Chor-, Kammer-und Kirchenmusik sind eigentlich Orte der stillen, andächtigen Töne. Doch als sich die Johanniskantorei, in Zusammenarbeit mit der Kammerphilharmonie und unter Leitung von Claudia Seitz, an Haydns Oratorium "Die Schöpfung" wagte, versprach es ein musikalisches Feuerwerk zu werden. Jedenfalls kein leises Konzert. Mit Ausnahme der Ouvertüre: Darin vertonte Haydn das der Schöpfung zugrunde liegende Chaos.
Recht passend also, dass das Stück auch nicht einfach aus dem Nichts begann, so als wäre das Chaos urplötzlich da. Denn Seitz setzte mit so leisen, so düsteren Tönen an, dass man schon fast hätte glauben können, die Musik sei in die Johanniskirche hineingeweht.
Erst dann verschmelzen all die Geigen, Klarinetten, Trompeten und Trommeln zu einer gewaltigen Klangmasse. Einer Art Urknall. Auf jeden Fall wird alles ziemlich laut, ziemlich lebhaft, zumal sich jetzt auch noch der Chor erhebt, um eine neue Ordnung zu schaffen. "Es werde Licht", singt der Chor und "es ward Licht."
Zweieinhalb Stunden lang ist Haydns Oratorium, uraufgeführt 1798 in Wien, und es thematisiert die Erschaffung der Welt, ganz nach dem 1. Buch Moses, in dem Gott die Welt in sieben Tagen kreiert, es Licht werden lässt, das Wasser oberhalb und unterhalb des Himmelsgewölbes anordnet, Land, Pflanzen, Sonne, Mond, Sterne, Tiere und schließlich Adam und Eva erschafft. Keine unbekannte Geschichte also. Und trotzdem ist es still im Publikum. Man lauscht der musikalischen Tonmalerei: Den Klängen, die Stürme, Donner und die aufschäumenden Wellen simulieren. Und den Klängen der Erzengel Gabriel (Simone Schwark, Sopran), Uriel (Thomas Jakobs, Tenor) und Raphael (Michael Roman, Bass), die davon erzählen, wie Tag für Tag Neues entsteht. Und sich da, bei all den Klangwelten, noch auf die Handlung zu konzentrieren, fällt auch nicht schwer. Man kann es im Programmheft mitlesen. Den Text für sich mitsummen oder an ganz fetzigen Stellen mitwippen, mitklatschen.
Was aber die drei Solisten, die drei Erzengel, teilweise über die Bühne bringen, raubt einem schon fast dem Atem. Profis eben. Die singen mit Leichtigkeit durch ihre Arien. Schwark etwa trifft stilsicher jeden noch so feinen Ton, während sie mit dem Publikum kokettiert und ihnen zuzwinkert. Und das Publikum, das dankt es dem Ensemble mit minutenlangem Beifall am Ende. Mit Standing Ovation und einem Lächeln auf den Lippen.
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