Jungbusch

Nachtleben wird im Stadtteil Jungbusch zum Problem für Kinder

Kinderarmut, Corona-Folgen und ein Mannheimer Stadtteil, der immer mehr zur Partyzone wird: Das Gemeinschaftszentrum unterstützt die Kinder im Jungbusch mit einem kreativen Projekt.

Von 
Katja Geiler
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Erst wird gelesen – hier das Buch „Bob der Streuner“ –, dann gebastelt: Die Mädchen und Jungen zeigen ihre bunten Katzen-Masken. © Laura Malek

Kinderarmut, dazu Corona-Folgen und ein Leben in einem Party-Stadtteil: Das Gemeinschaftszentrum Jungbusch lädt den Nachwuchs jeden Montagnachmittag auf den Spielplatz Beilstraße zu einer Kreativstunde ein: Eine kurze Geschichte wird vorgelesen, die Kinder tauchen in die Handlung ein, und danach malen sie ein Bild oder basteln.

Kleine Erfolgserlebnisse helfen

„Im Jungbusch gibt es eine große Kinderarmut, dazu gehört auch Bildungsarmut“, sagt Quartiersmanager Michael Scheuermann. „Wir wollen die Bildung nicht nur der Schule überlassen, sondern diese zu den Kindern tragen.“ Kinder sollen nicht nur Anregungen bekommen, sondern auf ihre Fähigkeiten aufmerksam gemacht werden. Schon ein kleines Erfolgserlebnis kann das Selbstbewusstsein stärken, so dass sie nach mehreren positiven Erfahrungen an ihre Fähigkeiten glauben.

Das Vorgängerprojekt stammte von der Stadtbücherei, jemand kam zum Lesen mit einem Bollerwagen, Decke und Büchern, und die Kinder konnten sich dazusetzen und zuhören. Beim neuen Projekt werden die Kinder aktiv. „Wir wollen sie in eine Fantasiewelt entführen. Viele Eltern sind mit dabei und sehen, was ihre Kinder können“, so Scheuermann. „Manchmal merken die Eltern, dass sie selbst kreativ sind. Unser größter Erfolg ist, wenn sich die Kinder ein eigenes Buch wünschen“, sagt Laura Malek, kreative Leitung. „Die Kinder haben hier nicht die Last, bewertet zu werden. Sie können jede Woche etwas Neues ausprobieren, das ist eine Herausforderung, die ihr Selbstbewusstsein stärkt, ihnen zeigt, dass sie keine Loser sind“, meint Theaterpädagogin Lisa Massetti. „Der Weg ist Kreativität, sie sollen Spaß haben. Wir versuchen, die Aufmerksamkeit auf das Geschehen zu lenken, die Kinder können die Konzentration nicht lange halten.“

Dies sei durch Corona schlimmer geworden. In den letzten beiden Pandemie-Jahren habe das Team alles versucht, den Geschichtenspaß am Laufen zu halten. „Wir haben Kreativ-Pakete verteilt, das waren Umschläge für 25 Kinder. Dies ist nur der Kern, wenn wir draußen auf dem Spielplatz sind, sind es mehr. Die Altersgruppe ist Grundschule, aber die Großen kommen auch mit, für die denken wir uns auch was aus. Leute von Außerhalb stören dabei manchmal“, so Malek.

Was ebenfalls stört, ist das Nachtleben, das in den letzten Jahren im Jungbusch zugenommen hat. Der Spielplatz Beilstraße wird dabei oft genutzt von Leuten, die feiern. Am nächsten Tag ist er voller Müll. „Wir ziehen zurzeit in Erwägung, den Spielplatz ab 22 Uhr sperren zu lassen, als Schutz für die Kinder“, sagt Scheuermann. Die Wandlung des Jungbusch zur Partyzone liege laut Quartiersmanager an der „Vermehrung der Kneipen“. Eine Gastronomie, die auch die Kinder lieben, ist der Kiosk am Spielplatz. Der Inhaber, Kristian Nuculovic, ist für sie eine wichtige Bezugsperson.

Sport als Brücke

„Ich baue mit Sport eine Brücke zu den jungen Menschen auf, mit Boxen. Dabei lernt man, sich einzuschätzen, die Energie kann raus“, so Nuculovic. An dem Training nehmen heranwachsende Jungs teil, für die Mädchen gibt es den Internationalen Mädchentreff des Stadtjugendrings. „Ich unternehme auch privat Dinge mit den Jungs. Sie sehen mich im Kiosk und wissen genau, was ich mache. Der Kiosk ist die Brücke, um Vertrauen aufzubauen.“

Diesmal liest Massetti die Geschichte „Der Punkt“ – über ein Mädchen, dessen Bild, ein einzelner Punkt, von der Lehrerin so geschätzt wird, dass es begeistert weitermalt.

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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