Stadtentwicklung

Wie sich der Ukraine-Krieg auf den Mannheimer Lindenhof auswirkt

Eine Kita und Wohnungen - der Pfalzplatz auf dem Mannheimer Lindenhof sollte eigentlich bebaut werden. Doch das Projekt gerät ins Stocken. Der Grund ist der Bunker unter der Fläche

Von 
Stefanie Ball
Lesedauer: 
Auf dem Pfalzplatz auf dem Lindenhof sollen eine Kita und Wohnhäuser entstehen – eigentlich. © Stefanie Ball

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch in Bereichen aus, die gar nicht unmittelbar mit dem Konflikt in Verbindung stehen. So liegen Bebauungspläne für den Pfalzplatz auf dem Lindenhof seitdem auf Eis. Warum? Weil der Platz genaugenommen ein riesiger Bunker ist, und Schutzräume wie dieser rücken angesichts des Konflikts an der EU-Außengrenze wieder in den Fokus.

Eigentlich sollten auf dem Pfalzplatz eine neue Wohnbebauung und ein Kindergarten entstehen. Das Projekt war auch schon ziemlich weit gediehen. So hatte die Stadt ein Planungsbüro, MESS Stadtplaner, mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, auch Anwohnerinnen und Anwohner, für die der Platz mit Skaterrampe, Spielplatz und Gemeinschaftsgärten von großer Bedeutung ist, wurden eingebunden.

Fünf Bebauungsvarianten

Am Ende gab es fünf Varianten, die sich im Grad der Wohnbebauung unterschieden. Klar war, dass angesichts des Mangels an Kindergartenplätzen auf jeden Fall eine Kita gebaut wird. Strittig war die Frage der Wohnbebauung. Die meisten Anwohner würden den Platz am liebsten frei lassen, die Stadt will eine „städtebaulich optimale“ Entwicklung, sprich: Es sollen Wohnungen entstehen, denn Wohnraum in Mannheim ist knapp.

Eine endgültige Entscheidung stand bislang noch aus - hat sich nun allerdings fürs Erste erübrigt. Denn der Bunker unter dem Platz unterliegt der sogenannten Zivilschutzbindung. Das heißt, er ist einem öffentlichen Zweck gewidmet, nämlich als Schutzraum. Im Bedarfsfall muss er für diesen Zweck auch zur Verfügung stehen.

Da es diesen Bedarfsfall nach Ende des Kalten Krieges nicht mehr gab, war längst geplant, die Flächen - ehemalige Luftschutzanlagen aus dem Zweiten Weltkrieg sowie neu errichtete Mehrzweckanlagen, die als Tiefgaragen und U-Bahnhöfe genutzt wurden - aus der Zivilschutzbindung zu entlassen. Dann marschierte Russland in die Ukraine ein, und die Weltlage änderte sich. Mit der Folge, dass das Bundesinnenministerium die Pläne wieder einkassierte. Wie die für die Anlagen zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erklärte, wurde die Entlassung „ruhend“ gestellt.

Gemeinsam mit den Bundesländern soll zunächst eine Bestandsaufnahme aller Schutzräume, die noch der Zivilschutzbindung unterliegen, vorgenommen werden. Erst nach Abschluss dieser Bestandsaufnahme werde über das weitere Vorgehen entschieden. Das bedeutet de facto: Baustopp auf dem Pfalzplatz. „Die Verwaltung prüft aktuell den Fortgang für die Planungen am Pfalzplatz und wird dem Gemeinderat bis Ende des Jahres berichten“, sagte Corinna Hiss von der Stadt Mannheim.

Schutzräume ohne Schutzfunktion

Laut Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gilt noch für 600 Anlagen mit rund 490 000 Schutzplätzen rein formal die Zivilschutzbindung. Mehr als 200 davon liegen in Baden-Württemberg, 19 in Mannheim. Die Mehrzahl der Anlagen steht im Privateigentum oder im Eigentum von Kommunen, so auch in Mannheim.

Die rein rechtliche Zivilschutzbindung bedeutet jedoch nicht, dass im Falle eines militärischen Angriffes die Räume sofort wieder genutzt werden könnten. Im Gegenteil, teils stehen die Räume zwar leer, sind aber in einem schlechten Zustand, teils werden sie anderweitig genutzt. So ist etwa im Hochbunker in der Birnbaumstraße das Zeitgeschichtliche Museum Mannheim untergebracht. Es würde Tage, Monate oder gar Jahre dauern, bis alle Schutzräume ihrem Namen wieder gerecht würden.

Kein Konzept für andere Bunker

Allerdings - und das ist nun das Dilemma auf dem Pfalzplatz - gilt für Zivilschutzanlagen, ob nutzbar oder nicht, ein Veränderungsverbot. Durch dieses wird gewährleistet, dass an den Grundstücken und Einrichtungen keine Änderungen vorgenommen werden dürfen, die die Nutzung als öffentliche Schutzräume beeinträchtigen würden, wie die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben betont.

Laut Stadt ist der Pfalzplatzbunker der einzige Bunker, für den bislang ein Entwicklungskonzept erarbeitet wurde und der damit von der Entscheidung des Bundes, die Schutzräume sicherheitshalber in der Hinterhand zu haben, betroffen ist. Die Planungen für die übrigen Mannheimer Bunker sind noch nicht so weit fortgeschritten.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen