Neckarstadt - Bei der Spätlese im Felina Areal Theater lesen Autoren eigene Texte / Reihe ursprünglich an der Universität entstanden

Literatur in wenigen Minuten

Von 
Viola Eigenbrodt
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Elmar Bringezu trug bei der Spätlese seine Texte vor. © Wendt

Für den einen ist es eine Frühlese, denn manche Autoren sind noch sehr jung, für die anderen Kabinettstückchen, da sie inzwischen mehr als regional bekannt sind. Für alle Akteure jedenfalls ist die „Spätlese“ im Felina-Areal eine Lesebühne für Selbstgeschriebenes, und das ist genau die Voraussetzung für eine Teilnahme. Was einmal an der Universität geboren wurde, reiste in vielen Jahren via Jungbusch, Schillerplatz und Stadtbibliothek bis in die Neckarstadt-Ost. Die Texte müssen nicht nur aus der eigenen Feder stammen, sie müssen in sich geschlossen sein und nicht mehr als drei bis fünf Minuten Lesezeit beanspruchen. Dafür können dann auch am Büchertisch die eigenen Werke verkauft werden, was beinahe immer von den Besuchern in Anspruch genommen wird. Auch die Spätlese Nummer 24 war wie üblich gut besucht.

Stammgäste und Nachwuchs

Die Veranstaltung gehört inzwischen fest zum Mannheimer Kulturleben. So zog es an einem kalten und verregneten Abend die Besucher in den abgedunkelten Raum, um ausgesprochen schönen Texte von „Stammgästen“ wie Mikel Bauer in großer Ruhe zu lauschen. Der nicht nur im Internet beliebte kurpfälzer Autor skurriler Kurzprosa nennt seine Gedichte „Twitterlyrik“. Er veröffentlichte sie bereits spontan von Rechner oder Smartphone aus in diesem sozialen Netzwerk, dessen Vorgabe, sich auf wenige Zeichen zu beschränken, ihn sehr reizte. Die Gedankenblitze hörten sich wie folgt an: „Es war der Buchstabe in der Suppe / den auch Goethe benutzte / und der Teufel / das ß und / das ü / Dein Blick / und die Frage / Du?“ oder „Kein Neon / flattert / kalt trommelt/ Sepia / die LEDs / Filter wärmen auf / Instagram / Zwei Youtubes küssen / Kinder / in den Schlaf“. Auch Burkhard Tomm-Bub schreibt und veröffentlicht seit langem zu Sachthemen, Satire, Lyrik und Storys. Er sieht sich als Weltbürger, liebt aber die deutsche Sprache und die Literatur, insbesondere Science Fiction. Dies wurde augenscheinlich an seiner kleinen Horrorgeschichte über einen Einkaufsbummel der besonderen Art. Im Dunkel des Auditoriums wurde von ganz besonderer Gruselqualität die Geschichte eines Mannes vorgetragen, der im Supermarkt in die Frischfleischabteilung gerät, doch offenbar nicht als Kunde.

Rolf Thum gelang es, die fröstelnden Zuhörer wieder durch seine Geschichte in die Realität, aber nicht den Alltag zurückzuholen, denn er erzählte die Geschichte des Gauklers. Der Mitbegründer der Autoreninitiative LeseZeit hat bereits mehr als 100 Lesungen hinter sich und ist vielen Menschen durch Vorträge, Moderationen und Auftritte bei Poetry Slams bekannt. Im „Gaukler“ findet sich der Protagonist urplötzlich ins 11. Jahrhundert zurückversetzt. Nicht nur für ihn ist die unfreiwillige Zeitreise eine Herausforderung, auch für die Menschen der damaligen Zeit. Was will dieser Fremde mit seinen seltsamen „Wunderdingen“, die er angeblich aus dem 21. Jahrhundert mitgebracht hat?

Hedda Rossa ist schließlich eine der jüngsten Spätleserinnen. Ihre Begeisterung am Schreiben entwickelte sich schon in sehr frühen Jahren, als sie mit 14 ihr erstes Buch zu schreiben begann. Ein Jahr später veröffentlichte sie dieses Erstlingswerk „Spiegelblut-Cathy und die Gesichter der Zahlen“ im Self-Publishing. Seit 2017 ist sie hauptberuflich als Direktionsassistentin tätig. Neben dem Job veröffentlicht sie weiterhin Texte auf ihrer Website. Sie las ihre Erinnerungen an das lustvolle Abschlecken des Tellers nach dem Genuss einer Suppe, von der geliebten Großmutter gekocht.

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