Sommertagsumzüge

Schneemänner brennen - und in Mannheim jubeln Hunderte Menschen

Das Wetter passte nicht zum Wunsch nach Frühling bei den Sommertagszügen in den Mannheimer Stadtteilen Vogelstang und Gartenstadt. Trotzdem waren Hunderte Menschen gutgelaunt, als dort traditionell Schneemänner verbrennt wurden

Von 
Bernhard Haas und Sylvia Osthues
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Nur das Gerippe ist zu noch erkennen: Hunderte Schaulustige schauen zu, wie am Rodelhügel in der Gartenstadt der Schneemann verbrannt wird. © Bernhard Haas

Fröhliche Kinder, hin und wieder leichter Sonnenschein - und lodernde Flammen: Die Sommertagszüge auf der Vogelstang und in der Gartenstadt begeistern mehrere hundert Besucher. Höhepunkte sind die Schneemannverbrennungen.

Auf der Vogelstang ziehen 300 gutgelaunte und singende Zugteilnehmer - größtenteils Kinder mit Eltern und Großeltern - durch die Straßen und vertreiben den Winter. Vereinzelt stehen Menschen am Sonntagnachmittag auf Balkonen, in geöffneten Fenstern oder am Straßenrand, bestaunen den Sommertagsumzug und feiern mit. Das Kinderhaus in der Dresdner Straße, das DRK Mannheim-Nord, der Polizeiposten Vogelstang unter Leitung von Regina Merstorf und die Jugendfeuerwehr Wallstadt unter Abteilungskommandant Enrico Starck unterstützen den Zug.

Bunte Sommertagsstecken mit Brezeln und beste Stimmung beim Sommertagszug des Bürgervereins auf der Vogelstang. © Sylvia Osthues

Vor dem Kinderhaus, wo sich der Zug formiert, verkauft Gunther Heinrich Junior die Sommertagsstecken, die Olivia Mack, ehemalige Mitarbeiterin des Kinderhauses, mit bunten Bändern verziert hatte. „Normalerweise hätten wir auch noch Frühlingskostüme für die Kinder gebastelt, aber das klappte dieses Mal nicht, wegen Personalmangel“, bedauert Kinderhausleiterin Johanna Reiser, die bunte Blumen an die Zugteilnehmer verteilt. Auf die Spitze der bunten Stecken wird eine dicke Brezel gesteckt, die allerdings bei den meisten Kindern nicht lange oben bleibt.

Eltern auf der Vogelstang freuen sich über den Brauch

„Die schmeckt lecker“, finden die zehnjährige Emilia und ihr zweijähriger Bruder Milan. „Der Sommertagszug ist für mich Tradition, ich bin hier aufgewachsen. Es ist schön, dass der Bürgerverein diesen schön Brauch weiterführt“, sagt ihre Mutter, Jessica Trotto. Auch Sibel Schöndorf, die mit Sohn Joshua (4) und ihrem Partner, Sven Schwöbel, das bunte Treiben genießt, kennt den Sommertagszug schon seit ihrer Kindheit. Gunter Christ kommt dieses Mal mit seinem vierjährigen Enkel Carl. „Früher habe ich den Umzug als Polizist begleitet“, erzählt er.

Kurz nach 14 Uhr läuft der Umzug los über die Dresdener und die Sachsenstraße und endet auf der Verkehrsinsel vor der Freizeitstätte des Bürgervereins, wo auch dessen Vorsitzender, Gunther U. Heinrich, sich über die vielen Teilnehmenden freut. Gunther Heinrich Junior dankt allen, die den Sommertagszug unterstützt haben.

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Bernhard Haas
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Beim Bürgerverein wird dann auch der Schneemann verbrannt, der Höhepunkt des Sommertagszugs. Den prächtigen Schneemann hatte Sybille Klingenspor, Vorsitzende des Reitervereins Vogelstang-Wallstadt, gebastelt und den dicken Bauch des rauen Wintergesellen mit Stroh, Pappe und allem gefüllt, das brennt. Die Verbrennung erfolgt fachmännisch durch die Jugendfeuerwehr Wallstadt. Während alle das Lied „Winter ade“ anstimmen, geht es dem Schneemann an die Wäsche.

Im Norden der Stadt spielt nahezu zeitgleich das Blasorchester Blau-Weiß Waldhof „Winter ade, scheiden tut weh“, als auch dort ein reichlich verzierter Schneemann auf den abgesperrten Platz vor dem Rodelhügel in der Gartenstadt gefahren wird. Zuvor war er vom Freyaplatz über die Donarstraße, den Langen Schlag und die Lampertheimer Straße noch stolz angekarrt worden. Mit seinem schwarzen Zylinder thront er geradezu auf dem Anhänger. Aber als er schließlich abgeladen wird, weiß jeder, dass seine Zeit abgelaufen ist. Er bietet denn auch keine Gegenwehr, als ihm die zwischen 500 und 700 Personen, darunter viele Kinder aus den umliegenden Kindertageseinrichtungen, schließlich den Garaus machen wollen.

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Das gelingt auch auf Anhieb: Thomas Steitz zündet den kalten Gesellen gekonnt an, nachdem er ihn zuvor mit etwas Brandbeschleuniger infiziert hatte. Nach kurzem Streichholz-Einsatz fressen die Flamen den Schneemann unter dem Jubel der kleinen und großen Zuschauer auf. Dass nichts passiert, überwachen sieben Mann und eine Frau von der Freiwilligen Feuerwehr der Wache Nord bis zum Ende. Schließlich dürfen sie noch den Schlauch einsetzen, um das noch letzte Häuflein Stroh, mit dem der Schneemann gefüllt war, zu löschen.

Gartenstädter Brass-Band feiert bei Sommertagszug Premiere

Eine Mutter erzählt, dass ihr Kind weinte, als es das erste Mal beim Sommertagszug mitlief. Der Schneemann sei doch so schön weiß gewesen. „Aber jetzt bin ich schon groß“, betont das Kind diesmal, und stellt sicher, dass es jetzt zu den Jubelnden zählt, „weil ich mich freue, wenn es im Frühjahr warm wird“, sagt sie. Viele Eltern sehen das genau so, denn jetzt können ihre Kinder wieder mehr draußen spielen, wie eine Frau erzählt.

Den Zug zuvor hatten die Karlsterner Hexen angeführt, die für gehörigen Krach unterwegs sorgen. Weiter hinten spielt zum ersten Mal beim Sommertagszug der Gartenstadt die Brass-Band der Stroseridder. Am Ende haben alle ihren Spaß damit, dass zu „Alle Vögel sind schon da“ vom Blasorchester endlich der Frühling eingeläutet wird. „So, jetzt kann der Frühling kommen“, meint ein Vater lässig, der sich gerade mit einer Wurst und einem Getränk stärkt, das der Bürgerverein am Rodelhügel verkauft.

Übrigens hatte die Malgruppe des Vereins rund 100 Sommertagsstecken gebastelt und zu Beginn des Zuges verkauft. Kein Stecken bleibt am Ende des Tages übrig. Ungefähr doppelt so viele Brezeln werden außerdem unter die Besucher gebracht. So manche ist bis zum Ziel am Rodelhügel schon mächtig angeknabbert.

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