Oststadt. Alice Bensheimer ist Frauenrechtlerin und Gabriele Köbler ist Künstlerin. Doch was verbindet die beiden? Bensheimer wird 1864 geboren, heiratet den Mannheimer Verleger Julius Bensheimer und engagiert sich sozial und politisch. Als die Jüdin 1935 stirbt, gilt sie als angesehene Frauenrechtlerin, die auf der Schattenseite des Nationalsozialismus gelebt hatte.
Als für den neuen Saal im „Congress Center Rosengarten“ eine Namensgeberin gesucht wird, haben die Mitarbeiter der Kongress- und Veranstaltungsagentur m:con (Mannheim:Congress) die Sozialreformerin wieder entdeckt. Per extra eingerichteter Webseite konnten alle Mannheimer abstimmen und der erste Platz fiel auf sie – Alice Bensheimer.
Und Gabriele Köbler? Sie ist 1963 geboren, lebt und arbeitet in Haßloch als Bildhauerin. Auch sie beschäftigt sich mit Frauen. Mit deren Bildnis. Mit ihrem sozialen Bezug. Mit deren figuraler Erscheinung. Zwischen 2000 und 2006 hat sie sich als Objektkünstlerin, Malerin und Bildhauerin ausbilden lassen. Und seitdem sind ihre Werke in zahlreichen Ausstellungen, Kunst am Bau und im öffentlichen Raum zu sehen. Bei einer Preisverleihung unter Ingenieurinnen wurde sie gefragt, ob sie für die Gestaltung einer Alice-Bensheimer-Büste zu haben wäre. „Klar“, lacht sie heute und bewarb sich. Und wie hätte es passender sein können, am 8. Mai, dem Weltfrauentag, wurden Saal und Kunst präsentiert.
Büste von Alice Bensheimer im Mannheimer Rosengarten: Mit feinem Gespür gestaltet
„Es gibt nur wenige Fotos von Alice Bensheimer“, erinnert sich Köbler. Doch sie findet eine Vorlage, gestaltet mit feinem Gespür die Physiognomie, bis Augen, Nase, Mund und Haar den vollkommenen Ausdruck spiegeln. Die gleiche Anmut findet sich in der zeitgemäßen Gewandung. Bensheimer trägt die Mode des frühen 20. Jahrhunderts, ist mit einer Bluse, die den Hals züchtig bedeckt und mit Schmuck bekleidet, der ihre hohe gesellschaftliche Stellung erkennen lässt. All diese Feinheiten hat Gabriele Köbler fachmännisch im Blick. Und erst wenn sie mit dem Ton-Modell zufrieden ist, gießt sie es in Beton aus, bearbeitet und lasiert es, bevor sie die Büste auf einem Sockel montiert.
Nun hat Alice Bensheimer wieder einen würdevollen Platz in der Mannheimer Gesellschaft, ebenso wie der „Frauengipfel“. Das ist eine Serie von Köblers kleinen Kopfplastiken, die in gleicher Betonoptik von Zeitgeschichte erzählen. Obwohl die Bildnis-Plastiken keinerlei Gemütsbewegung oder Gebärden zeigen, sei es die „Pionierin“ oder „die Geflüchtete“, sind alle gleich wichtige Mitglieder im sozialen Gefüge. Die Gruppe ist dauerhaft neben dem Alice Bensheimer Saal zu bewundern. Doch leider nur, wenn das Haus im Zuge einer Veranstaltung geöffnet ist.
Wer jedoch die Plastiken von Gabriele Köbler zeitnah sehen möchte, der, so betont sie gerne, sei zur nächsten Ausstellung willkommen. Nachdem der „Isenach-Nymphe“ des Künstlers Karl Seiter der Kopf abgeschlagen wurde, restaurierte Köbler die Skulptur und überzieht sie mit einer speziell gemischten Farbe, die sie „Nymphen-Grün“ nennt. In dieser Farbe bemalte Betonplastiken sind im Eichhaus (Gerberstraße in Bad-Dürkheim) vom 25. Mai bis 1. Juni zu sehen.
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