„Ich habe eine Rettungsgasse gebildet“, erzählt der sechsjährige Marco ganz stolz. „Wir haben sofort angehalten und den Krankenwagen mit Blaulicht durchgelassen.“ Marco tritt wie wild in die Pedale seines kleinen Rades, ganz aufgeregt radelt er im Hauptfeld der großen Kidical-Mass-Demonstration mit. Ein Rettungswagen hatte zuvor den Weg des Demonstrationszuges gekreuzt. Und noch eine kleine Blaulichtgeschichte hat Marco zu erzählen: „Ich bin gerade bei Rot über die Ampel gefahren, und die Polizei hat nichts gesagt.“ Die Polizei sorgt für die Sicherheit der Radfahrer – auch bei roter Ampel.
Schon im Mai und im Juni hätte die erste Tour der Kidical Mass durch die Stadt rollen sollen, doch die Beschränkungen der Corona-Krise brachten auch den Zeitplan der Fahrrad-Demo durcheinander: Die ersten beiden der vier Termine am 17. Mai und 21. Juni mussten abgesagt werden. Und so wurde die am dritten Termin geplante Demonstration notgedrungen zur Premiere: Mannheims erste Kidical Mass fand am Sonntag statt.
Auf Dreirad, Hochrad und Klapprad
„Wir wollen, dass die Straßen und insbesondere die Radwege kindergerecht werden, darauf wollen wir aufmerksam machen“, erklärt Organisator und Tourleiter Markus Schlegel den Sinn und Zweck der Veranstaltung, die am Wasserturm startete. „Wir hatten mit der Pop-Up-Lane schon geübt und Demonstrationserfahrung auf zwei Rädern gesammelt“, führt Mitorganisator Robert Hofmann weiter aus. Vergangenen Monat wurde auf dem Friedrichsring eine Spur für Autos gesperrt, die Aktion zog viele Radfahrer an, die stattdessen auf der Spur unterwegs waren (wir berichteten).
„Mit 150 Teilnehmern hatten wir gerechnet“, berichtet Schlegel. Doch es wurden immer mehr und mehr Radfahrer, und am Wasserturm war schon bald kein Durchkommen mehr. „Ich bin total überrascht“, so Schlegel, „damit hätte ich nicht gerechnet.“ Es waren etwa 500 Teilnehmer, die sich auf den fünf Kilometer langen Rundkurs vom Wasserturm zum Nationaltheater, von dort über den Neckar und gleich links in die Käfertaler Straße zum Alten Meßplatz aufmachten. Nach einer Ehrenrunde um den Wasserturm geht’s los: Laufrad, Dreirad, Lastenrad, Klapprad, Hochrad oder Fahrrad – alles ist erlaubt.
Diskussion über Ampelschaltung
Als die ersten Kinder mit ihren Eltern schon über die Goethestraße auf die Ebertbrücke zufahren, starten noch immer Radfahrer am Wasserturm. Ziel und Ende der Demonstration ist in den Lauerschen Gärten in den M-Quadraten. Dort sind die Kinder noch völlig aufgedreht, während die fünf Polizisten auf ihren Motorrädern bei der Absicherung des Demonstrationszuges ganz schön ins Schwitzen kommen. „Die Kinder sind super gefahren und haben uns immer durchgelassen, wenn wir von hinten wieder an die Spitze des Demonstrationszuges mussten“, lobt einer der Polizisten das umsichtige Verhalten der jungen Radfahrer.
Und auch von den Radfahrern kommt Lob zurück: „Danke für die Begleitung“, sagt eine Mutter, während sich ihre beiden Kinder im Anhänger viel mehr für das große Polizeimotorrad interessieren.
Als sich die Demonstration langsam auflöst, beginnt in den Lauerschen Gärten das, wofür während der Radtour keine Zeit war: Viele Teilnehmer diskutieren noch lange über gefährliche Radwege, unzureichend gesicherte Kreuzungen oder ungünstige Ampelschaltung – und, dass vor allem Kinder auf dem Fahrrad im Straßenverkehr benachteiligt seien. „Die Stadt muss mehr tun für die Sicherheit unserer Kinder“, sagt eine Mutter dem „MM“. Ihren Namen will sie nicht verraten, der sei aber auch nicht wichtig: „Wir waren heute mega-viele, wir alle fordern mehr Sicherheit für Radfahrer.“
Am 16. August wollen die Teilnehmer der Kidical Mass erneut ein Zeichen setzen: Dann startet die nächste Fahrrad-Demonstration, wieder um 15.30 Uhr am Wasserturm. Teilnehmen kann jeder.
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