Mitte/Jungbusch - Bewohnerverein verabschiedet Norbert Herrmann, den langjährigen Vorsitzenden und Stadtteil-Aktivisten

Im Mannheimer Hafenviertel fest verankert

Von 
Anke Philipp
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Es war einer der Höhepunkte seiner langjährigen Laufbahn als ehrenamtlich Engagierter im Jungbusch: In seltener Einmütigkeit wehrten sich 2009 Anwohner, Politiker und die Stadt gegen den von der Hafengesellschaft beantragten Abriss der Teufelsbrücke – ein Erfolg gemeinsamen bürgerschaftlichen Wirkens zum Wohle des Stadtteils. Nun wurde Norbert Herrmann, Gründungsmitglied, Vorsitzender und Ehrenvorsitzender des Bewohnervereins, vom neuen Vorstand im Kreise seiner Familie verabschiedet.

Sichtlich bewegt nahm der 85-Jährige vor dem Sackträgerdenkmal Worte der Würdigung, Ehrenurkunde, Blumen und ein Fotoalbum entgegen. Wie kein zweiter sei er im Hafenviertel bekannt – ein Einsatz mit viel Herzblut und Verständnis auch für jüngere Generationen: „Ich wollte, es gebe mehr Leute, so wie Sie“, dankten Maura Lucci und Sigrun Unger vom Vorstand ihrem Vorgänger. „Ihr Optimismus hat uns immer beflügelt“, ergänzte Mitarbeiterin Anne Kreß.

Zur Integration beitragen

Kassier Achim Machill erinnerte danach an Meilensteine der Jungbusch-Entwicklung, die Herrmann mit prägte. 1984 fing alles mit einer Versammlung im Walther-Bender-Saal an. Mit einem Verein wollten die Bewohner die Gemeinwesenarbeit beflügeln, zur Integration beitragen und damit die Lebensqualität im Stadtteil stärken. Hermann, Jungbusch-Kind und Metzgermeister in dritter Generation, war mit von der Partie. 1893 hatten seine Großeltern eine Metzgerei im Jungbusch begründet, die er 1962 übernahm. Bis 2001 führte er mit seiner Frau Maria den Betrieb in der Böckstraße.

Lange war Norbert Herrmann zudem im Pfarrgemeinderat von St. Sebastian und kämpfte für den Erhalt der Liebfrauenkirche. 1987 wurde er zum 2. Vorsitzender des Bewohnervereins gewählt. Feste organisieren, Spenden sammeln, Aktionen planen: 1996 erhielt er für sein ehrenamtliches bewohnerschaftliches Engagement den „Sackträger-Preis“, eine Auszeichnung, die der Verein seit 1989 vergibt.

Der neue Vorstand

  • Vorsitzende Maura Lucci, 2. Vorsitzender Kai Baldenius, Beisitzende Fouzia Hammoud und Sigrun Unger, Schriftführerin und Mitarbeiterin Anne Kreß, Kassier Achim Machill.
  • Bei der Mitgliederversammlung am 26.11.2020 wurden Baldenius und Unger neu gewählt, M. Lucci von der 2. zur 1. Vorsitzenden.

Nach dem Tod der langjährigen 1. Vorsitzenden, Christa Langlotz, übernahm Herrmann 2004 den 1. Vorsitz und behielt dieses Ehrenamt ununterbrochen bis Ende 2020. Zum gleichen Zeitpunkt wurde er zu einem von drei Vorständen des Trägervereins Gemeinschaftszentrum Jungbusch berufen. Dieses Ehrenamt hatte er genauso lange inne. Im November 2020 trat er schließlich aus Altersgründen zurück und wurde zum ersten Ehrenvorsitzenden des Vereins ernannt.

Zahlreiche Aktivitäten gehen auf sein langjähriges Wirken zurück: Stadtteilkonferenzen, Stadtteilfeste, Ausflüge, Bürgerversammlungen, Diskussionsrunden, Info-Veranstaltungen – Herrmann war stets dabei und redete mit. 1994 gründete er zusammen mit anderen Bewohnern die Geschichtswerkstatt Jungbusch, die in vielen Veranstaltungen, Treffen und Aktionen die Geschichte des Quartiers lebendig werden ließ.

2009 war er Mitanstoßgeber der Unterschriftenaktion gegen den Abriß und für den Erhalt der „Teufelsbrücke“ mit ihrem historischen Maschinenhäuschen. Im Frühjahr übergaben die Aktivisten 950 Unterschriften an Baubürgermeister Lothar Quast. Wenig später sendete die Bürgerinitiative „Rettet die Teufelsbrücke“ 1000 Bittbriefe an den Landtag. Im September entschied die Stadt, den Abriss abzulehnen.

„Herausragender Protagonist“

Noch heute engagiert sich Norbert Herrmann in der Monitoring-Gruppe, einer Vereinigung aus allen Bevölkerungsteilen des Stadtteils. Dort wurde die sogenannte „Jungbusch-Vereinbarung“ erarbeitet, die ein verbindliches Regelwerk für ein besseres Zusammenleben in dem ehemaligen Rotlichtviertel darstellt.

„Norbert Herrmann gehört in dreieinhalb Jahrzehnten sicher zu den herausragendsten Protagonisten engagierter ehrenamtlicher Stadtteilarbeit hier im Jungbusch“, brachte Vorsitzende Maura Lucci dieses außergewöhnliche Wirken am Ende auf den Punkt.

Redaktion Mitglied der Lokalredation, seit 1991 zuständig für den Bereich Mannheim-Mitte mit den Stadtteilen Innenstadt, Jungbusch, Neckarstadt-West und-Ost, Schwetzingerstadt, Oststadt, Neuostheim und Neuhermsheim.

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