Mannheim. Tim Bolle und Robert Edelmann wissen, wie man ein Start-up gründet, wie man eine Geschäftsidee umsetzt. Vor dreieinhalb Jahren sind sie mit Heartlight Vintage an den Markt gegangen. Sie bieten nachhaltige Second Hand Mode an – zunächst im Onlineshop, seit Herbst 2021 im eigenen Concept Store in der Neckarstadt. Demnächst komme ein Store in Freiburg dazu, erzählt Tim Bolle im Gespräch mit dieser Zeitung.
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Einen „9-to-5-Job“ wollten die beiden nie, stattdessen kam während des gemeinsamen Studiums der Wirtschaftsinformatik der Wunsch auf, „etwas Eigenes zu machen – und vor allem etwas zu bewegen“. Mit ihrem Start-up Heartlight Vintage, räumt Tim Bolle freimütig ein, werde man zwar „nicht reich“. Aber: „Man kann davon leben.“
Bolle und Edelmann haben den Sprung ins Wirtschaftsleben also geschafft. Und sind deshalb dafür prädestiniert, Schülerinnen und Schülern die Gründung eines Start-ups näherzubringen. Beim ganztägigen „Start-up BW Young Talents Innovation Workshop & Pitch“ am Ludwig-Frank-Gymnasium (LFG) tun sie das – im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums.
Das LFG ist eine von rund 70 Schulen, die in diesem Jahr an dem landesweiten Wettbewerb teilnehmen. In der ersten Runde auf Schulebene kürt die dreiköpfige Jury einen Sieger. Der hat die Möglichkeit, seine Geschäftsidee zu verfeinern und damit im Sommer 2024 an der landesweiten Endrunde teilzunehmen.
Die 25 Schülerinnen und Schüler der zwei Leistungskurse Wirtschaft teilen sich zunächst in fünf Gruppen auf – die Teams werden ausgelost. Jede Gruppe erhält Kärtchen mit zehn Begriffen, immer zwei der Begriffe werden per Zufallsprinzip zugeordnet. Jetzt gilt es, daraus eine Geschäftsidee zu entwickeln und sie am Nachmittag einer dreiköpfigen Jury zu präsentieren – zu pitchen, wie das auf Neudeutsch heißt.
Fünf Gruppen – fünf Konzepte
Jeweils drei Minuten Zeit bleiben, Konzept, Kundennutzen, Alleinstellungsmerkmal der Idee, Zielgruppe, Marketing und mehr vorzustellen. Die Jury achtet dabei nicht nur auf die Qualität des Konzepts, sondern unter anderem auch auf Rhetorik, Struktur der Präsentation, die effektive Nutzung der zur Verfügung stehenden Zeit und die Leidenschaft, die die jeweilige Gruppe für ihre Geschäftsidee zeigt.
Fünf Gruppen – fünf Ideen: Hinter „Fit Food“ seht das Vorhaben, ein Restaurant aufzubauen. Es soll den Gästen genaue Nährwertangaben liefern, damit sie möglichst gesund speisen können. Ganz ähnlich klingt „Fit Up“. Dabei geht es ebenfalls um Ernährungspläne. Aber vor allem um Sensoren, die in Fitness-Studios an den Geräten angebracht werden sollen, damit sie die Aktivitäten der Trainierenden aufzeichnen können.
Bei „Smart Food“ steht einmal mehr gesunde Ernährung im Fokus. Bei diesem Start-up sollen Kunden Ziele vorgeben – zum Beispiel, wie viele Kilo sie abnehmen und durch welche sportlichen Aktivitäten sie das erreichen möchten. Sie sollen auf dieser Basis nicht nur maßgeschneiderte Ernährungspläne, sondern gleich passende Nahrungsmittelpakete geliefert bekommen.
„Bake it“ setzt auf individualisierte Kuchen und Torten. Die Kunden wählen spezielles Design, Füllung und mehr – und erhalten per Post das entsprechende Rezept, alle Zutaten und bei Bedarf Backutensilien.
Und dann ist da noch die Gruppe, die sich „Zmillow“ ausgedacht hat: ein smartes Kissen, an dem man via App Temperatur einstellen, Massagefunktionen zuschalten oder beruhigende Töne einspielen lassen kann. Das „Zmillow“-Team mit Aylin, Dina, Kerem, Louis und Ridvan überzeugt die Jury von seiner Idee – und kommt auf den ersten Platz.
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Auf den zufällig kombinierten Karteikarten, die die fünf Schülerinnen und Schüler zogen, standen die Begriffspaare „Putzen und Klamotten“, „Ball und Auto“, „Fußball und Essen“, „Fitness und App“ sowie „Boxen und Schlafen“. Die Gruppe wählt Letzteres: „Da sind uns die besten Ideen gekommen“, berichtet Aylin. Nach einer langen Brainstorming-Runde habe man ein grobes Konzept für ein smartes Ruhekissen im Kopf gehabt – „alles ohne Internet“, erzählt Louis. Lediglich zur Recherche der Details – etwa nach möglichst kleinen Lautsprecherboxen, die beim Schlafen nicht stören – sei man ins Web gegangen.
Auf dem Weg zum Landesfinale
Rainer Schmidt, der den Pitch auf schulischer Seite mitorganisiert, zeigt sich „von der Art und Weise, wie präsentiert wurde“, begeistert: „Das war wirklich toll“, lobt er alle Gruppen. Dass an einem guten halben Tag aus dem Stegreif kein ausgereiftes Konzept entstehen kann, ist völlig klar. Aber die Ideen, die die Jugendlichen entwickelt haben, werden von der Jury samt und sonders begrüßt – wobei Verbesserungstipps nicht ausbleiben.
Das „Zmillow“-Team hört dabei genau hin. Die Jury empfiehlt der Gruppe eine Marktanalyse – also ob es Vergleichbares bereits gibt. Und regt an, sich über die Produktion der Kissen vertieft Gedanken zu machen. Aber bis zum Finale auf Landesebene ist ja noch ein paar Monate Zeit. Will die Gruppe daran teilnehmen, will der Reporter wissen. Einhellige Antwort: „Ja, natürlich!“
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