Gemeinschaft

So war das Max-Joseph-Straßenfest in Mannheim-Neckarstadt

Das Fest in der Max-Joseph-Straße feiert mit über 5.000 Besuchern zum 30. Mal Solidarität und Vielfalt in der Mannheimer Neckarstadt.

Von 
Ute Bechtel-Wissenbach
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Erwartungsfrohe Gäste unter schattenspendenden Bäumen beim Auftritt der Zirkuskooperation Trolori und Aladin. © Ute Bechtel-Wissenbach

Mannheim. Mehr als 5.000 Besucher zog es bei sonnig-warmem Traumwetter zum 30. Fest in der Max-Joseph-Straße. Nach wie vor steht die Veranstaltung für Solidarität und Vielfalt, gegen Ausgrenzung und Feindseligkeit, aber auch für Spiel und Spaß und Leckereien für jedermann. Bernd Göttel, Gerald Peischl und Heike Dohr hatten das Fest 1993 nach fremdenfeindlichen Ausschreitungen, unter anderem 1992 im Mannheimer Stadtteil Schönau, gegründet. Auch in diesem Jahr warnt Bernd Göttel bei der Eröffnung vor Rassismus und gibt dann schon die Bühne frei für den ersten Programmpunkt, den traditionellen Auftritt der jungen Zirkus-Artisten.

Bernd Göttel, Mitgründer des Festes in der Max-Joseph-Straße, bei der Eröffnung. © Ute Bechtel-Wissenbach

Dabei sind die Kinder von Trolori, der Zirkusschule des Spielmobils beim Jugendamt, sowie vom Kinder- und Jugendzirkus Aladin des Johann-Peter-Hebel-Heims. Sie präsentieren zehn Nummern und sind sehr aufgeregt, so wie Susanne und Vanessa, die ihre Balance auf Trommeln unter Beweis stellen.

Verschiedene Projekte und soziale Angebote stellen sich vor

Am frühen Nachmittag ist der Andrang noch überschaubar, es ist Zeit und Raum, sich bei Solawi, der Solidarischen Landwirtschaft Mannheim-Ludwigshafen, umzuschauen. Mitglieder des Vereins holen sich einmal in der Woche das Gemüse eines Bioland-Betriebs aus der Pfalz in verschiedenen Depots in Mannheimer Stadtteilen ab. Die frische Ware kommt so regional und saisonal zu einem vorher verhandelten Fixpreis zum Kunden. Solawi nimmt derzeit noch Mitglieder auf.

Nebenan steht das International Rescue Committee IRC mit Sitz in Berlin und Büros in den Bundesländern. Die Organisation, die 1933 auf Anregung von Albert Einstein entstanden ist, will Hilfe leisten und Perspektiven schaffen für Geflüchtete und weitere schutzbedürftige Menschen weltweit.

Hilfe in Notlagen bietet Ausweg Rhein-Neckar. Im Treffpunkt Café Kupfer in der Zeppelinstraße 47 sind alle willkommen, die Sorgen, Kummer oder Gesprächsbedarf haben. Unterstützt vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg versucht man hier, Lösungen für die Menschen zu finden.

Zum Thema bezahlbares Wohnen informiert das Mietshäuser-Syndikat mit seinem Projekt TurleyUmbau², bei dem es um selbstverwaltetes Wohnen und Nachhaltigkeit geht. Hier wohnen die Menschen zu einer günstigen Miete, sind aber verpflichtet, sich dauerhaft zu engagieren. Am Samstag, 17. Mai, lädt man ab 14 Uhr zum Infotag in die Fritz-Salm-Straße 12.

Mit Infoständen vertreten sind unter anderen das Queere Zentrum Mannheim, die Nahostgruppe und Einrichtungen aus der Nachbarschaft. Der Kindergarten Alphörnchen, die Stadtteilbibliothek Herzogenried, das Junge Nationaltheater und Cinema Quadrat gehören zu den über 30 Teilnehmern des Festes.

Zübeyde und Yvonne verkaufen beim großen Kuchenbuffet der Neckarschule. © Ute Bechtel-Wissenbach

Gemütliche Stimmung, am Abend Musik und Tanz

Viele haben Speis und Trank im Angebot: Von Bagel, Bratwurst und Bulette über Dürüm, Gemüsegerichte und Salate bis zu Apfelkuchen und Zitroneneis, es bleiben keine kulinarischen Wünsche offen. Gekocht und zubereitet haben unter anderen der Migrantinnenverein Rhein-Neckar, der Förderverein Alte Feuerwache, das Schifferkinderheim und die Neckarschule, die über 80 Kuchen offeriert.

Hauptanziehungspunkt für Familien ist das Kinderfest im hinteren Teil der Straße. Hier sind das Jugendzentrum Erlenhof, die Zauberin Tilda und die Theaterakademie aus der Holzbauerstraße am Start. Sie bringt jedes Jahr ein neues Stück auf die improvisierte Bühne.

Zauberin Tilda ist seit über 20 Jahren beim Kinderfest dabei. © Ute Bechtel-Wissenbach

Trotz des ernsten Hintergrunds gelingt es der Max-Joseph-Straßen-Initiative, genannt Ini, mit den hundert Ehrenamtlichen eine entspannte Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen. Werner Räth und Bernd Stellenberger, wohnen seit über einem Jahr in Mannheim in den Quadraten und trinken hier zum ersten Mal ihr Bier: „Die Stimmung ist toll, alles ist relaxed und ruhig, so unaufgeregt, fast schon dörflich“, loben sie.

Bernd und Beate sind ebenso wie Petra Neckarstädter. Sie haben einen selbstgebackenen Kuchen mitgebracht, schätzen den solidarischen Gedanken und freuen sich, dass die Veranstaltung ein politisches Fest ist. Außerdem, so meinen sie, „ist es das schönste Straßenfest, das wir kennen, mit guter Atmosphäre und freundlichen Menschen“. Auch Nicolas aus Heidelberg ist begeistert: „Es ist eine wunderschöne Straße mit tollen schattenspendenden Bäumen.“

Beate (l.), Bernd und Petra sind Stammgäste und steuern Kuchen bei. © Ute Bechtel-Wissenbach

Im Lauf des Nachmittags verdichtet sich das Geschehen zusehends, auch Kulturbürgermeister Thorsten Riehle ist vor Ort. Nach dem Besuch bei der „Tafel der Nationen“ auf dem Toulon-Platz schiebt er sich wohlwollend durchs Gewühle und lobt bei beiden Veranstaltungen die „weltoffene, liberale Gesellschaft“.

Am Abend sorgen die Bands wie das Trio „Acoustic Sound Machine“ für den Rhythmus, der die Besucher zum Tanzen auf die Beine bringt. Um 22 Uhr ist Schluss. Die Nachbarn schätzen ihre Nachtruhe. Nach rund drei Stunden, um ein Uhr nachts ist die Straße geräumt, gekehrt und sauberer als vor dem Fest.

Organisator Gerald Peischl zieht wieder einmal eine positive Bilanz über das Fest, das stets für friedliches Zusammensein steht. Ohne Sponsoren erwirtschaftet man hier mit dem eigenen Getränkeverkauf, mit Standgebühren und Umsatzbeteiligung Gelder für gemeinnützige Zwecke, vor allem für Kinder. Dazu gehören der Mehrgenerationenplatz auf der Rheinau und die Finanzierung von Freizeiten. Gerald Peischl erläutert: „Wir wollen keine Dauer-Aufgaben der Stadt übernehmen. Wir schieben Aktionen an, die sonst nicht laufen würden.“

Freie Autorin

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