben ja dafür trainiert.“
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