Mannheim. Die Aktionsgruppe „Dies Irae“ hat in Mannheim 35 Plakatflächen gekapert und auf diesen Plakate mit Kritik an Altkanzler Gerhard Schröder platziert. Darauf zu sehen ist Schröder mit der satirischen Schlagzeile „Skandal um 77-jährigen Hannoveraner – ‚Muss in Russland arbeiten, weil Rente nicht reicht‘“. Damit wird auf die Lobby-Arbeit des Altkanzlers für russische Energiekonzerne hingewiesen.
Im Laufe des Dienstagsabends habe ein Mitglied der Aktivisten mittels eines einfachen Steckschlüssels aus dem Baumarkt die 35 Vitrinen geöffnet, berichtete die Aktionsgruppe, die sich selbst als Adbusting-Gruppe bezeichnet. Die ursprünglich ausgehängten Plakate wurden eingerollt und befinden sich nach wie vor in den Vitrinen. Es seien weder Plakate noch Vitrinen bei der Aktion beschädigt worden. Die Standorte der gekaperten Werbevitrinen in Mannheim sind an folgenden Bus- und Bahnhaltestellen zu sehen: Am Eingang des Hauptbahnhofs, Kunsthalle, Rosengarten, Universität, Universitätsklinikum und Alte Feuerwache.
Der Wortlaut des Plakats
Weil es hinten und vorne nicht reicht, will er seine Jobs bei russischen Staatskonzernen nicht aufgeben. Altkanzler Gerhard Schröder (noch SPD) hat eine plausible Begründung für seine lukrativen Lobbyisten-Jobs: "Irgendwie muss ich selbst ja auch die steigenden Energiepreise bezahlen". Seit er HartzIV auf den Weg brachte, hat sich das gesellschaftliche Klima für Menschen, die der Staat absichtlich verarmen lässt, verschlechtert. Um den eigenen sozialen Abstieg zu verhindern, hält Gerhard Schröder an seinen Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt fest. Dafür nimmt er sogar weite Anfahrtswege nach Russland in Kauf - einfach vorbildlich!
Auf die Frage hin, wieso er auf seine Jobs bei russischen Staatskonzernen, die Putins Krieg mitfinanzieren, nicht verzichte, reagiert GasGerd ungehalten: „Na, was glauben Sie wohl?! Bei Eigenkündigung kassiere ich `ne Sperre vom Job-Center. Ich habe zwar selbst an den Sanktionen mitgewirkt, damit Leute jeden noch so miesen Bullshit-Job im Niedriglohnsektor annehmen und behalten. Hätte ich damals gewusst, wie mickrig das Existenzminimum für Altkanzler ist, hätte ich viel früher damit begonnen meine Zeit nach dem Amt zu vergolden." Deutsche seien zudem „moralisch nicht mehr flexibel genug", kommentiert Schröder die Tatsache, dass seine Mitarbeitenden des Altkanzler-Büros nicht mehr für ihn arbeiten wollen und offenbar seine Haltung zum russischen Angriffskrieg nicht teilen. „Das passiert, wenn die Sanktionen auf dem Arbeitsmarkt zu lasch sind! Obwohl wir mit der Agenda 2010 ganz neue Maßstäbe für Lebensumstände des Prekariats schaffen konnten", kommentiert Schröder süffisant.
„Wenn Gerhard Schröder noch ein bisschen Restwürde hat, würde er sich Putin und seinen Kriegsverbrechen abgrenzen“, erklärte eine Sprecherin von Dies Irae. Die Plakate spielen ebenfalls auf die Folgen der Agenda 2010 an: „Ausgerechnet ein sozialdemokratischer Kanzler setzte sich für Hartz4 ein und zwang damit Millionen Menschen in Armut. Es ist bemerkenswert, dass der Staat Arbeitslose sagt, sie müssten den Gürtel enger schnallen, während astronomische Summen für Bankenrettungen in der Finanzkrise, Corona-Hilfen und ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Militarisierung locker gemacht werden“, ordnete die Sprecherin die Aktion weiter ein.
Wegen Adbusting habe es bereits eine Reihe von Strafverfahren gegeben. „Wir glauben nicht, dass es zu einer Strafverfolgung wegen dieser Plakate kommt, da sie eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt sind“, kommentierte die Sprecherin mögliche rechtliche Folgen. Ebenfalls seien die Plakate bereits in Hannover, Braunschweig, Frankfurt am Main, Offenbach, Marburg, Kassel und Göttingen verbreitet worden.
Die Aktivisten kritisieren mit ihren Plakat-Interventionen nach eigener Aussage die kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums durch Außenwerbung. Statt Konsumbotschaften sollen gesellschaftsrelevante Impulse in der Stadt sichtbar gemacht werden. Durch die professionelle Anbringung würden die Interventionen wie autorisierte Werbeplakate wirken, wobei die politischen Inhalte für Irritationen auf der Straße sorgen sollen.
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