Mannheim. Mehr als 1750 Fahrräder - so viele sind im Vorjahr in ganz Mannheim geklaut worden. Damit erreicht die Anzahl der Raddiebstähle, die das Polizeipräsidium Mannheim erfasst und auf Anfrage mitteilt, wieder fast das Niveau vor der Pandemie. Lediglich die Aufklärungsquote ist noch einmal gesunken, von damals 6,1 auf 5,6 Prozent. Ist das Anlass zur Sorge?
Ein Blick auf die Aufklärungsquote bundesweit zeigt: Mit 9,3 Prozent wird nur lediglich jeder zehnte Fall aufgeklärt, ist es grundsätzlich für die Behörden schwer, die Diebe ausfindig zu machen und damit das Rad wiederzufinden. „Gerade weil das Wiederfinden so schwierig ist, lohnt es sich, das Rad so gut wie möglich zu sichern. Damit es erst gar nicht geklaut wird“, sagt Kriminaldirektor Harald Schmidt von der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK).
E-Bikes als beliebte Beute
Was die Beamten der Ermittlungsgruppe Fahrrad des PP Mannheim mittlerweile über die Täter wissen: In der Quadratestadt sind überregionale Banden am Werk. Sie haben es besonders auf die E-Bikes abgesehen, brechen gezielt in Keller ein. Die hochwertigen Elektroräder verfrachten die Diebe ins Ausland, um sie in einem Stück auf dem Schwarzmarkt weiterzuverkaufen. Den Weg der Räder können die Ermittler manchmal über eingebaute Ortungsgeräte in E-Bikes nachverfolgen - wenn die nicht vorher deaktiviert oder ausgebaut werden. Denn mit Störsendern, sogenannten GPS Jammern, lässt sich das Signal von GPS-Trackern blockieren, verliert sich dadurch oft die Spur.
Schaden durch Fahrraddiebstähle in Mannheim gewachsen
„Die Täter haben es besonders auf E-Bikes abgesehen. Die günstigsten kosten ab 2500 Euro aufwärts. Deshalb klären wir Neubesitzer über Gefahren auf, zeigen Präsenz vor Ort und fokussieren uns auf Einbruchsdelikte. Wenn wir die Rahmennummer des Rads kennen, erhöht das die Chance stark, es wiederzufinden“, sagt Polizeisprecher Michael Schnell.

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Mittlerweile ist in Mannheim der Schaden durch Fahrraddiebstähle gewachsen: von rund 950 000 Euro (2018) auf 1,6 Millionen Euro allein im Vorjahr. Das liege an der wachsenden Anzahl von E-Bikes, so der Sprecher. Das spürt man auch beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Mannheim. Demnach seien in der Quadratestadt immer mehr teurere Räder im Umlauf. „Die Leute kaufen gerne hochwertige Fahrräder, der Trend geht zu E-Bikes für mehrere tausend Euro. Das hängt wohl auch mit den Jobrädern zusammen“, sagt Roman Deuster, Sprecher vom ADFC-Kreisverband Mannheim. Außerdem tendieren viele zu mehreren Fahrrädern, wie etwa einem extra Arbeitswegfahrrad bis zur Haltestelle.
Mit dem Besitz von teureren Drahteseln wächst offenbar der Drang, das goldene Velo besser zu sichern. „Sehr viele kommen zum Codieren. Die meisten wurden schon bestohlen, da ist die Motivation, das neue Rad zu behalten, groß“, sagt Deuster. Manche Besitzer, die ein Rad mit Codierung und eins ohne nebeneinander abgeschlossen hätten, berichten, dass Diebe nur das ohne Nummer geklaut, das andere aber links liegen gelassen haben. Denn die Spur von Rädern ohne Gravur zu verwischen, ist leichter. „Es reicht schon, das Rad über die Landesgrenze etwa nach Ludwigshafen zu schaffen. Dann wird es sehr schwer, den Eigentümer zu ermitteln“, sagt Deuster.
In der Innenstadt und im Jungbusch verschwinden die meisten Fahrräder
Am häufigsten verschwinden Velos in der Innenstadt und im Jungbusch. Hier verzeichnet das PP Mannheim für 2022 sogar die Rekordanzahl von fast 400 Rädern - so viele wie in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr. Auf dem zweiten Platz liegen die Oststadt und die Schwetzingerstadt mit 226 verschwundenen Rädern, dicht gefolgt von der Neckarstadt-Ost mit 221 Fällen.

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Dagegen zeichnet sich im Stadtteil Wallstadt, wo in den vergangenen fünf Jahren am wenigsten Drahtesel gestohlen wurden, sogar ein Tiefstand ab: Hier wurden 2022 lediglich 17 Räder als vermisst gemeldet, den Höchststand gab es 2020 mit 54 Fällen. Woran das liegt? Sind in Wallstadt E-Bike oder City-Fahrrad wirklich am sichersten? „In der Innenstadt sind mehr Fahrräder im Umlauf. Das bedeutet mehr Tatgelegenheiten. Besonders am Hauptbahnhof oder der Uni ballen sich die Räder. In ländlicheren Stadtteilen gibt es weniger Anonymität, fallen Fremde eher auf“, ordnet der Polizeisprecher ein.

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Feldstudie in Amsterdam
Wo aber landen geklaute Fahrräder? Das wollten niederländische Forschende herausfinden - und haben für einen Feldtest 100 Räder in Amsterdam mit GPS-Trackern ausgestattet. Ihr Fazit: 50 von 70 gestohlenen Rädern blieben in der Stadt und wurden nicht in andere Städte oder ins Ausland gebracht. Für den Feldtest waren 100 Räder an diversen Diebstahl-Hotspots zum Teil angekettet, teils mit einem Speichenschloss gesichert. Nach fünf Monaten waren 70 Prozent weg. Deren Weg konnten die Forschenden mit Trackern nachvollziehen, die unter Sätteln oder an Reflektoren versteckt wurden.
Fahrräder: Abstellmöglichkeiten in Mannheim
- Auf der Rückseite des Hauptbahnhofs entstehen gerade rund 600 Stellplätze im neuen Fahrradparkhaus am Lindenhofplatz und damit das zweite seiner Art. "Die erste Fahrradstation P6 mit 400 Plätzen ist immer gut belegt. Der Großteil der Nutzer kauft ein Jahresticket", erklärt ein Sprecher der Mannheimer Parkhausbetriebe (MPB), die für die Fahrradstation am Hauptbahnhof zuständig ist. Die Station ist rund um die Uhr geöffnet, eine Tageskarte kostet 1 Euro, die Monatskarte 10 Euro, das Jahresticket 60 Euro.
- Bislang seien hier keine Räder verschwunden, gibt es einen Nachtbereitschaftsdienst für die Tiefgarage am Hauptbahnhof, der auch die Station im Auge behält. Hauptnutzer seien Pendler. Pläne für ein weiteres Fahrradparkhaus etwa in den Quadraten gebe es vorerst nicht, so die MPB und verweist auf weitere Stellplätze in der Stadt. Dort gibt es laut Verwaltung 1700 Stellplätze in den Quadraten, 1200 Bike & Ride-Anlagen, davon 900 überdacht an 60 Haltestellen.
- Im Oktober 2022 wurden die ersten digital buchbaren Fahrradboxen an S-Bahn- und Straßenbahnstationen eingerichtet. Die sind mit elektronischen Schlössern, LED-Beleuchtung und Kleiderhaken ausgestattet. Einige auch mit Steckdose, sodass E-Bikes aufgeladen werden können. Je nach Ebene, Lademöglichkeit und Mietdauer kostet das zwischen 1,50 Euro pro Tag und 120 Euro für sechs Monate. Buchen lassen sich die Boxen nur über das Online-System des VRN unter www.vrnradbox.de.
Überraschend: Viele Räder wurden kurz nach dem Diebstahl wieder im Alltag genutzt, mit regelmäßig wiederkehrenden Routen in der Stadt. Daraus schlossen die Forschenden: Der Dieb verkaufte das Rad entweder in den ersten 20 Minuten weiter oder benutzte es selbst. Nur bei 20 der Räder nehmen die Forschenden an, dass sie von professionell agierenden Dieben oder Banden geklaut wurden. Die Räder tauchten kurz nach dem Diebstahl an denselben Orten auf. Ein Hinweis auf systematisches Stehlen, Transportieren und Verkaufen. (mit dpa)
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