Reisebericht

Was ein Student aus Mannheim in China erlebt hat

Gefühlt, als wäre er in die Zukunft gereist, hat sich Student Jonathan Decker. Der angehende Wirtschaftsingenieur setzte sich unter 2000 Bewerbern durch, um für zwei Wochen nach China zu fliegen. Dort erlebte er Beeindruckendes

Von 
Kilian Harmening
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Der Mannheimer Student Jonathan Decker vor dem nachgebauten Schloss Heidelberg – mitten in China. © Privat

Mannheim. Man merkt ihm an, dass er sich für sein Studienfach begeistert. Dass er begegnungsfreudig ist, technikaffin, viel experimentiert und sich für die Zukunft unserer Welt interessiert. Und dass sein Vorhaben ist, damit Karriere zu machen. Der Student Jonathan Decker steht kurz vor seinem Master-Abschluss an der Hochschule Mannheim. Er ist angehender Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Energiemanagement, vor Kurzem kehrte er nun von einer zweiwöchigen China-Reise zurück.

Eine Drohne liefert den am Automat bestellten Kaffee. © Privat

Rund 2000 Interessierte haben sich 2019 für die Reise unter dem Motto „Gemeinsam ist morgen“ beworben, die Teil eines von Huawei ins Leben gerufenen studentischen Förderprogramms ist. Die 100 besten Bewerber, die per Bewerbungsvideo von ihrer Motivation überzeugen konnten, durften mitreisen. Ursprünglich für 2020 anvisiert, fand die Reise für Jonathan Decker aufgrund der langen Corona-Einreisebeschränkungen erst 2024 statt.

„Die Erzählungen können das gar nicht rüberbringen, was man dort erlebt hat“, ist einer der ersten Sätze, die Jonathan Decker im Gespräch mit dem „MM“ äußert, als er von seinen Eindrücken aus China berichtet. Gewissenhaft und zielorientiert, wie er zu arbeiten scheint, hat er eine Präsentation vorbereitet, die er an seinem Laptop durchklickt. Gestützt mit vielen Fotos von der Reise spricht er von einem „atemberaubenden Wachstum Shanghais“. Er zeigt sich als Ingenieur begeistert von den vielen Oberleitungen oder der längsten Überseebrücke der Welt in Shenzhen, genauso wie von der Offenheit der Einheimischen. Ständig sei seine Reisegruppe freundlichst auf der Straße angesprochen worden. „Das hätte ich wirklich nicht gedacht“, sagt der 27-Jährige.

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Veröffentlicht
Von
Philipp Laage
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Die Power-Point-Präsentation, mit der Jonathan Decker seine Reiseeindrücke verarbeitet und die er seiner Familie sowie Freunden und Arbeitskollegen zeigt, trägt den Titel „Zwischen Kultur und Innovation“. Das ist, was China für ihn ausmacht, erklärt er. Mit seiner Reisegruppe war er an der chinesischen Mauer, in der Verbotenen Stadt, aber auch im Huawei Lakeside Campus in Dongguan, einem Innovations- und Forschungszentrum des Elektronikkonzerns. Darin sind auch europäische Städte nachgebaut. So posierte Jonathan Decker für ein Foto vor dem Schloss Heidelberg – mitten in China.

Die Powerbank ist wichtiger als der Geldbeutel

Innovation – das ist es, worum sich seine Bildungsreise drehte. Sich mit Chinas Digitalökonomie auseinanderzusetzen, lernen, unternehmerisch zu denken und digitale Geschäftsmodelle entwickeln: Das stehe für die teilnehmenden Studenten beim Förderprogramm „Digital Seeds“ im Vordergrund, schreiben die Veranstalter von Huawei.

Von den Zukunftstechnologien Chinas konnte sich daher auch Jonathan Decker ein Bild machen. Etwa an einem Automaten auf der Straße einen Kaffee bestellen, der rund zehn Minuten später per Drohne angeflogen kommt. „Das war schon futuristisch“, äußert Decker.

Mitfahren durfte er auch in einem autonomen Taxi. Decker öffnet ein Video, das zeigt, wie sich das Lenkrad des Fahrzeugs ohne jede menschliche Einwirkung vollkommen von selbst dreht. Standard seien selbstfahrende Autos aber auch in China noch lange nicht, sondern eine Innovation, die erst in Wissenschaftskreisen erprobt wird: „Die Einheimischen standen dann auch drumherum und waren überrascht“, berichtet Decker von der selbstständigen Ankunft des autonomen Taxis. „Das war auf jeden Fall eines der Highlights dort.“ Das Fahrzeug habe sogar automatisch gehupt, als es einen Menschen, der kurz mitten auf einem Zebrastreifen stehenblieb, zutreffend als Hindernis erkannte.

Ein für Decker gewöhnungsbedürftiger Punkt: die vielen Videokameras auf Chinas Straßen. Für ihn nicht nur eine Schattenseite: „Du konntest rausgehen, wann immer du wolltest.“ Er habe auch nachts keinerlei Angst verspürt. Für Deutschland wünscht er sich ein solch intensives System der Überwachung dennoch nicht.

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„Es war verrückt zu sehen, dass Smartphones dort noch präsenter sind“, geht er darauf ein, dass bargeldloses Bezahlen dort längst gang und gäbe ist. Das vermisse Decker ein Stück weit in Deutschland. „Allerdings bist du ohne Handy komplett aufgeschmissen. Es ist besser, statt eines Geldbeutels eine Powerbank dabei zu haben.“

„Die Zukunft wartet nicht. Und darum stehen meine Ziele und Träume für nächstes Jahr schon fest.“ Einer der Sätze aus seinem 2019 gedrehten Bewerbungsvideo, mit denen Jonathan Decker die „Digital Seeds“-Jury offensichtlich überzeugen konnte. „KI, Smart City Technologien, 5G. Das und noch viel mehr hört man tagtäglich. Doch ohne zu wissen, wie die digitale Technologie wirklich funktioniert?“, erklärt er darin seine Motivation für sein Studium und für die China-Reise.

Ob er plant, für eine längere Zeit im asiatischen Raum zu arbeiten, oder ob nun bereits eine nächste Reise nach China ansteht? Beides verneint er. Decker sieht seine vergangene Reise eher als Inspiration, verrät er, um neue Eindrücke und neue Impulse zu gewinnen. Er kannte bereits viele Traditionen des Landes, da er in Deutschland zwei Jahre lang mit einem chinesischen Mitbewohner zusammenlebte und dadurch Erfahrungen sammelte.

Digitale Transformation bringt enormes Potenzial für jeden

„Mannheimer Top-Student reist nach China“ steht in der Betreffzeile der E-Mail, die unsere Redaktion über die Reise von Jonathan Decker informierte. Ob er sich selbst als Top-Student bezeichnen würde und warum? „Da muss ich jetzt gerade ein bisschen schmunzeln“, entgegnet Decker ganz zurückhaltend. Seinen Bachelor schloss er mit einer Eins vor dem Komma ab. „Man braucht schon ein gewisses Mindset“, erklärt er zu den Kriterien für eine Teilnahme an der Reise. Er habe aber nie nachfragt, was genau ausschlaggebend für die an ihn gerichtete Zusage war. „Die digitale Transformation bringt viel Potenzial mit sich – für China und Deutschland, Shanghai und Mannheim, aber auch für die Studierenden und jeden einzelnen unter ihnen. Auch für mich.“ Vielleicht sein offenkundiger Wille, mitzudenken und Zukunftsfragen anzupacken?

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