Bildung - Gut besuchte Lesung mit Sophie von Bechtolsheim in der Reihe „Literaturcafé“ auf dem Waldhof

Wie prägt der Nationalsozialismus Familien?

Von 
Sylvia Osthues
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Sophie von Bechtolsheim, Enkelin von Graf von Stauffenberg. © Sylvia Osthues

„Wenn sich das Gewissen meldet – Zeitzeugen erinnern an den Nationalsozialismus und ihre Kriegserlebnisse“: Im Restaurant Landolin auf dem Waldhof gab es jetzt ein Wiedersehen mit Sophie von Bechtolsheim. In der Reihe „Literaturcafé“ las sie aus ihrem neuen Buch „Stauffenberg. Folgen“. Uwe Grundei, Initiator der Kulturtage Waldhof und jetzt in Verantwortung der Caritas-Tochter c.ad laborem gGmbH als Trägerin des Inklusionsrestaurants Landolin, begrüßte auch den Archäologen Friedrich-Wilhelm von Hase, der in die Lesung einführte.

Zwölf persönliche Geschichten

Erfolgsautorin Bechtolsheim ist die Enkelin von Claus Graf von Stauffenberg, eine der zentralen Figuren des militärischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Nachdem ihr erstes Buch „Stauffenberg. Mein Großvater war kein Attentäter“ zum Bestseller avancierte, hatten sich zahlreiche Leser bei von Bechtolsheim gemeldet. Das so entstandene Buch „Stauffenberg. Folgen“ dokumentiert in zwölf Kapiteln Erzählungen von Menschen und ihren Familien, denen die Erinnerung an den Nationalsozialismus und die Kriegserlebnisse schwer auf der Seele lasten und die sich immer wieder die Frage stellen: Wie haben sie oder ihre eigenen Vorfahren sich während des Nationalsozialismus verhalten? Waren sie begeisterte Anhänger, willfährige Mitläufer oder leisteten sie Widerstand und diesen wofür?

Arbeitet als Mediatorin

Sophie von Bechtolsheim, geboren 1968 in München als Sophie von Stauffenberg, studierte Geschichte und Kommunikationswissenschaften an der TU in Dresden und an der Fernuniversität in Hagen und absolvierte außerdem ein Studium der Malerei in München.

Die Mutter von vier Söhnen arbeitet heute als Mediatorin in Uffing/Bayern. Sie ist Vize-Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944.

Ihr Buch „Stauffenberg.Folgen“, erschienen im Herder Verlag. ISBN 978-3-451-38730-2, ist für 20 Euro erhältlich in Buchhandlungen. ost

„Gemeinsam haben alle zwölf Erinnerungen, die Vergangenheit hört nicht einfach auf – die Vergangenheit ist ein Erbe, das wir wie einen Rucksack mit uns tragen und nicht ausschlagen können“, sagte von Bechtolsheim. Die Schicksale sind unterschiedlich. Da ist ihr Schwiegervater Christoph von Bechtolsheim. Der damals 19-Jährige war durch ein Versetzungsgesuch an ihren Großvater in den Verdacht geraten, am Staatsstreich am 20. Juli 1944 beteiligt gewesen zu sein.

Moralische Verpflichtung

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Veröffentlicht
Von
Stefan M. Dettlinger
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Und da ist der 94-jährige Bert Heinrich. „Seine Geschichte zeigt“, so von Bechtolsheim, „dass wir nicht bleiben müssen, was wir geworden sind oder was die Geschichte aus uns gemacht hat“. Heinrich hat nach dem Zusammenbruch seines Weltbildes neue Wertvorstellungen gefunden. Aus dem halbwüchsigen Soldaten der Waffen-SS wurde ein Freund der Familie von Bechtolsheim.

Marco Heinzel spürte schon als 14-Jähriger in der damaligen DDR, welche Auswirkungen Desinformationen und Halbwahrheiten haben können. Die eigenen Erfahrungen und die seiner Eltern und Großeltern prägen seine Überzeugungen bis heute.

Aus der Enkelgeneration stammt auch Sophie-Dorothee Fleisch. Für sie entstand eine schmerzliche Lücke, als ein ganzer Zweig ihrer Familie verschwand, vertrieben oder ermordet wurde. Schon als Schülerin empfand sie es „als moralische Pflicht, den Verbleib ihrer jüdischen Familie offenzulegen“.

Freie Autorin

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