Verbraucherschutz

Zigarettenkippe im Brot: Bilanz der Gastrokontrollen in Mannheim

Schimmel, Dreck und eine Katze. Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung der Stadt Mannheim hat seine Bilanz 2021 vorgestellt. Bei den Kontrollen in Lebensmittelbetrieben fanden die Beamten unappetitliche Dinge vor

Von 
Valerie Gerards
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Eklig: eine Fliegenklebefalle über einer Anrichte in einer Gaststätte, aufgenommen im Jahr 2021. © Stadt Mannheim

Mannheim. Metallspäne in einer Pizza, ein Fingernagel im Donut, eine Katze auf der Gastro-Theke oder eine Zigarettenkippe im Brot eingebacken: Diese Beispiele stellte das Dezernat für Sicherheit und Ordnung unter der Rubrik „Kurioses“ bei seiner Bilanz für das Jahr 2021 vor.
 
Tatsächlich geht es bei den Lebensmittelkontrollen aber um zwei große Ziele, wie Erster Bürgermeister Christian Specht betonte: die Verbraucher schützen, indem beispielsweise Zapfhähne auf Keime und Schimmel untersucht werden. Und dass die Wettbewerbsbedingungen nicht durch Betrüger verzerrt werden, die Analog-Käse zu günstigeren Bedingungen einkaufen und als echten Käse verkaufen. „Das war im zweiten Coronajahr noch wichtiger denn je, damit die Ehrlichen nicht die Dummen sind“, sagte Specht.

60 Prozent Beanstandungen

Die Kontrolleurinnen und Kontrolleure der Lebensmittelüberwachung waren auch im zweiten Corona-Jahr trotz Einschränkungen in Gastronomiebetrieben, Großküchen und Lebensmittelbetrieben in Mannheim im Einsatz. „Es gab keine kontrollfreie Zeit.

Wenn Gastronomiebetriebe Lieferservice angeboten haben, wurde auch der kontrolliert“, sagt Peer-Kai Schellenberger, Abteilungsleiter für Verbraucherschutz im Fachbereich Sicherheit und Ordnung. Mit den Kontrollen wird der hohe Überwachungsdruck aufrechterhalten, der Verbraucher vor mangelnder Hygiene schützt.

Eine saubere Küche stellt man sich wohl anders vor. © Stadt Mannheim

Zehn Kontrolleure sind im Fachbereich angestellt, jeder Mitarbeiter führt im Schnitt täglich zwei Kontrollen durch. Neben den routinemäßigen Kontrollen nach Risikobewertung - ein einmal als schmuddelig aufgefallener Betrieb wird engmaschig kontrolliert - gibt es auch anlassbezogene Kontrollen. Die Lebensmittelkontrolleure gehen jeder einzelnen Verbraucherbeschwerde nach - im vergangenen Jahr waren das 139. Davon waren 22 berechtigt.

Solch eine Kontrolle während des laufenden Betriebs sei mitunter eine konfliktträchtige Tätigkeit, konstatiert Specht. „Unsere Aufgabe ist nicht, die Gastronomen zu ärgern, sondern die Verbraucher zu schützen.“ Bei den insgesamt 2619 Betriebskontrollen kam es in 60 Prozent der Fälle zu Beanstandungen. In 571 Fällen kam es zu Nachkontrollen, 77 Mal musste man die Mängelbeseitigung mittels Bescheid durchsetzen, berichtet Schellenberger weiter.

Zahlen und Fakten

  • 5185 Lebensmittelbetriebe gibt es in Mannheim.
  • Davon sind 1499 Gastronomiebetriebe und 86 Großküchen.
  • 2019 wurden 3744 Lebensmittelbetriebe kontrolliert, es folgten acht Schließungen.
  • 2020 wurden 2368 Lebensmittelbetriebe kontrolliert, es folgten sieben Schließungen.
  • 2021 wurden 2619 Lebensmittelbetriebe kontrolliert, es kam zu fünf Schließungen.
  • Bilanz des vergangenen Jahres: 16 Strafverfahren, 71 Bußgeldverfahren, 30 gebührenpflichtige Verwarnungen. vge

Bei ihren Besuchen entdeckten die Kontrolleure Fetttropfen an einer Dunstabzugshaube, die zurück in die darunter stehenden Kochtöpfe tropften, verschmutzte Kühlanlagen, die den Dreck über den frisch gewaschenen Salat verteilten, Klebefliegenfallen, die direkt über dem Besteck hingen, verschimmelte Dichtungen und Gespinste im Mehl einer Bäckerei.

Die Beweisfotos waren durchaus dazu geeignet, beim Betrachter Übelkeit zu verursachen. „Man muss mit der Kelle ins Mehl greifen, um das zu sehen. Ihr könnt euch drauf verlassen, wir kriegen euch“, sagte Specht an die schwarzen Schafe unter den Gastronomiebetrieben gewandt.

Die Lebensmittelkontrollen des vergangenen Jahres hatten 16 Strafverfahren, 71 Bußgeldverfahren und 30 gebührenpflichtige Verwarnungen zur Folge. Nur fünf Betriebe mussten im vergangenen Jahr geschlossen werden, davon vier Gastronomiebetriebe. Nach der Reinigung durften alle wieder öffnen. Sie bekamen zeitnah eine weitere Kontrolle, in der Folge eine höhere Risikobewertung und werden häufiger kontrolliert.

Gespinste in Nüssen sind nicht beim bloßen Anschauen, sondern nur beim Hineingreifen mit der Kelle erkennbar. © Stadt Mannheim

Verstöße führen zur Ahndung, Mehrfachverstöße werden immer teurer. „Da überlegt man sich schnell, ob es nicht doch lohnt, jemanden zum professionellen Reinigen einzustellen“, sagte Specht. Wenn die Ahndung nichts bewirke, könne zuletzt auch das Gewerbe entzogen werden.

Fast 1500 Lebensmittelproben genommen

Neben den Betriebskontrollen wurden 1460 Lebensmittelproben entnommen, die in den Laboren der chemischen Veterinär- und Untersuchungsämter untersucht wurden. Dabei war eine mögliche PFC-Belastung Gegenstand der Kontrollen von Honig aus dem Mannheimer Norden.

PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) sind nicht natürlich und werden etwa in Haushaltsgegenständen, Baustoffen oder Pestiziden verwendet. Die Belastung besteht weiterhin, deshalb haben die Imker ihre Bienenstöcke inzwischen umgesiedelt.

Slush-Eis wurde schwerpunktmäßig untersucht, von den elf Betrieben gab es nur einen ohne Beanstandung. Bei vier von ihnen gab es Hygienemängel, bei den anderen „nur“ fehlende Bezeichnungen.

Freie Autorin

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