Fußball-EM

Was spanische Fans in Mannheim von dem EM-Spiel gegen Deutschland erwarten

Am Freitagabend spielt Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft gegen Spanien. Wie Mannheimer Spanier das Turnier erleben und wem sie die Daumen drücken

Von 
Valerie Gerards
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Die meisten Spanier in Mannheim hoffen auf einen Sieg ihrer Mannschaft – und darauf, dass wie zuletzt die Fans im Stadion feiern können. © David Inderlied/dpa

Mannheim. Knapp 2500 Spanier leben in Mannheim. Für viele von ihnen dürfte der Freitagabend spannender als jeder Krimi werden, wenn ihre Fußball-Nationalmannschaft im EM-Viertelfinale gegen Gastgeber Deutschland in Stuttgart antritt. Wie erleben die Iberer das Turnier? Wie groß sind ihre Hoffnungen – oder auch Befürchtungen? Eine Vorausschau.

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„Uff“, meint Paco Diaz-Ley auf die Frage, was er vom Viertelfinale erwartet, „es wird ganz spannend und kompetitiv“. Er schaut alle EM-Spiele, selbstverständlich auch das Spiel am Freitag, wenn er mit seiner Familie in den Niederlanden im Urlaub weilt. Der Spanier drückt immer Deutschland die Daumen – fast immer. Denn wenn es gegen Spanien geht, dann ist der Real-Madrid-Fan natürlich für seine Nationalelf. „Das sorgt für gemischte Gefühle zu Hause. Meine Frau ist für Deutschland, ich für Spanien, und unsere kleine Tochter weiß, dass sie Deutsche und Spanierin ist. Mal sehen, ob wir am Montag noch verheiratet sind“, scherzt Diaz-Ley.

„Die deutschen Spieler haben mehr Erfahrung“

Er hofft, dass Spanien und glaubt, dass Deutschland gewinnen wird. Denn seit Toni Kroos zurück in der DFB-Elf ist, funktioniere die Mannschaft sehr gut, und Nationaltrainer Julian Nagelsmann habe es geschafft, ein Team zu formen. „Die deutschen Spieler haben mehr Erfahrung, Spanien ist ohne große Stars. Aber Fußball ist Fußball, man weiß das nicht.“ Auch beim spanischen Kulturverein in Mannheim wird Fußball geschaut. In den Vereinsräumen in D 6, die seit den 1960er-Jahren ein Treffpunkt für Flamenco-Unterricht sind, wird am Freitagabend nicht getanzt, sondern der Beamer angeschaltet. Diesen hat der Verein dieses Jahr extra für die EM angeschafft und dann noch eine Leinwand geschenkt bekommen, wie die Vorsitzende Euphemia Diaz verrät. „Es ist toll, in Deutschland das EM-Fieber zu erleben. Wir versuchen, das Viertelfinale auf Spanisch zu gucken. Spanische Moderatoren sind etwas euphorischer, das macht schon Spaß“, sagt sie.

Kinder müssen am Freitag nicht früh ins Bett

Euphemia Diaz meint, sie sei bei dem Spiel Spanien gegen Deutschland ein bisschen in der Bredouille: „Mein Herz schlägt für beide Mannschaften, ich würde mich für beide freuen – aber vielleicht ein bissl mehr, wenn Spanien weiterkommt.“ Am Sonntag beim 4:1-Sieg im Achtelfinale der Spanier gegen Georgien seien 40 Menschen zum Fußballschauen des spanischen Kulturvereins gekommen. Am Freitag werden noch ein paar mehr erwartet. Euphemia Diaz freut sich, dass das Spiel an einem Freitag stattfindet und die Kinder wegen der Schule am darauffolgenden Tag danach nicht früh ins Bett müssen. Dass das Finale am 14. Juli an einem Sonntag stattfindet, gefällt ihr gar nicht. Denn so, wie Spanien bis jetzt gespielt hat, rechne sie schon damit, dass sie im Finale dabei sein werden: „Diese kleine Hoffnung ist da!“

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Jose Sanchez sieht Spanien dort noch nicht unbedingt. Aber für ihn ist klar: „Das Spiel Spanien gegen Deutschland ist das vorweggenommene Endspiel. Der Sieger der Partie wird Europameister“, ist er überzeugt. Schließlich hätten alle anderen Mannschaften im Verlauf des Turniers eher enttäuschende Leistungen gezeigt. Auf den Sieger der Partie wartet im Halbfinale mit dem Sieger der Partie Portugal gegen Frankreich indes ein ganz dicker Brocken.

Auch bei Sanchez schlagen am Freitagabend zwei Herzen in seiner Brust: „Doch das spanische Herz schlägt etwas stärker. Grundsätzlich soll der Bessere gewinnen. Ich freue mich auf ein schönes Spiel“, sagt er und hofft damit auf den Titel für sein Land. Auch die Statistik der vergangenen Jahre spreche laut Jose Sanchez für Spanien: Seit der Jahrtausendwende hat Deutschland gegen den dreimaligen Europameister in neun Partien nur zwei Mal gewonnen. „Der letzte Sieg der Deutschen bei einem großen Turnier war 1988“, blickt Sanchez zurück.

Auch an das jüngste Aufeinandertreffen bei einer EM erinnert er sich durchaus gerne zurück: 2008 besiegte Spanien die DFB-Elf im Finale von Wien durch einen Treffer von Fernando Torres 1:0.

„Es wird ein spannendes Spiel sein. Wir leiden immer, haben Herzrasen. Daumen drücken und Finger kreuzen!“, sagt Stephania Lamontagne, die halb Spanierin, halb Amerikanerin ist. Eigentlich, so gibt sie zu, sei sie gar kein Fußballfan. Wenn aber das spanische Nationalteam spielt, habe sie schon immer Fußball geschaut – egal, ob sie zu diesem Zeitpunkt in den USA, in Italien oder den Niederlanden gelebt habe. Es sei dann die besondere Atmosphäre mit ihren Landsleuten, die sie beim gemeinsamen Fußballschauen so toll findet. Den EM-Titel für Spanien hält sie für möglich. „Wenn Spanien so stark dabei bleibt, wie ich das bis jetzt gesehen habe, könnten wir die EM gewinnen“, meint Lamontagne.

Tolle Stimmung im ganzen Land

Die Atmosphäre bei der EM in Deutschland ganz allgemein hat es Sanchez angetan: „Ich finde die Stimmung fantastisch. Auch diejenigen, die nicht so sehr fußballinteressiert sind, sitzen zusammen und freuen sich“, sagt er. Egal, ob es die Niederländer, die Spanier, die Schotten oder andere seien: „Das ist immer ein ganz tolles Bild. Das war schon bei der WM 2006 in Deutschland so, als wir alle zusammen gefeiert haben.“ Überhaupt zeige diese Europameisterschaft ein anderes Bild als das vom „vermeintlich prüden Deutschland“.

Freie Autorin

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