Mannheim. Die Vermittlung gegen Einsamkeit zum Jahresende aus Mannheim ist wieder da: KeinerBleibtAllein. Ab sofort stellt die Bürgerinitiative Verbindungen zu Weihnachten und Silvester im gesamten deutschsprachigen Raum her. Das geht über die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram, zwischen Menschen, die Gesellschaft suchen, und solchen, die Gesellschaft anbieten. Interessierte können sich unkompliziert per Nachricht über Facebook und Instagram als Gast oder Gastgeber melden.
„Wir haben seit 2017 unser Vermittlungskonzept nicht geändert. Wir konnten es seit einem Jahr um Infos rund um Einsamkeit bei jungen Erwachsenen und Menschen mittleren Alters sinnvoll ergänzen“, so der Mannheimer Christian Fein, Initiator der ehrenamtlichen Organisation. „Hinsichtlich der fortwährenden Mehrfachkrise und den zivilgesellschaftlichen Herausforderungen wird die Sehnsucht nach Gemeinschaft auch bei unseren Teilnehmenden immer stärker spürbar“, sagt er.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
KeinerBleibtAllein ist nach eigenen Angaben ein Projekt mit bislang über 240 000 Teilnehmenden in sieben Jahren. 38 000 Vermittlungsvorschläge konnten in diesem Zeitraum ausgesprochen werden. „Viele machen auch seit mehreren Jahren bereits wiederholt mit, weil man sehr gute Erfahrungen sammeln konnte“, so Fein. „Für viele ist es ein Wiedereinstieg in das gesellschaftliche Miteinander.“
Mehr Informationen über das Projekt und die Vermittlungsaktion gibt es auf der Website und den Präsenzen auf Facebook und Instagram.
Plattform Facebook stieg mit in das Projekt aus Mannheim ein
Christian Fein hat die Gruppe aus einer eigenen schmerzlichen Einsamkeitserfahrung heraus gegründet. „Es war damals Heiligabend. Die Stimmung war einfach bedrückend. Ich wusste, es sind jetzt noch ein paar Stunden bis 21 Uhr. Ich wusste, dass das jetzt eine schwere Zeit wird. Und dann habe ich angefangen, mich abzulenken und die Tweets geschrieben“, so Fein. Über Tweets, verschlagwortete Kurznachrichten auf Twitter, machte Fein damals seinem Gefühl Luft. Er verschlagwortet mit dem Satz #KeinerTwittertAllein. Schon damals mit dem Ziel, Einsame zu vernetzen.
Daraus wurde das Projekt KeinerBleibtAllein. Denn der Schrei ins Netz hallte so laut, dass er eine Debatte anstieß. Die Evangelische Kirche gesellte sich dazu, später auch der Konzern Facebook. Eine große Gruppe zum Vernetzen wurde dort gegründet und Usern vorgeschlagen. Bereits 2017 versuchte Fein, Menschen zu verbinden, indem sie ihm eine Nachricht an seinen Twitteraccount schrieben und er sie „matchte“. 2700 Menschen machten mit, ein Erfolg. Zwei Jahre später zählte er schon über 63 000 Teilnehmer, 80 000 Chats. Die kamen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Nachricht und Person werden händisch ausgewählt und verbunden
Er und sein Team matchen die Nachrichten, die über Facebook, Instagram und TikTok ankommen, händisch. Denn sie wählen sorgfältig aus. Und das braucht Zeit. Wie funktioniert das Matching genau? „Man schreibt uns zum Beispiel: Ich bin weiblich, 30 und suche eine weibliche Person zum Mitfeiern“, erklärt Fein. Auch wenn jemand etwa eine barrierefreie Location braucht oder ähnliches wird angegeben.
Nach dem Matching wird der Kontakt hergestellt, dann kann man feststellen, „was für ein Mensch dahinter steckt“, so Fein. Es bleibe den Teilnehmenden selbst überlassen, ob er oder sie sich treffen wollen, „ein bisschen wie beim Onlinedating“, erklärt er. „Weil wir natürlich nicht Persos verlangen oder Leute prüfen können.“ Fein betont, dass man sich, falls Unsicherheiten bestehen, auch erst beschnuppern oder in der Öffentlichkeit treffen könne.
KeinerBleibtAllein ist auch Infoplattform. Sie will „Impulse geben, selbsttätig aus der Einsamkeit zu kommen“, sagt Fein. Im Netz klärt er mit bunten Kacheln und selbst gedrehten Videos auf. Per Social Media halten er und sein Team Interessierte auf dem Laufenden.
Er sagt: „Wir sind nur ein Teil eines Einsamkeitsangebots, das da draußen existiert. Unser Fokus liegt auf den jungen Erwachsenen.“ Denn Fein merkte, dass der Diskurs und politische Aktivitäten beim Thema Einsamkeit oft fehlten, sobald es um Jüngere gehe: „Es kann nicht sein, dass ich weiß: ja, jemand ist einsam, hat Depressionen, aber es kümmert mich nicht. Aber wenn er verrentet ist, kümmert es mich plötzlich.“
Christian Fein war natürlich selbst schon Gastgeber über die Feiertage: Eine Austauschstudentin ohne Kontakte in der Stadt feierte mit. Es sei ein tolles Fest gewesen. Fein, der bei DHL arbeitet, investiert seinen gesamten Jahresurlaub in das Projekt. Ehrenamtlich. Es ist für alle Teilnehmer kostenlos. Er selbst ist mittlerweile nicht mehr einsam, „sonst könnte ich so ein Riesenprojekt gar nicht wuppen“, sagt er.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wie-ein-mannheimer-gegen-das-grosse-alleinsein-an-weihnachten-kaempft-_arid,2263277.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://keinerbleibtallein.net/
[3] https://www.facebook.com/KeinerTwittertAllein
[4] https://www.instagram.com/keinerbleibtallein/