Mannheim. Die Baumhainhalle im Luisenpark ist üppig geschmückt. Ein Fernseher ist links hinter der Bestuhlung platziert. Auf ihm laufen stumm geschaltete chinesische Nachrichten. Die Gäste nehmen Sektgläser von den Kellnern entgegen. Die Kleiderordnung ist an die prunkvolle Dekoration der Festhalle angepasst. Visitenkarten tauschen die Besitzer und der Wille zum Netzwerken ist schon während des Sektempfangs groß. Anlässlich des chinesischen Neujahres wird die chinesisch-deutsche Freundschaft gefeiert. Laut der Stadt sollen die Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und China hier intensiviert werden. Unternehmen, Investoren, Vereinsmitglieder und Presse sind eingeladen.
Das eine Land ist für das jeweils andere ein wichtiger Markt. Aber es gibt auch grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Nationen. China ist ein autoritärer Staat; immer wieder werden Menschenrechtsverletzungen beklagt. Das sind die Vorzeichen, unter denen hier gefeiert wird.
Zwei chinesische Partnerstädte
Zu Beginn wird der traditionelle chinesische Drachentanz aufgeführt. Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) tritt danach auf die Bühne und trägt einen roten Schal auf den Schultern, wie auch alle anderen Redner. „Das passt ja eigentlich nicht zu meiner politischen Gesinnung“ witzelt er.
Specht eröffnet den Abend: Nachhaltigkeit, Wirtschaft und Wachstum sind seine Schlüsselbegriffe. Der Rhein-Neckar- und Rhein-Main-Raum habe viel zu bieten, betont der OB. Thema ist unteranderem die „eingeschlafene“ Güterzugverbindung von Mannheim in die ost-chinesische Partnerstadt Qingdao, die 2022 eingeweiht wurde. Sie sei auch ein Erfolg des Austauschs mit China. Mannheim ist verbunden mit zwei Partnerstädten in China: Qingdao und Zhenjiang.
Auffällig ist: Specht erwähnt etliche Gemeinsamkeiten. Was zusammenschweiße, seien „Fragen des Welthandels“ und die „Sicherung des Friedens“. Zu Differenzen zwischen Deutschland und China erwähnt Specht lediglich, dass man sich begegnen müsse, „trotz bestehender Unterschiede in großen politischen Fragen“.
Generalkonsul zu Gast
Zum Fest ist auch der Generalkonsul der Volksrepublik China in Frankfurt, Yiyang Huang, geladen. Er betont ebenso, was Mannheim mit China verbindet. Das Teehaus im Luisenpark sei „der größte authentisch chinesische Gartenkomplex in Europa“. Die Universität Mannheim sei „die Wunsch Universität vieler Chinesen“. Erwähnenswert ist, dass Huang seine Rede zum ersten Mal auf Deutsch hält.
Sowohl der Generalkonsul als auch Specht berichten von der deutsch-chinesischen Wirtschaft. Specht stellt eine „Wachstumsdelle“ in beiden Volkswirtschaften fest. Dennoch erwähnt er den E-Auto Markt als „Wachstumstreiber“. Er berichtet von chinesischen Elektroautos, betont die mögliche Zusammenarbeit in diesem Sektor.
Stadt und Verein verleihen außerdem zwei Ehrungen: Peter Kurz, früherer Oberbürgermeister, wird als Initiator der Frühlingsfeste geehrt. Auch Klaus Schlappner, langjähriger Trainer des SV Waldhof und der chinesischen Nationalmannschaft, erhält eine Auszeichnung.
Im Publikum ist ein Vertreter der chinesischen Studenten, Yijiao Li, Vorsitzender des Vereins chinesischer Studenten und Wissenschaftler in Mannheim. Er findet, das chinesische Frühlingsfest und weitere Feste dieser Art „bieten den deutschen Bürgern ein gutes Fenster, um China kennenzulernen“. Er erwähnt ebenfalls die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder und meint, dass im Vergleich zum wirtschaftlichen Austausch der kulturelle nicht ausreichend sei. Stellenweise fehle das Verständnis. Laut dem BWL-Studenten ist „die beste Möglichkeit, China zu verstehen, nach wie vor selbst nach China zu gehen“. Eine ähnliche Einschätzung hat der dritte Redner des Abends, Felix Kurz.
Ausrichter des Frühlingsfests ist neben der Stadt die Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft Mannheim/Rhein-Neckar (GDCF). Kurz, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft, stellt die rhetorische Frage: „Was wissen wir eigentlich über China?“ Seine Antwort fällt ernüchternd aus: „Nicht viel.“
Er plädiert für mehr „China-Bildung“ in Schulen. Weiter betont Kurz seine Verbundenheit mit der chinesischen Kultur: „Nur Dialog kann uns voranbringen.“ Auch die Philosophie der GDCF bestehe darin, auf Begegnungen zu setzten. Seine erste Chinareise trat er 1990 an, das Interesse an anderen Kulturen sei schon immer da gewesen, so Kurz. Auch als Unternehmer setze er auf China. Er betont, ähnlich zu seinen Vorrednern, die Wichtigkeit von nachhaltigem Wachstum, kulturellem Austausch und offenem Dialog.
„Freunde können streiten“
Auf konkrete Menschenrechtsdebatten beispielsweise wird derweil in den offiziellen Beiträgen nicht eingegangen: Die Redner erkennen lediglich am Rande kurz die teils unterschiedlichen politischen Meinungen an. Im Gespräch nach der Veranstaltung betont Kurz: „Für uns ist wichtig: Wir wollen uns auf der Ebene der Menschen austauschen. Da sind wir nicht naiv. Wir diskutieren auch über Menschenrechte.“
Oberbürgermeister Specht nennt die Unterschiede die „großen politischen Fragen“. Die Redner des Abends unterscheiden: zwischen Politik und Freundschaft. Kurz meint dazu in seiner Rede: „Freunde können streiten, Freunde können sich aber auch verzeihen.“ Der Verein, so erklärt er auf Nachfrage, mische sich nicht in die Politik ein, da könne man differenzieren.
Yijiao Li, vom Verein der chinesischen Studenten und Wissenschaftler in Mannheim, sagt dazu: „Politische Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, die es zu lernen und zu kritisieren gilt.“
Der Abend war für ihn „eine Frühlingsfeier und keine politische Diskussionsveranstaltung“. Auf dem Frühlingsfest scheint man sich einig: Die tiefgreifenden politischen Unterschiede zwischen Deutschland und China bleiben in der Verantwortung der „großen Politik“.
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