Rhein-Neckar-Tram

Wie sich die neuen Straßenbahnen in der Region anfühlen

Sie kommen mit rund zwei Jahren Verspätung, aber sie kommen: Die neuen Straßenbahnen der Rhein-Neckar-Verkehrsbetriebe. Am 1:1-Modell kann man schon mal testen, wie sich die neue Bahn so anfühlt

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Stefanie Ball
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So soll sie ausehen, die neue Rhein-Neckar-Straßenbahn der Verkehrsbetriebe. © Stefanie Ball

Rhein-Neckar. Der Name bleibt fürs Erste erhalten „Rhein-Neckar-Tram 2020“. Obwohl es schon 2022 ist, und die neuen Trams der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) frühestens im nächsten Jahr auf den Schienen in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen rollen werden. Bis alle bestellten Wagen, 80 sind es insgesamt, da sind, wird es sogar noch bis 2025 dauern.

Doch Frank Ehemann erläutert, dass das ja auch nur der Projektname sei, RNT 2020. „Der entsteht lange vor der Bestellung und wird gerne an Jahreszahlen aufgehängt“, sagt der Projektleiter und Bereichsleiter Fahrzeuge bei der RNV. Meist haut das mit der Jahreszahl bei solchen Großaufträgen dann nicht hin. Aber immerhin, die erste Bahn ist jetzt fertig, und Ehemann ist sie in Pilsen in Tschechien, wo der Hersteller Skoda Transportation seinen Sitz hat, schon Probe gefahren.

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Mit der Videokamera durch die neue Straßenbahn der RNV

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Noch in diesem Herbst sollen sie und zwei weitere Trams in die Metropolregion Rhein-Neckar überstellt werden. Dann starten mehrwöchige Testfahrten und Gutachten, die - im besten Fall - im nächsten Frühjahr abgeschlossen sind. Damit kann die Tram, die im gesamten Verkehrsgebiet der RNV zum Einsatz kommen wird, also von Bad Dürkheim über Ludwigshafen und Mannheim bis nach Weinheim und Heidelberg, in den offiziellen Betrieb übernommen werden.

Lukas Schmidt (links) und Eric Benz aus Heidelberg bzw. Mannheim, beide Studenten, die öfter am Wochenende die RNV-Bahnen nutzen, sitzen schon mal Probe. © Stefanie Ball

Das Projekt gilt mit etwa 265 Millionen Euro für 80 Fahrzeuge als bislang größte Einzelinvestition in der Geschichte der Verkehrsbetriebe. Aktuell sind 190 Fahrzeuge auf den unterschiedlichen Linien unterwegs, welche durch die neue Tram ersetzt werden, steht noch nicht abschließend fest. Bei den Längen gibt es jedenfalls drei Varianten: 30, 40 und 60 Meter.

Was die neue Bahn auszeichnet? Alle Trams können überall im Verkehrsgebiet fahren, und weil die Bahnsteige an den Haltestellen mal rechts, mal links sind, sind auch Türen beidseitig angebracht. Es gibt Klimaanlagen in jedem Fahrzeugsegment und Sitze in zwei Varianten: gepolsterte mit der Hauptfarbe RNV-Blau und eine Variante mit Holzoberfläche. Die Sitzgruppen sind leicht versetzt, so dass Fahrgäste nicht Schulter an Schulter sitzen und ein bequemes Vorbeikommen möglich ist. Die Türbereiche leuchten beim Öffnen grün, beim Schließen rot, außerdem ist der Einstieg breiter als bislang, 1,50 Zentimeter.

Für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer steht ein Multifunktionsbereich zur Verfügung, und auch Rollatoren, Kinderwagen und Fahrräder können auf der Freifläche abgestellt werden. „Fahrräder allerdings nur dann, wenn niemand sonst den Platz benötigt“, betont Ehemann.

Lukas Schmidt (links) und Eric Benz aus Heidelberg bzw. Mannheim, beide Studenten, die öfter am Wochenende die RNV-Bahnen nutzen, sitzen schon mal Probe. © Stefanie Ball

Begrenzter Platz fürs Fahrrad

Das bedauert Sabine Seifert. „Wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, nutze ich die Bahn öfter zur Überbrückung längerer Strecken“, sagt die Mannheimerin. Sie ist am Samstag wie Dutzend andere Interessierte zur Besichtigung des Mock-Ups, des realitätsgetreu konstruierten Modells, ins Infocenter in der Viehhofstraße gekommen.

Weitere Termine

  • Am Samstag, 3. September, besteht erneut die Gelegenheit zur Besichtigung des neuen Fahrzeugs.
  • Anmeldung online unter rnv-online.de/rhein-neckar-tram/
  • Weitere Möglichkeit, die Tram kennen zu lernen, ist am Tag der offenen Tür am 1. Oktober.

Hier erfährt sie, dass es am Ende nicht ohne Kompromisse geht. „Man kann mit einem Fahrzeug nicht alles erfüllen“, sagt Alexander Graf, Abteilungsleiter Kundeninformation, der die Besucher durch die neue Tram führt. In einem mehrmonatigen Dialogverfahren, an dem unter anderem Senioren-, Behinderten- und Fahrgastverbände beteiligt waren, wurden zahlreiche Verbesserungsvorschläge eingebracht.

Weitere Eindrücke der neuen Rhein-Neckar-Straßenbahn der Verkehrsbetriebe. © Stefanie Ball

Die wohl wichtigste Änderung im Vergleich zur Ursprungsvariante war, dass nicht mehr zwei Treppen hohe Podeste über die Achs-Drehgestelle in der Mitte der Wagen führen, sondern Schrägen. Die Stufen hatten im Vorfeld für scharfe Kritik gesorgt. Zumal es nicht die einzigen waren - oder vielmehr sind: Auf der jeweils vordersten und hintersten Achse führen ebenfalls zwei Stufen zu den Sitzplätzen, und die sind auch geblieben.

Weitere Eindrücke der neuen Rhein-Neckar-Straßenbahn der Verkehrsbetriebe. © Stefanie Ball

Geschuldet ist dies der Drehgestell-Technik, die allerdings nach Aussage der RNV weniger Verschleiß an Fahrzeug und Schienen verursacht als starre Achsen. Die Diskussion darüber als auch die komplizierte Konzeption der Schrägen über den mittigen Drehgestellen haben jedenfalls dazu geführt, dass sich die Herstellung verzögert. Das können die Besucher an diesem Morgen im Infocenter nachvollziehen.

Manuell zu bedienende Rampe

Doch, upps, was ist das, eine Lücke zwischen Tür und Bahnsteig, bemerkt eine Frau, als sie im Begriff ist, die Tram zu betreten. Tatsächlich, das räumt Graf ein, ist der Zugang nur stufenlos möglich, wenn die Bahnsteige entsprechend ausgebaut, eben höher sind. „Dafür haben wir eine Klapprampe“, sagt er. Die kann vom Kunden per Knopfdruck angefordert werden, muss dann allerdings händisch vom Fahrpersonal bedient werden. Der Fahrer oder die Fahrerin müssen also aussteigen, die Rampe runter- und dann wieder hochklappen. Woher Fahrgäste das wissen? „Da müssen wir viel kommunizieren“, sagt Graf. So ist vorgesehen, dass Rollstuhlfahrer den vorderen Teil des Zuges nutzen; für Radfahrer ist der Multifunktionsbereich im hinteren Teil gedacht.

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Was es künftig gar nicht mehr geben soll, ist Außenwerbung. Stattdessen werden Kundinnen und Kunden über Infotainment-Bildschirme informiert, und auch Werbung kann dort geschaltet werden. „Wir wollen, dass das neue Produkt, die Tram selbst, ins Stadtbild reinkommt“, sagt Projektleiter Ehemann. Dominic Wolf muss sich an den Anblick erst gewöhnen. „Es sieht aber modern aus, das passt zur Bundesgartenschau im nächsten Jahr - wenn die Bahnen bis dahin da sind.“

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