Sterne-Küche in Neckarau – das war mal. In dem alten Industrietempel in der Schildkröt hatte der Starkoch Juan Amador sein Restaurant. Doch der Spanier mit dem düsteren Blick ist weitergezogen. Nach Wien. Was aber führte ihn weg aus Mannheim? Und warum Österreich? Wie ergeht es ihm heute? Was ist sein Plan?
Doch von vorn: Juan de la Cruz Amador Perez – sein voller Name – wurde 1968 als Sohn spanischer Gastarbeiter im schwäbischen Ort Strümpfelbach geboren. Dort machte er auch seine Ausbildung zum Koch. In einem einfachen Wirtshaus. Dann kam er in Deutschland herum: etwa München, Ravensburg, Aschaffenburg, Langen bei Frankfurt – und schließlich Mannheim.
„Über einen Stammgast in Langen bin ich damals nach Mannheim gekommen“, erzählt der 50-Jährige am Telefon. Dieser habe ein Museum eröffnen wollen, zu dem das Sterne-Restaurant gehören sollte. „Aus dem Museum wurde leider nichts“, sagt Amador. Aber das Restaurant kam – im Jahr 2009. „Und ich habe mich sofort in dieses Ensemble in der Schildkröt verliebt.“ Auch wenn die Gegend von außen nicht sehr romantisch erschien. „Aber innen ist es wunderschön.“
Rückschlag durch Insolvenz
In Mannheim, sagt der Gastronom, hatte er „schon eine tolle Zeit“. Das Restaurant lief auch erst sehr gut, doch dann kam die Insolvenz. „Das ist aber nicht Mannheim geschuldet“, wie er erklärt. Amador machte mit dem Restaurantbetrieb trotzdem weiter. Und er war damit relativ erfolgreich. „Aber eben nur relativ.“ Vielleicht war Mannheim einfach nur zu klein. Vielleicht nicht international genug. „Oder vielleicht waren wir auch einfach zehn Jahre zu früh mit unserer Art von Küche.“ Was es auch war, im Jahr 2015 gab er den Betrieb auf. Ging nach Wien. „Auch der Liebe wegen.“ Seine Frau lebte dort. Und das ewige Pendeln wurde irgendwann lästig. Ein Schwabe also, der in Deutschland herumgekommen ist. Übrigens mit einem spanischen Pass. Und jetzt lebt er in Wien. Ist er Spanier? Deutscher? Österreicher? „Ich bin Europäer – der Pass ist mir wurst.“
Weingut als Standort
Sein Plan in Wien war zunächst, einen sogenannten Chefs-Table zu eröffnen. „Das ist ein Restaurant, bei dem die Gäste sozusagen in der Küche sitzen.“ Der Koch und seine Arbeit sind also direkt vom Konsumenten sichtbar. „Da schaut man jedem Gast in die Augen, hat direkten Kontakt.“
Wegen Problemen mit dem Verpächter wurde das Projekt dem Spitzenkoch jedoch zu riskant. Er wartete noch eine Weile – und jetzt betreibt er sein Drei-Sterne-Restaurant in einem Weingut. „Das war aber nicht schon immer eines“, erzählt Amador. „Ganz früher gab es dort Heilquellen. Das alte Gemäuer ist über 200 Jahre alt. Es war quasi eine Art Thermalbad.“ Das Gebäude selbst sei unter der Erde gewesen. Später wurde es zum Wasserreservoir der Stadt Wien. Und zu einem Weinlager. Zwischenzeitlich zog ein Nachtclub ein, dann ein Jugendheim. Bis es zuletzt zu einem Weingut wurde. „Das ist es auch heute noch.“
Hier gab es von Amador zunächst eine zweigeteilte Küche – einerseits Wirtshaus mit traditioneller Küche, andererseits gehobene Küche. Nach zwei Jahren bekam er zwei Sterne. „Und es ist nicht leicht, eine solche Küche auf Sterne-Niveau zu führen.“ Alte Stammgäste hätten sich beschwert. Kurzum entschied er sich, die gehobene Küche wieder zu fokussieren. „Das ist mit viel mehr Druck verbunden“, sagt er. „Aber ich brauche das anscheinend.“ Ein Abendessen bei ihm kostet 235 Euro. Dafür bekommt der Gast aber auch ein Sieben-Gänge-Menü. „Und das ist viel, ich lege Wert auf ein faires Angebot – da geht keiner hungrig nach Hause.“
Amador entwickelt sich stetig weiter – das ist auch sein Plan für die Zukunft. Auch wenn er weiß, dass die Sterne-Küche nicht ewig einen Platz für ihn hat. „Es kommen immer neue Leute nach, jüngere Leute – und das soll auch so sein. Aber ich werde nicht zugucken, wie mir die Sterne weggenommen werden“, sagt er. Einige Jahre wird er das noch machen, „aber dann gehts bergab – das ist wie bei einem Fußballer.“ Deshalb arbeitet er an einem Tapas-Konzept. Ohne Sterne.
Seinen Abgang will der Koch zelebrieren. „Ein Buch ist gerade in Planung. Ein Buch, das es so noch nie gegeben hat.“ In Zusammenarbeit mit Künstlern. Sie interpretieren die zwölf Gerichte, die darin vorgestellt werden. Und stellen die Ergebnisse auch aus. „Das wird aber noch einige Zeit dauern.“ Auch bis Amador von der Bildfläche verschwindet. Aber: „Alles hat seine Zeit.“
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