Soziales

Warum sich Mannheims Frauen in einem neuen Bündnis formieren

Die Frauen, die zusammenkamen, um für Geschlechtergleichheit zu kämpfen, hätten unterschiedlicher nicht sein können: In Mannheim hat sich ein neues, großes Frauenbündnis formiert. Wer mitmachen kann - und was die Ziele sind

Von 
Lea Seethaler
Lesedauer: 
Nach getaner Arbeit in den Workshops: Die Vertreterinnen der Organisationen und Vereine haben sich zum Gruppenfoto zusammengefunden. Bald könnten sie noch mehr werden. © Stadt Mannheim

Mannheim. Mehrere Femizide innerhalb kürzester Zeit in der Region, weniger Lohn für dieselbe Arbeit, nach der Babypause auf dem Abstellgleis: Wer sich fragt, warum Gleichstellungsarbeit heute notwendig ist, muss nur Zeitung lesen. Frauenhass und -Abwertung kennen viele Formen. Und das macht sie so gefährlich. Die Datenlage ist klar, so sprechen etwa Kriminalitäts- wie Rentenstatistiken Jahr für Jahr für sich. Aber auch unbewusste oder bewusste Benachteiligung ist vielseitig und betrifft alle Lebensbereiche - sei es Arbeit, Kultur, Sport oder Familie.

Neues Frauenbündnis in Mannheim - viele bekannte Gesichter dabei

Die Zukunft der Gleichstellung und Feminismus-Ziele in Mannheim will nun ein neues Frauenbündnis gemeinsam gestalten: Der Einladung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt waren über 80 Teilnehmerinnen aus knapp 60 Vereinen, Institutionen, Organisationen und Gruppen gefolgt, die sich aktiv für Gleichstellung von Frauen undfür feministische Ziele einsetzen.

Es waren viele bekannte Gesichter dabei an diesem Tag im Technischen Rathaus. Und die Stimmung war eine ganz besondere. Es war spürbar, dass die, die sich dort zusammengefunden hatten, vom Hintergrund her überaus divers waren - in der Sache aber geeint. An den Tischen sprachen oft zustimmende Blicke mehr als tausend Worte, sobald ein Redebeitrag einer Sitznachbarin beendet war. Rege Debatten folgten. Und genau darin liegt laut Gleichstellungsbeauftragter Zahra Deilami eine große Chance des Netzwerks: „Die Gründung eines Frauenbündnisses ist ein wichtiger Schritt, um die Kräfte der zahlreichen, bereits aktiven Vereine, Institutionen und Gruppen zu bündeln“, betonte Deilami, die die Teilnehmerinnen in ihrer Begrüßungsrede auf einen produktiven Tag einstimmte.

Wir wollen Veränderungen bewirken und die Stimmen aller Frauen in unserer Gesellschaft stärken
Zahra Deilami

Von queerer Aktivistin bis zur Professorin bei Netzwerktreffen

Aber die Einstimmung war nicht nötig. In Gruppen arbeiteten frauenpolitische Sprecherinnen, Vertreterinnen der queeren Community, Stiftungsbeauftragte und Professorinnen Hand in Hand. Mit Post-its und Stiften fanden Gewaltschutz-Spezialistinnen mit Gründerinnenexpertinnen beim Brainstorming zusammen. Geschäftsführerinnen und Vertreterinnen großer wie kleiner Einrichtungen brachten Ideen ein, während Aktivistinnen und Frauen aus Kleinstvereinen ihre Expertise einbrachten. Es ging darum, sich zu formieren, das konnte man bei diesem Netzwerktreffen deutlich spüren. Das sollte nicht verwundern: Seit Jahren geht es wenig vorwärts beim Thema Emanzipation - nach Corona-Krise und im Zeitalter der Retraditionalisierung bleibt die Benachteiligung von rund der Hälfte der Weltbevölkerung ein brandheißes Thema.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

„Alles erreicht? Von wegen!“: Massives Gewaltproblem

Mehr noch: In vielen Bereichen geht es sogar bergab. Zahra Deilami machte mit Nachdruck deutlich: „Wenn es dann heißt, ,Was wollt ihr Frauen denn, ihr habt doch schon alles erreicht?’, dann ist es wichtig, insbesondere jetzt zu sagen ,Nein’“. Dabei machte sie vor allem klar, dass das Thema Gewalt ein massiv wachsendes und ungelöstes Problem sei. „Dem muss man entgegnen!“

Gesamtpersonalrats-Chefin der Stadt Mannheim gibt Einblicke

„Netzwerk bedeutet nicht nur bessere Sichtbarkeit, sondern auch effektivere Lobbyarbeit“, so Deilami weiter. „Wir wollen Veränderungen bewirken und die Stimmen aller Frauen in unserer Gesellschaft stärken.“ Anja Russow-Hötting, Vorsitzende des städtischen Gesamtpersonalrats, zeigte dann in einem Impulsvortrag am Beispiel „Gewerkschaft“, was Netzwerke können: „Bündnisse wirken nach innen und nach außen. Im Innenverhältnis geben sie die Möglichkeit zum Austausch, zu Lernen und Wissensvermittlung“, so Russow-Hötting. „Nach außen geben sie Bündnispartnerinnen Stärke. Als Sprecherin eines Bündnisses bin ich nicht alleine, ich erfahre Rückhalt und kann so Themen sicherer platzieren und diskutieren.“ Außerdem könnten Bündnisse „früh Themen in einer sich verändernden Gesellschaft finden und damit agieren“, so Russow-Hötting.

Zentrales Thema war an diesem Tag die organisatorische Struktur des Frauenbündnisses. Auch diese wurde in intensiver Kleingruppenarbeit diskutiert. Die Teilnehmenden tauschten sich dabei über ihre Erwartungen an das neue Bündnis, seine Ziele, seine Sichtbarkeit und das Selbstverständnis aus.

Neue Plattform des Frauenbündnisses Mannheim

Viele Ideen kamen da zusammen, und es wurde schnell klar: Das Frauenbündnis will nicht nur Raum für gemeinsam erarbeitete Maßnahmen zur Frauenförderung in allen Bereichen des Lebens sein. Sondern auch Plattform für den Austausch bewährter Praktiken, dem Stärken von Netzwerken und Erschaffen nachhaltiger Veränderungen. Neben der Bündniskoordination durch Deilami wird eine interne Kommunikations- und Informationsplattform für die Mitglieder bereitgestellt.

Auch der Veranstaltungskalender „MannHeim als FrauenOrt“ der Gleichstellungsbeauftragten kann vom Frauenbündnis genutzt werden. Der Registrierungsprozess von Veranstaltungen und das Management liegen weiterhin bei der Gleichstellungsbeauftragten. Genauso wie die Koordination der beiden Aktionsmonate März und November, die jährlich anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März sowie am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, stattfinden.

Nächstes Treffen des Frauenbünsnisses Mannheim im Oktober

Wegen der vielen anfallenden Themen wurde für Oktober gleich ein weiteres Treffen des Bündnisses avisiert. Weitere feministische Vereine sind willkommen, heißt es aus dem Rathaus. Voraussetzung: Es sollte sich um Frauenorganisationen handeln, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzen.

Über die Mail gleichstellung@mannheim.de können sich Vereine, die interessiert an einer Teilnahme sind, an die Gleichstellungsbeauftragten wenden.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke