Neckarau - Beim "Musical im Foyer" in der Angelstraße zeigt Ewa Niren Bühnenpräsenz und Maggie gibt Flirt-Ratschläge

Bertha begrüßt jeden per Handschlag

Von 
Daniela Biehl
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Ewa Niren als Bertha und Melanie Haag als Maggie geben beim Musical in Besten und improvisierten souverän, als bei der Aufführung plötzlich die Technik versagt.

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Wer ins Foyer des Rhein-Neckar-Theaters tritt, soll ganz Ohr sein, einem Musical lauschen - und sich fragen: Wo ist hier die Bühne, wo das Publikum? Denn von Beginn an löst Sängerin Ewa Niren die sonst so starren Strukturen einfach auf. Noch bevor der erste Ton überhaupt gesungen ist, wird sie durchs Publikum schlendern - und sie wird jeden Zuhörer per Handschlag oder mit einem leichten Schulterklopfen einzeln begrüßen. Auch später wird Niren immer wieder die Nähe ihrer Zuhörer suchen und eigentlich kaum auf der Bühne selbst stehen.

Die Geschichte vom "Musical im Foyer" ist an sich schnell erzählt: Da ist Bertha (gespielt von Ewa Niren), die kürzlich ihren Geschäftspartner und Freund vor die Tür gesetzt hat, und nun ihr Büro für Musicalreisen allein führen muss. Was natürlich ein viel zu großer Aufwand für sie ist. Sie veranstaltet da lieber eine "open audition", ein Casting, für ihren nächsten Geschäftspartner: Es kommt nur keiner - oder bloß Maggie (Melanie Haag), die eigentlich nur ein stilles Örtchen sucht. Sie gerät dann aber doch ins Casting und singt sich mit Bertha einmal quer durch sämtliche Klassiker ihrer Branche.

Sie beginnt mit "Mein Herr", entführt ihr Publikum ins Cabaret. Buchstäblich, denn sie spielt mit den anwesenden Herren. Ihre Stimme ist aber auch geradezu tief, passt so schön zum Tempo, zum Groove der Musik. Ihre Zuhörer scheinen das zu genießen, klatschen eifrig im Takt, zücken ihre Smartphones für ein kurzes Foto und singen zuweilen sogar mit.

Es folgen Lieder aus Grease (Niren mit Look at Me I'm Sandra Dee), aus ABBA (The winner takes it all) und aus Rocky (Niren mit wenn es weiter regnet). Und dann greifen beide auf Kindheitserinnerungen zurück: "Supercalifragilisticexpialigetisch", der Zungenbrecher-Song aus Mary-Poppins, der in den 60er und 70er Jahren schon zum Wortspiel schlechthin wurde - und auch im Rhein-Neckar-Theater noch wunderbar funktionierte. Hingerissen war man nach der Nummer jedenfalls wieder. Aus "My Fair Lady" gab es gleich auch noch "Es grünt so grün" auf die Ohren.

Und am Ende wollte man sie auch gar nicht mehr gehen lassen. Zugaben wurden gefordert und man versprach sich nächstes Mal wieder zusehen, beim "Musical im Foyer". Denn zwischen all den Liedern hatte der Nachmittag auch viel Komödienhaftes, etwa als Maggie der lieben Bertha noch ein paar Flirt-Ratschläge mit auf den Weg gab. Oder als plötzlich die Technik versagte und die zwei genial improvisierten, jeden Patzer spontan in ihr Stück einbauten.

Freie Autorin

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