Wer die Mannheimer Kunsthalle besucht, dem dürften nicht nur die Kunstwerke auffallen. Es gibt Glasscheiben vor den Werken, Sicherheitspersonal, das durch die Hallen streift und Bewegungsmelder, die unangenehm laut piepen, wenn man Gemälden zu nahe kommt.
Nachdem Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ ein Gemälde von Monet mit Kartoffelbrei beschmiert haben, stellt sich die Frage, ob auch Mannheimer Kunsthäuser Angst haben, zum Ziel solcher Angriffe werden zu können. Schließlich zeigt auch die Kunsthalle hochkarätige Werke, wie etwa Vincent van Goghs „Rosen und Sonnenblumen“.
Keine Einblicke aus Angst?
Um Gemälde wie dieses zu schützen, rät der Deutsche Museumsbund (DMB) deshalb seit Beginn der Angriffe zu strengeren Sicherheitsmaßnahmen. Viele Museen hätten ihre Vorkehrungen seither verstärkt, würden dies aber nicht öffentlich machen, sagte der Geschäftsführer des DMB der Deutschen Presse-Agentur.
Auch bei der Recherche dieser Redaktion fällt auf: Die großen Mannheimer Kunsthäuser wollen sich nicht zu den Attacken der Klimaaktivisten äußern. Eine Pressesprecherin des Reiss-Engelhorn-Museum bittet in einer Mail um Verständnis: „Die Sicherheit der Exponate hat - ganz abgesehen von den aktuellen Ereignissen - immer einen hohen Stellenwert für uns. Um diese zu gewährleisten, äußern wir uns grundsätzlich nicht zu sicherheitsrelevanten Fragen.“
Und auch die Kunsthalle lehnt Anfragen zum Thema ab. Sind die Sicherheitsvorkehrungen dort verschärft worden? Und fürchtet man deshalb, mediale Aufmerksamkeit könne das Augenmerk der Aktivisten auf die Häuser legen?
Mannheimer Kunsthäuser verurteilen Protestaktionen
Andere Mannheimer Kunsthäuser beziehen wiederum Stellung. Die Prince House Gallery habe „mit großer Sorge und Entsetzen auf die Attacken der Aktivisten reagiert“, betont Eva Herzer von der Geschäftsführung.
Mit „Befremden und Entsetzen“ beobachtet auch Port25 die Angriffe auf Kunstwerke. „Es sind Attacken, die sich letztlich gegen das Werk anderer Menschen richten. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber völlig Unbeteiligten“, teilt die Geschäftsführung per Mail mit.
Angst davor, selbst zum Ziel zu werden, hat das Kunsthaus nicht. „Wir denken, dass unsere Exponate nicht medienwirksam genug wären. Insofern hoffen wir, dass niemand hier Kunstwerke angreifen würde.“ Auch deshalb seien Sicherheitsmaßnahmen nicht angepasst worden. Eingesetzt würden nur Kameras.
Auch die Prince House Gallery habe ihre Sicherheitsmaßnahmen nicht angepasst - noch. „Falls sich die Lage zuspitzen sollte, müssten wir dieses Konzept allerdings nochmals überdenken“, teilt Herzer mit. Kunst solle dort „erlebt und gekauft werden“ und Kunden sollten sich beim Besuch wohlfühlen und „keinerlei Einschränkungen erfahren“.
Werke aus Angst vor Aktivisten nicht auszustellen oder in Depots zu verfahren, sei laut den Mannheimer Kunsthäusern keine Lösung. „Schon Glasscheiben sind eigentlich eine Barriere, die den Genuss der Kunst stört, die die Begegnung distanziert macht. Kunst sollte allen Menschen möglichst barrierefrei zugänglich sein“, findet das Team von Port25. So bleibe allerdings das Risiko, dass Kunst angegriffen, beschädigt oder zerstört werden könne.
Diese Unsicherheit nutzen die Aktivisten. Niemand wisse, wann es zu Angriffen kommt - auch nicht, ob es welche in Mannheim geben könnte. „Ob wir weiterhin auf Kunsthäuser gehen, dazu wollen wir nichts sagen. Aber unsere Proteste bleiben friedlich und kreativ“, so der Mannheimer Klimaaktivist Raúl Semmler von der „Letzten Generation“. „Wie Proteste gestaltet sind, entscheiden wir nicht leichtfertig.“
Aufmerksamkeit für Branche?
Im Fall des Potsdamer Museums retteten eine Glasscheibe und spezielle Filzleiste das Gemälde von Claude Monet, nachdem Klimaaktivisten es mit Kartoffelbrei beschmiert hatten.
Haben die Aktivisten vor dem Hintergrund „nicht leichtfertig“ handeln zu wollen, bewusst ein Gemälde gewählt, das nicht beschädigt werden kann? Aktivist Semmler weicht der Frage mehrfach aus, erklärt dann aber doch: „In der Vergangenheit wurde darauf geachtet, dass nichts beschädigt wird.“
Die Mannheimer Kunsthäuser zeigen für die Aktionen trotzdem kein Verständnis: „Kulturgut zu beschädigen, Zerstörung in Kauf zu nehmen, kann keine Lösung sein“, betont Port25. Klimaaktivist Semmler erklärt wiederum: „Die Aktionen verschaffen den Kunsthäusern auch Aufmerksamkeit.“ Er schiebt hinterher: „Kunsthäuser tragen außerdem zum CO2-Ausstoß bei.“
Tatsächlich wird die Nachhaltigkeit im Kunstbetrieb in Frage gestellt: „Riesige Räume mit einer permanenten Temperatur von 20 Grad Celsius, außerdem reichlich Flugverkehr für Gemälde, Kuratoren und Kulturtouristen: So trägt der Kunstbetrieb zum weltweiten Klimawandel bei“, schreibt etwa Deutschlandfunk.
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Ausstellungsbetrieb könnte teurer werden
Sehen sich Aktivisten mit Protesten in Museen im weitesten Sinne so im Einsatz für die Kunst? Klimaaktivist Semmler betont zumindest: „Wir sind für den Schutz von Kultur auch verantwortlich, das ist uns wichtig.“
Die Mannheimer Kunsthäuser sehen das anders. Die Prince House Gallery beschreibt ihre Haltung zu Angriffen dieser Art mit „einer klaren Ablehnung“.
Port25 befürchtet sogar, dass die Angriffe Auswirkungen auf den Betrieb haben könnten: „Es wird dazu führen, sollte es weitere Angriffe geben, dass der Ausstellungsbetrieb kostenintensiver wird.“
Spiegelnde Glasscheiben und Sicherheitspersonal an jeder Ecke würden das Erleben von Kunst wohl eher negativ beeinflussen. Denn, so betont Herzer abschließend: „Kunstwerke sind keine toten Objekte, die hinter ein Absperrband gehören. Ihr Platz ist mitten im Leben.“
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